Der Soldat Fritz Walter
Fritz Walter, der morgen 90 Jahre alt würde, ist in vielerlei Hinsicht berühmt: Weltmeister von Bern, zweimaliger Meister mit dem FCK, Ehrenspielführer der Nationalmannschaft. Weniger bekannt ist seine Zeit als Soldat bei den „Roten Jägern". Darüber informiert eine Ausstellung in seinem früheren Wohnhaus.
Von Gerhard Dürnberger
Bernd Lutzi, Erbe und Nachlassverwalter von Fritz Walter, hat dessen Haus zu einem Museum umgebaut. Seit 2004 hängen an allen Ecken und Enden Erinnerungsstücke an den 54er Weltmeister. Seit kurzem gibt es auch eine Sonderausstellung in einem Pagodenzelt am Hauseingang. Thema: die „Roten Jäger".
Das Andenken an die Militärmannschaft wahrt die „Traditionsgemeinschaft Rote Jäger" in Saarlouis. Zu ihr bekam Lutzi 2004 bei der Eröffnung des Museums im Fritz-Walter-Haus Kontakt. Eine Delegation war in Alsenborn, man kam ins Gespräch und Lutzi sah das Wappen der „Roten Jäger". Es kam ihm bekannt vor, er hatte es schon einmal auf einer verschnürten Tasche gesehen, die er im Keller gefunden hatte und für einen Rucksack hielt. Die Erben der „Roten Jäger" mussten schmunzeln, klärten Lutzi auf, dass es sich um einen Notfallschirm handelt, den Fritz Walter 40 Jahre zuvor als Geschenk erhalten hatte. Das dazugehörige Foto mit der Übergabe des Fallschirms lieferte die Traditionsgemeinschaft gleich mit. Es ist ebenso wie der vermeintliche Rucksack Bestandteil der Sonderausstellung.
Zu ihr gehören Bilder von Spielen der „Roten Jäger". Ihr Gründer Hermann Graf, ein berühmter Kampfflieger, habe seine Jungs zu Spielen eingeflogen, erinnert sich Lutzi an Erzählungen von Fritz Walter. Ein Porträtfoto von Graf mit einer persönlichen Widmung für den „Obergefreiten Fritz Walter" gehört ebenfalls zur Ausstellung.
Neben Exponaten der „Roten Jäger" erinnern weitere zeitgeschichtliche Dokumente an die Kriegszeit, beispielsweise Titelblätter der Deutschen Sport-Illustrierten. Am 14. Juli 1940 bestritt Fritz Walter gegen Rumänien sein erstes Länderspiel und schoss beim 9:3 drei Tore. Eine Titelseite zeigt ihn beim Länderspiel gegen Kroatien 1941, 1942 titelte die Illustrierte über den gerade 22-Jährigen: „Deutschlands bester Fußballstürmer".
Fritz Walter habe über die Kriegszeit wenig gesprochen, sagt Lutzi. Wenn mal die Rede darauf kam, habe er immer gesagt, sie habe ihm seine besten Jahre gestohlen. Auch sportlich. Sie habe ihn um viele Länderspiele und Tore gebracht, denn zwischen 1943 und 1950 bestritt er kein Länderspiel.
Fritz Walter wurde 1942 zur Infanterie eingezogen und war unter anderem auf Elba, Korsika und Sardinien stationiert. Hier bekam er Malaria, wovon seine Abneigung gegen Hitze und seine Vorliebe für Regenwetter, das berühmte „Fritz-Walter-Wetter", herrühren sollen. 1945 geriet er in russische Gefangenschaft, kam aber bereits im Herbst 1945 frei. Dank seines überragenden Fußballtalents. „In einem Lager fiel sein fußballerisches Können auf, er wurde erkannt und ein russischer General hat ihn freigelassen. „Fritz hat immer erzählt, ihm verdanke er sein Leben", erinnert sich Lutzi an Gespräche mit seinem verstorbenen Freund. Das Lager war in Marmaros-Szigett in Rumänien, von dort wurden Kriegsgefangene nach Sibirien gebracht.
Die „Traditionsgemeinschaft Rote Jäger" wird am Sonntag wie bei jedem Geburts- und Todestag am Grab von Fritz Walter sein. Ein Trompeter blase dann wieder das Lied „Ich hatt" einen Kameraden", sagt Lutzi. Er hat am Sonntag zwei Führungen in seinem Haus. Das Interesse an Fritz Walter sei ungebrochen, die Leute kämen von überall her. Auch aus Amerika oder Australien; Auswanderer, die bei einer Deutschland-Visite unbedingt das Fritz-Walter-Haus sehen wollten.
Das Gästebuch umfasst mittlerweile den vierten Band, Einträge aus Hamburg, Essen und Bremen sind darin zu finden. Einer lautet: „Mein Herzenswunsch wurde erfüllt." Der Mann sei bei ihm im Museum und total ergriffen gewesen und dann weiter in die Schweiz gefahren. Dort habe er sich im Hotel in Spiez oberhalb des Thuner Sees einquartiert, in dem bei der WM 1954 die deutsche Nationalmannschaft logierte - natürlich in dem Zimmer, das sich Fritz Walter damals mit „Boss" Rahn teilte.
In Lutzis Gedächtnis sind unzählige solcher Anekdoten, an den Wänden im Haus hängen wahre Schätze. Wie die Kleiderstange der Kabine im Berner Wankdorfstadion, an dem beim WM-Endspiel Fritz Walters Sachen hingen. Das Stück Holz bekam er noch zu Lebzeiten; das Stadion wurde 2001 gesprengt, musste einem Neubau weichen. Einige von seinen Exponaten würde Lutzi auch dem FCK für das Fritz-Walter-Museum im Stadion ausleihen, aber eines ist für ihn gewiss: Das Museum im früheren Haus seines Freundes bleibt bestehen. „Der Fritz hat das so gewollt", sagt er.
