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Well-Known Member
„Er war wie du und ich“
LESERAKTION: Er hat Kaiserslautern in der ganzen Welt bekannt, ja berühmt gemacht. Er führte den 1. FCK zwei Mal zur
deutschen Meisterschaft und die Nationalmannschaft zum WM-Titel 1954. Fritz Walter ist zum Idol geworden.
Heute wäre er 100 Jahre alt geworden. Unsere Leser erinnern sich in Episoden an ihn, den Menschen hinter dem Fußballer.
„Er war kein Star“
Ich war in den 80er Jahren Briefträger bei Fritz Walter, habe ihn persönlich gekannt, habe noch zwei Autogramme von ihm mit persönlicher Widmung: meinem Briefträger Erhard Klemmer. Er war kein Star, er war wie du und ich. Ich musste jeden Tag in die Leiningerstraße 104, ganz
oben über Alsenborn, das letzte Haus in der Straße, immer den Berg rauf. Er bekam jeden Tag die Bild-Zeitung per Post. Manchmal nahm er
mir die Arbeit ab, dann kam er mit seinem Fahrer und sagte: Komm gib mir die Post mit, dann hast du den Berg gespart. Er war ein feiner herzensguter Mann. An Weihnachten bekamen alle Postler beim Postamt Enkenbach-Alsenborn eine Flasche Fritz-Walter-Sekt mit besten
Wünschen vom Fritz Walter. Ja, so war er, ein Star ohne anzugeben.
Erhard Klemmer, Münchweiler
Fläschchen Piccolosekt
Es gibt Momente, die einen ein Leben lang begleiten. Der 31. Oktober 1973 war für mich als 22-Jähriger ein solcher Moment. Im September,
frisch verheiratet und als Briefträger bei der Deutschen Bundespost beschäftigt, war das junge Glück auf jeden Pfennig angewiesen. Am
Nachmittag arbeitete ich als Helfer im Landstuhler Blumenhaus Dengel. Dazu gehörte auch das Ausfahren von Blumengrüßen. Am Nachmittag
des Tages ging ein Auftrag eines Hoteliers aus Ramstein ein, einen großen Blumenstrauß nach Enkenbach-Alsenborn zu überbringen. Auf den
Namen des Empfängers achtete ich weniger, die Straße und der Ortsname waren mir wichtig. Es war ein großer schöner Vorgarten, durch den
ein langer Weg mit Treppen nach oben zu dem schmucken Haus führte. Ich drückte den Klingelknopf, ohne auf das Namensschild zu achten.
Die Tür öffnete sich und vor mir stand ein Mann mit sympathischem Lächeln. Mir verschlug es buchstäblich die Sprache. „Ei Bub, was haschte
dann“, fragte er ganz lässig mit einem schelmischen Grinsen. Ich überreichte ihm den Blumenstrauß mit der anhängenden Grußkarte. „Wart e Moment, ich bin gleich wieder do“, meinte er und ging ins Haus zurück. Als er zurückkam, hat er eine kleine Schachtel mit einem Fläschchen Piccolosekt in der Hand, die er mir lächelnd überreichte. Er bedankte sich und klopfte mir freundschaftlich auf den Rücken. Auf der Heimfahrt
nach Landstuhl wurde mir langsam klar, das es wirklich der Fritz Walter war, bei dem ich meinen Blumenstrauß abgeliefert hatte. Meine Frau
machte gleich einen Vermerk: „Geschenkt von Fritz Walter am 31.10.1973“ auf der Schachtel. Nach fast 50 Jahren hüten wir dieses kleine
Geschenk von Fritz Walter immer noch wie unseren Augapfel, und mir kommt es vor, als wäre es gestern gewesen, als mir der Fritz das
Fläschlein überreichte.
Mathias Gillen, Landstuhl
„Vielen Dank, Fritzchen!“
Meine Frau und ich sind Fritz Walter, dem liebenswürdigen Menschen und überragenden Fußballer, einmal persönlich im Leben begegnet.
