Eigentlich wollte ich mich diesmal nicht äußern. Aber hier wird ja mal wieder von allen Seiten polemisiert und mit ideologiegeschwängerten Begriffen um sich geschmissen, dass es einem die Zehnägel hochrollt.
Dass in Afghanistan "christlich-abendländische Werte" verteidigt werden müssen, ist genauso ein Blödsinn, wie die Aussage, dass speziell im Bezug auf Afghanistan bzw. die Al Quaida Gewalt Gegengewalt erzeuge und man sich also sinngemäß mit den Terroristen an einen Tisch setzen könnte. Das eine ist ist genauso falsch wie das andere. Bei der ersten Aussage handelt es sich um eine ultra-konservative Aussage, bei letzterem um linksromantische idealisierende Vorstellungen. Beide sind auf ihre Art euro-zentristisch und ignorant gegenüber den tatsächlichen Gegebenheiten.
Daher sollte man sich mal vor Augen halten, worum es in dem ganzen Konflikt mit der Al Quaida im Allgemeinen und in Afghanistan im Speziellen wirklich geht.
Bin Laden und die Al Quaida haben den USA und dem Westen mit den Anschlägen in den 90er Jahren konkludent, und nach dem 11. September 2001 auch offiziell den Krieg erklärt, indem sie den Dschihad gegen die USA und alle verbündeten/nahestehenden westlichen Staaten als Pflicht eines jeden Moslems bezeichnet haben. Nach den Anschlägen haben die Taliban unter Mullah Omar sich geweigert, Osama Bin Laden an die USA und die NATO, die aufgrund der Anschläge den Bündnisfall ausgerufen hatte, auszuliefern. Dies, obwohl mit dem Wissen des Taliban-Regimes tausende Kämpfer der Al Quaida in Afghanistan ausgebildet wurden. Durch die Parteiergreifung/Schutzgarantie für Bin Laden und die Al Quaida wurden die Taliban zu deren offiziellen Verbündeten und damit auch im rechtlichen Sinn zu Kriegsgegnern der USA bzw. der NATO.
Schon aus diesem Grund war der Einmarsch der Verbündeten in Afghanistan aus rein juristischer Sicht kein vom Grundgesetz verbotener Angriffskrieg, sondern eine Reaktion auf die Kriegserklärung und die Angriffe der Al Quaida bzw. die Unterstützung durch die Taliban. Sich gegen einen Gegner zu verteidigen ist legitim und durch die Verfassung gedeckt.
Kommt man jetzt zu der Form des Konfliktes an sich, gelangt man schnell zu dem Problem, dass es sich nicht um einen zwischenstaatlichen Krieg im klassischen Sinn handelt, sondern um einen asymetrischen Konflikt. Auf der einen Seite stehen die westlichen Staaten mit ihrem Militär- und Polizeiapparat, auf der anderen Seite die im Untergrund operierende Al Quaida.
Beobachtet man die Vorgehensweise der Al Quaida, wird deutlich, dass sie im Gegensatz zu herkömmlichen Guerillas oder Partisanen, die als Fernziel ein militärisches Gleichgewicht mit dem Gegner und dessen Niederwerfung anstreben, diese Asymetrie gar nicht verlassen will. Die Asymetrie mit Anschlägen gegen weiche Ziele (Zivilisten, Wirtschaftszentren etc.) ist die eigentliche Trumpfkarte der Terroristen, die sie wann und wo sie wollen auszuspielen versuchen.
Die Al Quaida ist an einer für uns nachvollziehbaren Lösung des Konfliktes oder an Friedensverhandlungen nicht interessiert. Ziel ist die Islamisierung der Erde und die Errichtung von islam-fundamentalistischen Gottesstaaten auf der ganzen Welt. Dies soll durch den Dschihad erreicht werden.
Insofern läuft auch das von Grünen und Linken gerne angebrachte Argument, dass Gewalt Gegengewalt erzeuge ins Leere. Denn die Al Quaida ist an einem Frieden auf Augenhöhe nicht interessiert, sondern wird solange Gewalt anwenden, bis ihre Ziele erreicht sind. Insofern erreicht man mit Verhandlungen oder Dialog nichts, da die andere Seite kein Interesse daran hat. Den gleichen Fehler haben Engländer und Franzosen 1938 gemacht. Was man davon hatte, konnte man 1939-45 sehen. Die Vorstellung, mit der Al Quaida und Bin Laden zu einer Übereinkunft kommen zu können, entspringt genauso einer eurozentristischen Sicht, wie das christlich-demokratische Sendungsbewusstsein vieler ultra-konservativer Hardliner. Mit beidem erreicht man in diesem Konflikt nichts.
