Kommt man jetzt zu der Form des Konfliktes an sich, gelangt man schnell zu dem Problem, dass es sich nicht um einen zwischenstaatlichen Krieg im klassischen Sinn handelt, sondern um einen asymetrischen Konflikt. Auf der einen Seite stehen die westlichen Staaten mit ihrem Militär- und Polizeiapparat, auf der anderen Seite die im Untergrund operierende Al Quaida.
Beobachtet man die Vorgehensweise der Al Quaida, wird deutlich, dass sie im Gegensatz zu herkömmlichen Guerillas oder Partisanen, die als Fernziel ein militärisches Gleichgewicht mit dem Gegner und dessen Niederwerfung anstreben, diese Asymetrie gar nicht verlassen will. Die Asymetrie mit Anschlägen gegen weiche Ziele (Zivilisten, Wirtschaftszentren etc.) ist die eigentliche Trumpfkarte der Terroristen, die sie wann und wo sie wollen auszuspielen versuchen.
Die Al Quaida ist an einer für uns nachvollziehbaren Lösung des Konfliktes oder an Friedensverhandlungen nicht interessiert. Ziel ist die Islamisierung der Erde und die Errichtung von islam-fundamentalistischen Gottesstaaten auf der ganzen Welt. Dies soll durch den Dschihad erreicht werden.
Angenommen das Ziel der Al-Qaida ist wirklich religiös-ideologisch geprägt, wozu es auch andere Meinungen gibt, wer ist denn
die Al-Qaida?
Ein Netzwerk aus global agierenden Akteuren, Sympathisanten etc.. Zu diesem Netzwerk wurde sie im Laufe der Jahre und grob gesagt ab dem 11.09. bzw. durch die Folgen ("Krieg gegen den Terrorismus") des 11.09. Die Al-Qaida ist also keine Gruppe, die sich auf ein bestimmtes Territorium aufteilt oder nur bestimmte Gruppen
einer Gesellschaft anspricht (Stichwort: Terroristen der zweiten und dritten Generation).
Was folgt daraus? Ein solcher Gegner ist nicht militärisch zu besiegen.
Insofern läuft auch das von Grünen und Linken gerne angebrachte Argument, dass Gewalt Gegengewalt erzeuge ins Leere. Denn die Al Quaida ist an einem Frieden auf Augenhöhe nicht interessiert, sondern wird solange Gewalt anwenden, bis ihre Ziele erreicht sind. Insofern erreicht man mit Verhandlungen oder Dialog nichts, da die andere Seite kein Interesse daran hat.
Die Al-Qaida operiert mit einem unglaublichen Propaganda Apperat, mit unglaublich gut ausgebildeten Akteuren, die auf einer Art und Weise Anhänger gewinnen können, wie es den besten Werbeagenturen kaum gelingt.
Hier sollte auch angesetzt werden, da eine rein militärische Lösung nicht möglich ist. Stichwort: Herzen und Köpfe potentieller Anhänger gewinnen. Das diese Aufgabe immens schwer ist und eine andere Politik der Länder erfordert, ein besseres Einbinden von Minderheiten (nicht nur religiöse, ethnische und nationale) etc., das Ansetzen an der Politik der Identität (wie es Mary Kaldor nennt), da stimmen wir sicher überein. Selbst ob sowas möglich ist, wage ich zu bezweifeln. Aber allein die Tatsache, dass die Al-Qaida eine Geburt der 80er/90er Jahre ist und nicht schon ewig besteht, lässt da hoffen. Diesen Punkt weiter auszuführen, könnte Bücher füllen. Viele Autoren, egal welcher Kolleur oder welchen Fachs, führen die Globalisierung und ihre Folgen an diesem Punkt an. Bei den "Abgehängten" und den "Globalisierten", die durch die Unterstützung von Al-Qaida und Co. profitieren, sollte man die Problemlösung ansetzen.
Den gleichen Fehler haben Engländer und Franzosen 1938 gemacht. Was man davon hatte, konnte man 1939-45 sehen. Die Vorstellung, mit der Al Quaida und Bin Laden zu einer Übereinkunft kommen zu können, entspringt genauso einer eurozentristischen Sicht, wie das christlich-demokratische Sendungsbewusstsein vieler ultra-konservativer Hardliner. Mit beidem erreicht man in diesem Konflikt nichts.
Ich weiß nicht, warum du dich so auf Gespräche, Friedensverhandlungen etc. versteifts. Wurde das in diesem Thread gefordert? Ich habs nicht mitbekommen.
Wendet man sich nun dem Afghanistan-Einsatz an sich zu, so muss auch hier genau herausgestellt werden, was man dort unten eigentlich will.
Zustimmung!
Genausowenig, wie in Afghanistan "christlich-abendländische Werte" verteidigt werden sollen, soll den Menschen dort mit westlichem Sendungsbewusstsein eine Staatsform westlicher Prägung aufgezwungen werden.
Absolute Zustimmung!!
Es bringt nichts den Menschen einen Staat "zu bringen", den sie nicht wollen. Das ist dann kein Staat.
Stattdessen soll Afghanistan durch die Anwesenheit der westlichen Truppen nach der Vertreibung der Taliban in die Lage versetzt werden, so viel Staatlichkeit herzustellen, dass es nicht wieder zurück in Zeiten des Bürgerkriegs und der fundamentalistischen Diktatur versetzt wird. Erst dann geht nämlich von den Fundamentalisten, die sich in diesem Land aufhalten, keine Gefahr mehr für den Rest der Welt aus. Diese Gefahr kann Afghanistan momentan alleine nicht beseitigen und wollte sie vor dem Einmarsch der ausländischen Truppen nicht beseitigen.