Das war am Samstag, dem 16. Dezember 1956, in Kaiserslautern. Fritz Walter hatte in der Innenstadt das Kino „Universum“ erbauen lassen
und betrieb es von 1956 bis 1967 mit einem Teilhaber. Gelegentlich saß Walters Ehefrau Italia persönlich an der Kasse und er prüfte am
Eingang die Eintrittskarten. Bei unserem Kinobesuch war dies der Fall, und meine Frau bat ihn um ein Autogramm auf der Eintrittskarte,
das er bereitwillig gab. Übermütig bedankte sich meine Frau mit den Worten: „Vielen Dank, Fritzchen!“ Er lächelte und antwortete:
„Das ist lange her.“ Seine Unterschrift zählt zu den kostbarsten Stücken unserer Sammlung von Autogrammen.
Karlheinz und Irmgard Schauder, Landstuhl
Ehemann kennengelernt
Mein Mann, Siegfried Kress, gebürtiger Norddeutscher, damals 17 Jahre alt, durfte auswählen, wo die Familie zukünftig leben sollte.
Zur Auswahl standen Rosenheim oder Kaiserslautern. Die Entscheidung war schnell getroffen. Es kam nur Kaiserslautern in Frage,
denn da wohnte sein größtes Vorbild und das seiner Fußball-Kameraden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er es nicht für möglich gehalten,
Fritz Walter jemals persönlich kennen zu lernen.
Im „Universum-Kino“ gab es damals eine Toto-Lotto-Annahmestelle, von Familie Walter betrieben, und so lernten wir auch seine sympathische
Frau Italia kennen. Vor zirka 25 Jahren machten wir in Milano Marittima Urlaub. Bei einem Strandspaziergang haben wir das Ehepaar Walter
zufällig getroffen. Sie luden uns in ihre Stamm-Strandbar ein, und wir verbrachten bei guten Gesprächen eine kurzweilige Zeit. Beim Abschied meinte er: „Ehr sinn schun so braun und ich mit moine weiße Bää!“ Dank Fritz Walter habe ich meinen Mann in Kaiserslautern kennen gelernt.
Doris Kress, Kaiserslautern
Schreiben an den Staatssekretär
„Ach du Schei ..., un deswäh kummen Sie extra do raus gefahr?“ − mit diesen Worten begrüßte mich Fritz Walter an einem Sommermorgen
im Jahre 1995. Ich war damals Personalratsmitglied beim Bundesvermögensamt Kaiserslautern, das im Zuge einer Verwaltungsreform
aufgelöst werden sollte. Neben vielen Politikern und Politikerinnen hatten wir auch Fritz Walter um Unterstützung gegen diese Maßnahme
gebeten. Er hatte mir telefonisch gestattet, sein Briefpapier bei seiner Sekretärin zu besorgen und darauf ein entsprechendes Schreiben an
den zuständigen Staatssekretär zu verfassen („... un schreiben Se norr ordentlich gepeffert!“), er würde den Brief dann unterschreiben.
Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen, ihm das fertige Schreiben persönlich zur Unterschrift zu überbringen. Ich verbrachte dann noch
ute zwei Stunden in seinem Haus in Alsenborn und lernte Fritz Walter als beeindruckende Persönlichkeit kennen: ein bodenständig
gebliebener Prominenter, ein echter Pfälzer, mit dem man sich „vun de Lung uff die Zung“ hervorragend unterhalten konnte.
Er interessierte sich sehr für unser Anliegen und erzählte natürlich auch von der Fußball-WM in Bern und vom „Chef“ Sepp Herberger.
Schließlich gab er mir noch die Telefonnummer einer hochrangigen Person in der damaligen Bonner Bundesregierung: Ich solle mich
auf ihn berufen und wegen weiterer Unterstützung dort anrufen, was ich später auch tat. Unsere Dienststelle wurde schließlich doch aufgelöst,
aber nicht zuletzt dank des Wirbels, den wir seinerzeit veranstalteten, konnten wir uns über die Zeit retten und sind als Ortsbehörde noch
immer in Kaiserslautern präsent. Nochmal vielen Dank, Fritz Walter, für die Unterstützung damals!