„Ein ganz, ganz Großer"
Fussball: Zum 90. Geburtstag von Fritz Walter - Erinnerungen und Verbindungen
kusel. Er spielte sein ganzes Leben nur für den FCK. Er war Fußball-Weltmeister 1954 und dabei der Kopf der legendären „Helden von Bern". Er ist Ehrenspielführer des DFB, Träger des Bundesverdienstkreuzes und in Kaiserslautern ist das Stadion nach ihm benannt. Außerdem ist die Rückennummer 8 wohl mit keinem Fußballspieler so eng verbunden wie mit ihm: Fritz Walter.
Insgesamt bestritt Fritz Walter 61 Länderspiele und erzielte dabei 33 Tore. Für den FCK war er 384 Mal im Einsatz, 327 Treffer stehen dabei zu Buche. Sensationelle Quoten für einen Mittelfeldspieler. Morgen wäre das Fußballidol 90 Jahre alt geworden, doch am 17. Juni 2002 verstarb Fritz Walter im Alter von 82 Jahren in seinem Haus in Enkenbach-Alsenborn. Die RHEINPFALZ hat sich bei Funktionären und Trainern im Kreis Kusel umgehört und nachgefragt, was sie mit dem Ausnahme-Fußballer verbinden.
Karl-Heinz Scherer, Fußball-Kreisvorsitzender aus Ginsweiler, hat seine ersten Erfahrungen mit Fritz Walter beim WM-Finale 1954 gemacht, das er gemeinsam mit seinem Vater verfolgt hatte. „Damals war ja der Straßenfußball noch in Mode. Beim Kicken war dann der Name Fritz Walter in aller Munde, er war in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. Obwohl Fritz die Chance hatte, nach Italien zu wechseln, hat er nie auf Geld geachtet und ist immer bei seinem FCK geblieben. Das zeigt, dass er bescheiden geblieben ist und so ein Vorbild für Jugend und Sportler war und auch immer noch ist", so Scherer.
Die WM 1954 in der Schweiz war auch das Erste, was Sascha Schnell, A-Jugendtrainer bei der SG Blaubach/Diedelkopf, zu Fritz Walter einfällt. „Als Kopf und Ideengeber sorgte er dafür, dass die Mannschaft später als Walter-Elf bezeichnet wurde. Auch ist mir in Erinnerung, dass das Stadion auf dem Betzenberg 1985 in Fritz-Walter-Stadion umbenannt wurde. Der Name steht einfach für den 1. FC Kaiserslautern", meint Schnell. Walter sei aber auch ein Mensch gewesen, der neben seinen sportlichen Leistungen im Sozialen sehr aktiv gewesen sei. Zum Beispiel bei der Sepp-Herberger-Stiftung, wie Schnell weiter ausführt. Auch er bezeichnet ihn als Vorbild, sowohl als Fußballer, wie auch als Menschen. „Als aktiver Jugendspieler beim 1. FC Kaiserslautern lernte ich Fritz Walter 1986 in Sonthofen beim Fritz-Walter-Cup bei einem lockeren Gespräch persönlich kennen', erinnert sich Schnell.
Obwohl er keine direkte Verbindung zu Fritz Walter hatte und hat, ist er für Tobias Schumacher, Spielertrainer beim Kreisligisten SG Erdesbach/Dennweiler/Oberalben immer noch allgegenwärtig. „Und das nicht nur in unserer Region, sondern deutschlandweit." Fritz-Walter-Stadion, Fritz-Walter-Wetter, Wunder von Bern, Ehrenspielführer der Nationalmannschaft - das alles sind für Schumacher Begriffe, die im Zusammenhang mit Fritz Walter immer wieder auftauchen. „Man hört zwar immer wieder Geschichten, Bild- und Videomaterial aus seiner Glanzzeit sind aber sehr rar. Die Tatsache, dass er aber immer noch in aller Munde ist, zeigt nur, dass er ein ganz, ganz Großer gewesen sein muss", sagt Schumacher.
Als „außerordentlichen Fußballer, der zudem auch überregional, zumindest deutschlandweit sehr, sehr populär war und dem zu Recht diverse Ehrungen zu Teil wurden", bezeichnet Karl Metzger, Vorstandsvorsitzender der TSG Wolfstein/Roßbach, Fritz Walter. Metzger wurde 1955 geboren, auch seine Informationen basieren fast ausschließlich auf Hörensagen, dennoch habe er „natürlich mitbekommen, dass Fritz Walter das fußballerische Geschehen nicht nur in der Pfalz bestimmt hat und wegen seiner bescheidenen Art ein Vorbild für seine eigene Generation war, ebenso wie er es auch für die Nachfolgenden sein sollte."
Das legendäre „Hackentor von Leipzig", erzielt in einem Freundschaftsspiel des 1. FCK gegen den SC Wismut Karl-Marx-Stadt, ist das Erste, was Michael Rosenberger, Spielertrainer beim Kreisklassen-Spitzenreiter SV Kaulbach/Kreimbach, zum Thema Fritz Walter einfällt. Obwohl nur Bild- und keine Videoaufnahmen von diesem Treffer aus dem Jahr 1956 existieren, gilt das Tor als eines der besten aller Zeiten. „Für mich ist er das FCK-Idol schlechthin. Der Verein wird immer in Verbindung mit seinem Namen bleiben. Und wie man so hört, war er wohl auch ein sehr sympathischer Geselle', sagt Rosenberger. (rax)
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pfälzische Volkszeitung
Ausgabe: Nr.253
Datum: Samstag, den 30. Oktober 2010