Ich sehe Parallelen zu Margot Käßmann, auch wenn es sicherlich gemeinschaftsschädlicher und viel gefährlicher ist, betrunken PKW zu fahren. Beiden ist aber meiner Meinung nach gemein, dass sie ungeachtet dessen auch weiterhin eine gute Ratsvorsitzende bzw. ein guter Politker sein könnten. Wenn man aber wie Frau Käßmann über den dt. Truppeneinsatz in Afghanistan urteilt oder wie Herr zu Guttenberg den Anschein des makellosen, mit Grundwerten ausgestatteten Intellektuellen vorgibt, macht man sich eben moralisch angreifbar und zu einem gewissen Punkt auch unglaubwürdig - gibt es für eine in der Öffentlichkeit stehende Person, die zu tagesaktuellen Fragen Stellung beziehen soll, etwas schlimmeres? Frau Käßmann jedenfalls hat die (richtigen) Konsequenzen gezogen...
Darauf zielte auch ein Kommentar bei den ARD Tagesthemen von gestern Abend (22.15) ab. Solche "Affären" schaden einem Politiker je nach dessen Image und Selbstdarstellung. Während einem Koch das ständige Gerede über Schwarzgeld und Beihilfe zur Steuerhinterziehung nichts anhaben konnte, weil ihm eh jeder zugetraut hätte, dass dieser im Zweifel seine Eltern verramscht, ist ein Cem Özdemir über ein paar (vergleichsweise lächerliche) Bonusmeilen gestolpert.
Guttenbergs Image besteht doch vor allem darin, dass er nicht als einer dieser klassischen Profipolitiker gilt, denen man alles schlechte zutraut, sondern dass er "etwas besseres" ist. Er ist der Märchenprinz des Boulevards, weil man in ihn wunderbar "alte Werte" wie Ehre, Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit hineinprojizieren kann.
Er hat in seiner Amtszeit viel Mist gebaut (Einschätzung Kunduz, unbegründete Entlassungen, Stellungnahmen zu Gorch Fock/"Unfall bei Waffenreinigung", etc.), doch er konnte immer anderen dafür die Schuld zuschieben und stand am Ende als derjenige dar, der ein gutherziges Opfer der Fehlbarkeiten seiner Mitmenschen geworden war.
Hierfür ist er nun ganz allein verantwortlich und kann eigentlich nur dann den Kopf aus der Schlinge ziehen, wenn die Schreihälse vom Boulevard laut genug eine "Neiddebatte" und "linke Heckenschützen", oder gar "Königsmörder aus den eigenen Reihen" propagieren.
Entweder geht Guttenbergs Karriere den Bach runter, oder das Ansehen deutscher Wissenschaftlichkeit.
Insofern hat er richtig DUMM gehandelt, dabei so amateurhaft abzuschreiben. Denn alleine hingekriegt hätte er`s sicher auch - hätte nur länger gedauert.
Irgendwie erinnert mich das ganze an die Situation mit Christoph Daum und der Haarprobe - "Ich habe mir nichts vorzuwerfen..."
Naja, wenn er bei 4 Seiten Einleitung(!) ganze Passagen wörtlich von 3(!) anderen Arbeiten übernimmt, dann frage ich mich, mit welchem Aufwand er diese Arbeit betrieben hat. Klar kann niemand beurteilen, ob er ein solches Ergebnis (summa cum laude) nicht auch so hätte erzielen können, aber wenn er schon in dem Teil, wo er selber seine Intentionen, Vorgehensweisen u.ä. vorstellen soll, so massiv kopiert, dann hat das mit Wissenschaft mal gar nichts zu tun.
Auch frage ich mich, wofür er die Ressourcen der wissenschaftlichen Mitarbeiter des Bundestages angezapft hat, wenn er eh in großem Maßstag abschreibt.
Der Vergleich mit Daum ist gut - aus politischer Sicht überflüssig wie sonst nur etwas und eigentlich nur mit persönlicher Eitelkeit erklärbar.
<span>Verhängnisvolle Eitelkeit</span>
Abgeschrieben - so lautet der Vorwurf zweier Rechtswissenschaftler an der Doktorarbeit Guttenbergs. Sogar Rechtschreibfehler soll der Verteidigungsminister übernommen haben. FR-online.de begibt sich auf Quellensuche.
(...)Das heimliche Zitieren geht so weit, dass Guttenberg sogar Rechtschreibfehler seiner Vorbilder übernimmt. So schreibt er auf Seite 349 plötzlich „Californien“ statt, wie im übrigen Manuskript, Kalifornien. Die „Direkte Demokratie“ wird auf der gleichen Seite ebenso groß geschrieben wie das Wilfried Marxer tat, auf Seite 350 steht genauso „Indem“ statt „In dem“ geschrieben. Das legt zumindest den Verdacht nahe, der Autor nutzte die Ausschneiden-Einfügen-Funktionen seines Textverarbeitungsprogramms.(...)
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