Cornelius Molitor, Kaiserslautern
Schnellzug wartet
Folgende wunderbare Erinnerung an Herrn Fritz Walter erlebte ich als stellvertretender Dienststellenleiter des Bahnhofs Kaiserslautern Hbf.
In Kaiserslautern war ja bekannt, dass unser Fritz nie mit dem Flugzeug unterwegs war, sondern den Zug vorzog. So auch an einem Montag
im Jahr 1988, und zwar im Sommer. Nach der Ankunft des Schnellzuges von Frankfurt auf Gleis 1 verließ Herr Walter den Schnellzug, blieb
aber nach zirka 20 Metern abrupt stehen und lief zurück zu dem Ausstieg, aus dem er den Zug verlassen hatte. Ich war wie so oft auf dem
Bahnsteig, um das pünktliche Abfertigen unserer Schnellzüge zu überprüfen. Ich rief Herrn Walter zu: „Herr Walter, stimmt was nicht?“
Und der antwortete: „Habe meine Brille vergessen, Italia gibt mir die Rote Karte“. Daraufhin deutete ich dem Zugführer, der schon die
Pfeife im Mund zur Abfahrt hatte: „Kollege, warten, die Verspätung geht auf meine Kappe“. Der Zugführer fragte mich, was denn los sei
und ich sagte ihm, dass Herr Walter seine Brille vergessen hätte und sie nun holen würde. Gleich darauf kam auch Fritz Walter aus dem Zug
und er bedankte sich sehr höflich bei mir für die Unterstützung. Seit diesem Ereignis hatten wir uns noch mehrere Male im Bahnhof gesehen
und immer ein paar Worte gewechselt.
Karl-Heinz Wagner, Landstuhl
KOMMENTAR
Geschichte geschrieben
Von Hans-Joachim REDZIMSKI
Seine bodenständige Art hat Fritz Walter in der Erinnerung vieler unsterblich gemacht.
Beethoven und Bonn. Karl Marx und Trier, Goethe und Frankfurt. Johannes Gensfleich alias Gutenberg und Mainz. Fritz Walter und Kaiserslautern.
Ist es vertretbar, einen Fußballer in einer Reihe aufzuführen mit einem begnadeten Komponisten, einem systemkritischen Philosophen, einem
großen Dichter oder dem Erfinder des Buchdrucks?
Eine klare Antwort: ja! Fritz Walter hat Geschichte in Deutschland geschrieben. Er hat den Ruhm des 1. FC Kaiserslautern begründet, als Kopf
der „Walter-Elf“. Er hat als Kapitän der Nationalmannschaft mit dem WM-Erfolg von 1954 Deutschland nach dem verlorenen Krieg in die europäische Wertegemeinschaft zurückgeführt. Mit dem „Wunder von Bern“ hat er auch das deutsche Wirtschaftswunder gefördert.
Die Bekanntheit von Kaiserslautern gründete lange allein auf Fritz Walter, seinem Bruder Ottmar und seinen Kameraden Werner Liebrich,
Werner Kohlmeyer und Horst Eckel, den Helden von Bern. Sie trugen den Namen von Kaiserslautern hinaus in die Welt. Sie machten diese
Stadt in der Provinz, im Südwesten Deutschlands gelegen populär. Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zehrte in der Folge davon.
Der Zuschlag für Kaiserslautern als WM-Standort 2006 war eine Reverenz des deutschen Fußballs an „unseren Fritz“.
Das Besondere an Fritz Walter, und das kommt heute auch in vielen emotionalen Erinnerungen unserer Leser zum Ausdruck, war,
dass er zwar um den Ruhm wusste, der ihn umgab, ihn aber nicht auslebte. Er bewahrte sich seine bodenständige Art. Sie machte ihn
in der Erinnerung vieler unsterblich.
