Ich mache persönlich Herrn O. wenig Vorwürfe, auch wenn ich das Ganze sehr bedauer. Um ihn zu kritisieren müsste ich schon genau wissen, was RB zahlt und wie groß das Interesse von Köln Gladbach usw wirklich gewesen ist und wie hoch die Differenz im Gehalt gewesen wäre.
Die Jungs, die Fußball spielen sind halt Profis und müssen schauen, wie sich sie erstens am besten absichern und zweitens am meisten in Ihrer Karriere einsacken damit sie sich danach keine Sorgen mehr um Geld machen müssen.
Da muss ich widersprechen. Du wirst es mir nachsehen, dass ich diesen Teil deines Posts herausgreife. Ich schrieb das Gleiche an anderer Stelle schonmal in anderen Worten. Worüber reden wir hier denn eigentlich?
1. Es ist richtig, dass ein Fußballprofi, sollte er keinen Beruf erlernt haben, nur etwa 12-15 Jahre auf höherem, bezahlten Niveau Fußball spielen kann.
2. Es ist einerseits legitim, während dieser Zeit zu versuchen, soviel Geld zu verdienen, dass man hinterher nicht mehr arbeiten gehen muss. Andererseits ist es generell ein wenig fragwürdig, warum ein Mensch von 32-36 Jahren, der körperlich voll im Saft ist, nicht mehr arbeiten gehen soll.
3. Kommen wir aber zum Finanziellen zurück: Gehen wir mal von einem Profi aus, der bei einem ambitionierten Zweitligaverein kickt und dort regelmäßig spielt. Ein solcher Verein hat in der Regel einen Kader von etwa 20-24 festen, gut bezahlten Profis (plus ein paar hochgezogene Jugendspieler/Amateure). Bei einem Mannschaftsetat von 8-12 Mio € verdienen diese Leute also zwischen 250.000 und 500.000 € pro Saison, die Leistungsträger in der Regel mehr.
4. Gehen wir von so einem Gehaltsgefüge aus (was nicht unrealistisch ist), dann bedeutet das, dass ein solcher Spieler sogar für den Fall, dass er nie über solche Sphären hinauskommt und seine Karriere auch auf diesem Niveau beendet, bis zum Karriereende zwischen 2,5 und 6 Mio € Gehalt einsacken kann. Selbst beim höchsten Steuersatz muss er sich also um das Finanzielle für einige Jahre erstmal keine Sorgen mehr machen.
5. Um mal Vergleichsgrößen ins Feld zu führen: Ein solcher Spieler verdient in 1-3 Saisons etwa so viel wie:
- 1-2 kleine Reihenhäuser oder
- fünf Limousinen der oberen Mittelklasse oder
- 3 Eigentumswohnungen oder
- 1 Einfamilienhaus oder
- mehrere Bausparverträge oder
- mehrere Lebensversicherungen oder
- dutzende Sparbücher, in die von Kindesalter an eingezahlt und niemals was abgehoben wird.
Dafür müssen normale Menschen - im Übrigen auch gut verdienende Leute wie Richter, Anwälte, Ärzte, Abteilungsleiter oder Manager bei Mittelständlern, mindestens 15-20 Jahre lang arbeiten gehen.
6. Damit wir uns verstehen: Geld verdienen per se ist nichts Unmoralisches. Der Profifußball ist ein Geschäft und wir alle akzeptieren das schon damit stillschweigend, dass wir zusehen und den Spielern zujubeln. Man muss aber mal alles ins Verhältnis setzen. Und in normalen Relationen betrachtet, verdienen Profifußballer auch wenn sie beim FCK oder in Braunschweig spielen in wenigen Berufsjahren sehr gutes Geld. Dass viele schlicht zu bleed sind, um nach Karriereende noch mit einem anderen Beruf ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder um ihr Geld gewinnbringend anzulegen, ist deren Problem.
7. Es gibt auch in einem Geschäft wie dem Profifußball Geschmacksgrenzen, bei denen man als normaler Mensch echte Verständnisprobleme bekommt. Für mich sind dieses Jahr in mehrerlei Hinsicht solche Grenzen erreicht. Der Fußball stinkt vom Keller bis unters Dach. Das beginnt bei Selke und Orban und hört bei Sepp Blatter auf. Warum man diesen Bogen berechtigterweise schlagen kann?
Ganz einfach: Auch wenn viel Geld im Spiel ist, sollte Profisport immernoch dem Selbstzweck dienen, dass man als Spieler dort, wo man spielt, den maximalen sportlichen Erfolg erzielt. Selbstverständlich zieht dieser dann automatisch finanzielle Einkünfte/Belohnungen nach sich. Solange diese Gleichung erfüllt war, haben das die Leute auch hingenommen. Darum geht es aber augenscheinlich sehr vielen Spielern gar nicht mehr. Es geht anscheinend tatsächlich nur noch darum, in wenigen Jahren möglichst viel Geld abzusahnen, ganz unabhängig davon, ob man sportlich erfolgreich ist oder nicht.
Fazit: Dieser Trend ist frappierend und gefährdet letztlich den Fußball als Mannschaftssport in seiner Existenz. Denn eine solche nur noch rein egoistische Entwicklung steht in direktem Widerspruch zum grundlegenden Selbtszweck des Fußballspiels: Zusammen in einer Gruppe nach dem maximalen Erfolg streben. Ich-AGs holen aber weder Titel, noch gute Tabellenplätze. Und dass das stimmt, kann man gerade an Konstrukten wie Hoffenheim sehen. Hoffenheim hat bisher noch nie einen Titel geholt und trotz der Qualität, die auf dem Platz steht, stets nur vorübergehend sportlich "zu begeistern" gewusst.
Herr O. steht für diesen Trend, genau wie ein Herr Selke. Deswegen muss man mit allem was man hat, dagegen ankämpfen. Und wenn man in der Kreisliga landet.