Wendet man sich nun dem Afghanistan-Einsatz an sich zu, so muss auch hier genau herausgestellt werden, was man dort unten eigentlich will. Genausowenig, wie in Afghanistan "christlich-abendländische Werte" verteidigt werden sollen, soll den Menschen dort mit westlichem Sendungsbewusstsein eine Staatsform westlicher Prägung aufgezwungen werden.
Stattdessen soll Afghanistan durch die Anwesenheit der westlichen Truppen nach der Vertreibung der Taliban in die Lage versetzt werden, so viel Staatlichkeit herzustellen, dass es nicht wieder zurück in Zeiten des Bürgerkriegs und der fundamentalistischen Diktatur versetzt wird. Erst dann geht nämlich von den Fundamentalisten, die sich in diesem Land aufhalten, keine Gefahr mehr für den Rest der Welt aus. Diese Gefahr kann Afghanistan momentan alleine nicht beseitigen und wollte sie vor dem Einmarsch der ausländischen Truppen nicht beseitigen.
Daher ist auch die Forderung nach einem Abzug der Truppen nicht nur unrealistisch und utopisch, sondern auch dumm. Vom ersten Schuß an war klar, dass man nach Vertreibung der Taliban aufgrund der dort gegebenen Verhältnisse bzw. nicht vorhandener Staatlichkeit die Verantwortung für die Menschen übernimmt, die dort leben. Und im Gegensatz zum Irak-Krieg handelte es sich hier nicht um einen aus politischen Vorwänden vom Zaun gebrochenen Krieg, sondern um einen legitimen Militäreinsatz. Wenn man jetzt die Truppen abzieht, lässt man nicht nur die Menschen dort in ihrem Elend zurück, sondern lässt den Terroristen einen gedeckten Tisch zurück, an dem sie in Ruhe weiter ihr Süppchen kochen können.
An anderer Stelle habe ich neulich von der Aufklärung und den mit ihr verbundenen Werten gesprochen, die sich die Menschen in Europa erarbeitet haben. Diese Werte beinhalten vom Grund her nicht nur, dass wir in Europa kurz gesagt das Prinzip "Leben und Leben lassen" in unseren Verfassungen so ziemlich verwirklicht haben, sondern das auch gegenüber anderen Völkern auf der Welt anwenden. Und das bezieht sich nicht nur auf unsere Art zu leben, sondern vor allem auch auf die Religionsfreiheit, die bei uns garantiert wird. Wenn man von den USA unter der Bush-Administration absieht, die dieses Prinzip nicht verstanden hatte, kann man das wohl auch im Großen und Ganzen so stehen lassen.
Osama bin Laden und die Al Quaida erkennen diese Grundwerte nicht an und trachten aufgrund ihrer Einstellung jedem einzelnen von uns nach dem Leben - auch Gregor Gysi, Renate Künast, Petrau Pau und wie sie alle heißen. Dies tut er, weil er der Ansicht ist, dass wir nicht so leben sollen, wie es uns gefällt, sondern uns lieber nach seinen fundamentalistischen Gesetzen und Werten richten sollen. Wollen wir das nicht, setzen wir uns der Gefahr aus, bei einem Anschlag ums Leben zu kommen. Denn jeder einzelne von uns steht für so ziemlich alles, was Bin Laden und die Al Quaida hassen. An einer friedlichen Koexistenz ist er nicht interessiert.
Diese Tatsache MUSS man begreifen. Wir werden erst dann unsere Freiheit haben, so leben zu können, wie wir es möchten - als Christ, Moslem, Hindu, Jude, Linker, Vegetarier, Fleischesser, Öko oder Manager - wenn die Al Quaida vernichtet ist.
Man kann einen Gegner, der nur auf Gewalt setzt, nicht mit Worten bezwingen. Genausowenig, wie man duschen kann, ohne nass zu werden.
Daher darf man gegenüber der Al Quaida keinen Zoll nachgeben. Dass dort, wo juristische und handwerkliche Fehler gemacht werden, lückenlos aufgeklärt werden muss, steht auf einem anderen Blatt. Aber wenn man das obengenannte Prinzip nicht begreift, wird man am Ende teuer dafür bezahlen.
Und wir werden wohl leider noch sehen, dass der erste große Anschlag in Deutschland wahrscheinlich näher ist, als viele von uns denken.