Die Rheinpfalz Pfälzische Volkszeitung - Nr. 254 Samstag, den 31. Oktober 2020
LESERAKTION: Er hat Kaiserslautern in der ganzen Welt bekannt, ja berühmt gemacht. Er führte den 1. FCK zwei Mal zur
deutschen Meisterschaft und die Nationalmannschaft zum WM-Titel 1954. Fritz Walter ist zum Idol geworden.
Heute wäre er 100 Jahre alt geworden. Unsere Leser erinnern sich in Episoden an ihn, den Menschen hinter dem Fußballer.
„Er war kein Star“
Ich war in den 80er Jahren Briefträger bei Fritz Walter, habe ihn persönlich gekannt, habe noch zwei Autogramme von ihm mit persönlicher Widmung: meinem Briefträger Erhard Klemmer. Er war kein Star, er war wie du und ich. Ich musste jeden Tag in die Leiningerstraße 104, ganz
oben über Alsenborn, das letzte Haus in der Straße, immer den Berg rauf. Er bekam jeden Tag die Bild-Zeitung per Post. Manchmal nahm er
mir die Arbeit ab, dann kam er mit seinem Fahrer und sagte: Komm gib mir die Post mit, dann hast du den Berg gespart. Er war ein feiner herzensguter Mann. An Weihnachten bekamen alle Postler beim Postamt Enkenbach-Alsenborn eine Flasche Fritz-Walter-Sekt mit besten
Wünschen vom Fritz Walter. Ja, so war er, ein Star ohne anzugeben.
Erhard Klemmer, Münchweiler
Fläschchen Piccolosekt
Es gibt Momente, die einen ein Leben lang begleiten. Der 31. Oktober 1973 war für mich als 22-Jähriger ein solcher Moment. Im September,
frisch verheiratet und als Briefträger bei der Deutschen Bundespost beschäftigt, war das junge Glück auf jeden Pfennig angewiesen. Am
Nachmittag arbeitete ich als Helfer im Landstuhler Blumenhaus Dengel. Dazu gehörte auch das Ausfahren von Blumengrüßen. Am Nachmittag
des Tages ging ein Auftrag eines Hoteliers aus Ramstein ein, einen großen Blumenstrauß nach Enkenbach-Alsenborn zu überbringen. Auf den
Namen des Empfängers achtete ich weniger, die Straße und der Ortsname waren mir wichtig. Es war ein großer schöner Vorgarten, durch den
ein langer Weg mit Treppen nach oben zu dem schmucken Haus führte. Ich drückte den Klingelknopf, ohne auf das Namensschild zu achten.
Die Tür öffnete sich und vor mir stand ein Mann mit sympathischem Lächeln. Mir verschlug es buchstäblich die Sprache. „Ei Bub, was haschte
dann“, fragte er ganz lässig mit einem schelmischen Grinsen. Ich überreichte ihm den Blumenstrauß mit der anhängenden Grußkarte. „Wart e Moment, ich bin gleich wieder do“, meinte er und ging ins Haus zurück. Als er zurückkam, hat er eine kleine Schachtel mit einem Fläschchen Piccolosekt in der Hand, die er mir lächelnd überreichte. Er bedankte sich und klopfte mir freundschaftlich auf den Rücken. Auf der Heimfahrt
nach Landstuhl wurde mir langsam klar, das es wirklich der Fritz Walter war, bei dem ich meinen Blumenstrauß abgeliefert hatte. Meine Frau
machte gleich einen Vermerk: „Geschenkt von Fritz Walter am 31.10.1973“ auf der Schachtel. Nach fast 50 Jahren hüten wir dieses kleine
Geschenk von Fritz Walter immer noch wie unseren Augapfel, und mir kommt es vor, als wäre es gestern gewesen, als mir der Fritz das
Fläschlein überreichte.
Mathias Gillen, Landstuhl
„Vielen Dank, Fritzchen!“
Meine Frau und ich sind Fritz Walter, dem liebenswürdigen Menschen und überragenden Fußballer, einmal persönlich im Leben begegnet.