Daher ist auch die Forderung nach einem Abzug der Truppen nicht nur unrealistisch und utopisch, sondern auch dumm.
Wenn man jetzt die Truppen abzieht, lässt man nicht nur die Menschen dort in ihrem Elend zurück, sondern lässt den Terroristen einen gedeckten Tisch zurück, an dem sie in Ruhe weiter ihr Süppchen kochen können.
Hier wirds interessant.
Wer sagt denn, dass ein Karzai, der einigermaßen vom Drogenabbau profitiert (finanziell und politisch), Frieden will auch wenn die westlichen Truppen im Land sind und er sie "gerne sieht" (so sagte er es doch oft).
Interessant finde ich hier dann nochmal auf die Al-Qaida zurückzukommen. Bin Laden hat die (soweit ich mich erinnern kann) in Saudi-Arabien aufgebaut, verlegte dann den Schwerpunkt nach Ägypten (Sawahiri), danach nach Afghanistan/Pakistan und schließlich in den Sudan (wo er sich eigentlich schon als Farmer niederlassen wollte...soviel zu dem Absolutheitsanspruch der religiös-ideologischen Ziele...wobei er die natürlich im Laufe der späten 90er Jahre ausgebaut haben kann). Die Qaida hat also immer Staaten gefunden, in denen sie sich niederlassen konnte. Demnächst wohl Somalia, aber auch das nur am Rande.
In meinen Augen ein weiteres Argument gegen die militärische Besiegbarkeit. Man kann die Qaida allenfalls vertreiben. Alle bisherigen Erfolge gegen sie (ob der Russen in Afghanistan (die verloren gegen die Taliban und haben der Qaida großen Schaden zugefügt), oder der Vertreibung aus Ägypten und dem Sudan) haben sich im Nachhinein ins Gegenteil verkehrt. Sie wurde immer stärker, konnte sich immer anpassen. Aufgrund der oben genannten unglaublichen Fähigkeit neue Rekruten zu mobilisieren. Wodurch? Sicher durch eine Ideologie, aber eine Ideologie, die auf Rache aufbaut (Teil des Märtyrer-Gedankens).
Osama bin Laden und die Al Quaida erkennen diese Grundwerte nicht an und trachten aufgrund ihrer Einstellung jedem einzelnen von uns nach dem Leben - auch Gregor Gysi, Renate Künast, Petrau Pau und wie sie alle heißen. Dies tut er, weil er der Ansicht ist, dass wir nicht so leben sollen, wie es uns gefällt, sondern uns lieber nach seinen fundamentalistischen Gesetzen und Werten richten sollen. Wollen wir das nicht, setzen wir uns der Gefahr aus, bei einem Anschlag ums Leben zu kommen. Denn jeder einzelne von uns steht für so ziemlich alles, was Bin Laden und die Al Quaida hassen. An einer friedlichen Koexistenz ist er nicht interessiert.
Diese Tatsache MUSS man begreifen. Wir werden erst dann unsere Freiheit haben, so leben zu können, wie wir es möchten - als Christ, Moslem, Hindu, Jude, Linker, Vegetarier, Fleischesser, Öko oder Manager - wenn die Al Quaida vernichtet ist.
Man kann einen Gegner, der nur auf Gewalt setzt, nicht mit Worten bezwingen. Genausowenig, wie man duschen kann, ohne nass zu werden.
Daher darf man gegenüber der Al Quaida keinen Zoll nachgeben. Dass dort, wo juristische und handwerkliche Fehler gemacht werden, lückenlos aufgeklärt werden muss, steht auf einem anderen Blatt. Aber wenn man das obengenannte Prinzip nicht begreift, wird man am Ende teuer dafür bezahlen.
Und wir werden wohl leider noch sehen, dass der erste große Anschlag in Deutschland wahrscheinlich näher ist, als viele von uns denken.
Wie gesagt, du versteifst dich meiner Meinung nach zu sehr auf die Unterstellung, dass alle Linken nur Gespräche suchen.
Ich stimme dir in deiner Analyse der Wichtigkeit des Einsatzes durchaus zu, aber die Al-Qaida kann man so nicht besiegen. Da braucht es einen weiter gefächerten Ansatz.
Ganz einfaches Beispiel: Die Koranschulen. Klar werden da Kinder indoktriniert und teilweise zu Kampfmaschinen und hassverseuchten Menschen ausgebildet, aber warum? Weil Pakistan, Indonesien etc. es nicht hinbekommen den Menschen eine Alternative zu bieten, für richtige Schulen zu sorgen etc. Viele Eltern schicken ihre Kinder nur in diese Koranschulen, weil die Kinder dort einigermaßen gut aufgehoben sind und es nichts kostet.
Natürlich kann das als romantisch-linke Ansicht angesehen werden. Aber du kannst doch tausend Al-Qaida Anhänger im Monat töten, der "Nachschub" wird zeitlich ausgebildet.
Mich würd darüber hinaus noch interessieren, ob und warum du die Auge-um-Auge Taktik der Qaida leugnest? Als Sawahiri und seine Anhänger (Muslimbrüder, auch jene, die sich nichts zu Schaden kommen lassen haben und nur bei den Muslimbrüdern waren, weil ihnen sonst langweilig war) in Ägypten zu hunderten ins Gefängnis gesteckt wurden, da wurde dort im Gefängnis ein Großteil der neuen Märtyrer "ausgebildet", da Ägypten Muslimbrüder folterte etc. Ergo: Rache.
Ohje...der Beitrag glänzt mal wieder durch Rhetorik
Bitte das zu entschuldigen. Irgendwie kann ich im Forum keine langen Beiträge formulieren, die dann auch noch gut "klingen".