Das war am Samstag, dem 16. Dezember 1956, in Kaiserslautern. Fritz Walter hatte in der Innenstadt das Kino „Universum“ erbauen lassen
und betrieb es von 1956 bis 1967 mit einem Teilhaber. Gelegentlich saß Walters Ehefrau Italia persönlich an der Kasse und er prüfte am
Eingang die Eintrittskarten. Bei unserem Kinobesuch war dies der Fall, und meine Frau bat ihn um ein Autogramm auf der Eintrittskarte,
das er bereitwillig gab. Übermütig bedankte sich meine Frau mit den Worten: „Vielen Dank, Fritzchen!“ Er lächelte und antwortete:
„Das ist lange her.“ Seine Unterschrift zählt zu den kostbarsten Stücken unserer Sammlung von Autogrammen.
Karlheinz und Irmgard Schauder, Landstuhl
Ehemann kennengelernt
Mein Mann, Siegfried Kress, gebürtiger Norddeutscher, damals 17 Jahre alt, durfte auswählen, wo die Familie zukünftig leben sollte.
Zur Auswahl standen Rosenheim oder Kaiserslautern. Die Entscheidung war schnell getroffen. Es kam nur Kaiserslautern in Frage,
denn da wohnte sein größtes Vorbild und das seiner Fußball-Kameraden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er es nicht für möglich gehalten,
Fritz Walter jemals persönlich kennen zu lernen.
Im „Universum-Kino“ gab es damals eine Toto-Lotto-Annahmestelle, von Familie Walter betrieben, und so lernten wir auch seine sympathische
Frau Italia kennen. Vor zirka 25 Jahren machten wir in Milano Marittima Urlaub. Bei einem Strandspaziergang haben wir das Ehepaar Walter
zufällig getroffen. Sie luden uns in ihre Stamm-Strandbar ein, und wir verbrachten bei guten Gesprächen eine kurzweilige Zeit. Beim Abschied meinte er: „Ehr sinn schun so braun und ich mit moine weiße Bää!“ Dank Fritz Walter habe ich meinen Mann in Kaiserslautern kennen gelernt.
Doris Kress, Kaiserslautern
Schreiben an den Staatssekretär
„Ach du Schei ..., un deswäh kummen Sie extra do raus gefahr?“ − mit diesen Worten begrüßte mich Fritz Walter an einem Sommermorgen
im Jahre 1995. Ich war damals Personalratsmitglied beim Bundesvermögensamt Kaiserslautern, das im Zuge einer Verwaltungsreform
aufgelöst werden sollte. Neben vielen Politikern und Politikerinnen hatten wir auch Fritz Walter um Unterstützung gegen diese Maßnahme
gebeten. Er hatte mir telefonisch gestattet, sein Briefpapier bei seiner Sekretärin zu besorgen und darauf ein entsprechendes Schreiben an
den zuständigen Staatssekretär zu verfassen („... un schreiben Se norr ordentlich gepeffert!“), er würde den Brief dann unterschreiben.
Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen, ihm das fertige Schreiben persönlich zur Unterschrift zu überbringen. Ich verbrachte dann noch
ute zwei Stunden in seinem Haus in Alsenborn und lernte Fritz Walter als beeindruckende Persönlichkeit kennen: ein bodenständig
gebliebener Prominenter, ein echter Pfälzer, mit dem man sich „vun de Lung uff die Zung“ hervorragend unterhalten konnte.
Er interessierte sich sehr für unser Anliegen und erzählte natürlich auch von der Fußball-WM in Bern und vom „Chef“ Sepp Herberger.
Schließlich gab er mir noch die Telefonnummer einer hochrangigen Person in der damaligen Bonner Bundesregierung: Ich solle mich
auf ihn berufen und wegen weiterer Unterstützung dort anrufen, was ich später auch tat. Unsere Dienststelle wurde schließlich doch aufgelöst,
aber nicht zuletzt dank des Wirbels, den wir seinerzeit veranstalteten, konnten wir uns über die Zeit retten und sind als Ortsbehörde noch
immer in Kaiserslautern präsent. Nochmal vielen Dank, Fritz Walter, für die Unterstützung damals!
Cornelius Molitor, Kaiserslautern
Schnellzug wartet
Folgende wunderbare Erinnerung an Herrn Fritz Walter erlebte ich als stellvertretender Dienststellenleiter des Bahnhofs Kaiserslautern Hbf.
In Kaiserslautern war ja bekannt, dass unser Fritz nie mit dem Flugzeug unterwegs war, sondern den Zug vorzog. So auch an einem Montag
im Jahr 1988, und zwar im Sommer. Nach der Ankunft des Schnellzuges von Frankfurt auf Gleis 1 verließ Herr Walter den Schnellzug, blieb
aber nach zirka 20 Metern abrupt stehen und lief zurück zu dem Ausstieg, aus dem er den Zug verlassen hatte. Ich war wie so oft auf dem
Bahnsteig, um das pünktliche Abfertigen unserer Schnellzüge zu überprüfen. Ich rief Herrn Walter zu: „Herr Walter, stimmt was nicht?“
Und der antwortete: „Habe meine Brille vergessen, Italia gibt mir die Rote Karte“. Daraufhin deutete ich dem Zugführer, der schon die
Pfeife im Mund zur Abfahrt hatte: „Kollege, warten, die Verspätung geht auf meine Kappe“. Der Zugführer fragte mich, was denn los sei
und ich sagte ihm, dass Herr Walter seine Brille vergessen hätte und sie nun holen würde. Gleich darauf kam auch Fritz Walter aus dem Zug
und er bedankte sich sehr höflich bei mir für die Unterstützung. Seit diesem Ereignis hatten wir uns noch mehrere Male im Bahnhof gesehen
und immer ein paar Worte gewechselt.
Karl-Heinz Wagner, Landstuhl
KOMMENTAR
Geschichte geschrieben
Von Hans-Joachim REDZIMSKI
Seine bodenständige Art hat Fritz Walter in der Erinnerung vieler unsterblich gemacht.
Beethoven und Bonn. Karl Marx und Trier, Goethe und Frankfurt. Johannes Gensfleich alias Gutenberg und Mainz. Fritz Walter und Kaiserslautern.
Ist es vertretbar, einen Fußballer in einer Reihe aufzuführen mit einem begnadeten Komponisten, einem systemkritischen Philosophen, einem
großen Dichter oder dem Erfinder des Buchdrucks?
Eine klare Antwort: ja! Fritz Walter hat Geschichte in Deutschland geschrieben. Er hat den Ruhm des 1. FC Kaiserslautern begründet, als Kopf
der „Walter-Elf“. Er hat als Kapitän der Nationalmannschaft mit dem WM-Erfolg von 1954 Deutschland nach dem verlorenen Krieg in die europäische Wertegemeinschaft zurückgeführt. Mit dem „Wunder von Bern“ hat er auch das deutsche Wirtschaftswunder gefördert.
Die Bekanntheit von Kaiserslautern gründete lange allein auf Fritz Walter, seinem Bruder Ottmar und seinen Kameraden Werner Liebrich,
Werner Kohlmeyer und Horst Eckel, den Helden von Bern. Sie trugen den Namen von Kaiserslautern hinaus in die Welt. Sie machten diese
Stadt in der Provinz, im Südwesten Deutschlands gelegen populär. Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zehrte in der Folge davon.
Der Zuschlag für Kaiserslautern als WM-Standort 2006 war eine Reverenz des deutschen Fußballs an „unseren Fritz“.
Das Besondere an Fritz Walter, und das kommt heute auch in vielen emotionalen Erinnerungen unserer Leser zum Ausdruck, war,
dass er zwar um den Ruhm wusste, der ihn umgab, ihn aber nicht auslebte. Er bewahrte sich seine bodenständige Art. Sie machte ihn
in der Erinnerung vieler unsterblich.
Die Rheinpfalz Pfälzische Volkszeitung - Nr. 254 Samstag, den 31. Oktober 2020