Schlaflos in Stuttgart
Fed-Cup-Team setzt sich mit 4:1 gegen Australien durch – Im Halbfinale gegen Russland
VON JÜRGEN LÖHLE
Das Fed-Cup-Halbfinale hat das deutsche Team mit einem 4:1-Sieg über Australien in Stuttgart erreicht. Mit zwei Einzelsiegen war Andrea Petkovic die Gewinnerin des Wochenendes.
So sieht ein echtes Team aus: Gerade hat Andrea Petkovic nach knapp zwei Stunden ihren zweiten Matchball gegen Jarmila Gajdosova zum 6:3, 3:6, 8:6 verwandelt und damit den entscheidenden dritten Punkt geholt, 4000 Fans toben auf den Tribünen der Stuttgarter Porsche-Arena und unten auf dem grünen Hartplatz tanzt „Petko“ mit Angelique Kerber, Sabine Lisicki, Julia Görges und Teamchefin Barbara Rittner eine Art Tennis-Sirtaki.Geschafft, der Fed-Cup-Auftakt gegen Australien ist überstanden, Deutschland steht im Halbfinale gegen Russland, vor allem weil Andrea Petkovic ihre zwei Einzel in nervigen Krimis und über fünf Stunden zähem Kampf gewonnen hat. Sieger sind aber alle, das Team feiert und die Matchwinnerin sagt artig ins Mikro: „Es war unglaublich wichtig, dass Angie mich mit einer 2:1 Führung auf den Platz geschickt hat.“ Das ist das deutsche Fed-Cup-Credo – der Star ist die Mannschaft.
Und dann wurde gefeiert, dabei gab es zu Beginn Tränen. Andrea Petkovic musste schon am Samstag vor dem ersten Ballwechsel eine Ahnung beschlichen haben, was an Emotionen und Stress in den kommenden beiden Tagen auf sie und das Team zukommen würde. Als die Nationalhymne zur Eröffnung aus den Lautsprechern perlte, rollten bei ihr plötzlich die Tränen. „Bei ,Blüh im Glanze’ war es vorbei“, sagte sie. Das verlorene Finale im vergangenen Oktober gegen Tschechien wirkte plötzlich wieder nach. Da war er wieder, der selbst auferlegte Druck. Das Team präsentiert sich seit Jahren als verschworene Gemeinschaft von Freundinnen, die unbedingt den Pokal gewinnen wollen. Das letzte Mal gelang dies freilich einem Team um Steffi Graf 1992.
Was Andrea Petkovic da aber noch nicht wissen konnte – die kommenden vier Partien waren dann tatsächlich an Emotionen und Dramatik kaum zu überbieten. Der Auftakt war noch relativ nüchtern. Angelique Kerber unterlag als Deutschlands Nummer 1 Australiens Nummer 2, Jarmila Gajdosova, 6:4, 2:6, 4:6. Andrea Petkovic stand also bei ihrem ersten Einzel schon mächtig unter Druck, zumal sie in diesem Jahr in drei Turnieren dreimal in der ersten Runde verloren hatte. Und ihre Gegnerin, Samantha Stosur, konnte auf Hartplatz immerhin 2012 die US Open gewinnen. Stosur war also Favoritin, musste sich aber nach 3:16 Stunden der Kämpferin aus Darmstadt geschlagen geben, die 6:4, 3:6, 12:10 siegte.
Petko gab dann den Druck an Kerber weiter. Deutschlands Nummer 1 verbrachte die Nacht auf Sonntag schlaflos, die Niederlage gegen Gajdosova nervte. Aber auch in der Situation zeigte sich die Qualität der Mannschaft. Keine Vorwürfe, Teamchefin Barbara Rittner munterte Kerber wieder auf und die anderen im Team standen wie eine Wand hinter ihr. Dazu kamen die 4000 Fans in der Porsche-Arena, die eine tolle Heimatmosphäre schufen. Kerber gewann glatt 6:2, 6:4. Und dann war es an Petkovic, den Sack zuzumachen.
Und wieder Krimi. Nach 1:1 in Sätzen liegt die 27-jährige Petkovic im dritten Durchgang 2:4 gegen Jarmila Gajdosova hinten, kommt aber doch wieder zurück und siegt schließlich 6:3, 3:6, 8:6. Der Rest war nicht enden wollender Jubel. „An solche Momente erinnerst du dich noch wenn du 50 bist“, jubelte Petko. Auch das deutsche Doppel siegte am Ende noch.
Weiter geht es am 18. April in Moskau im Halbfinale gegen Russland. Das Team um Maria Sharapova hat sich gegen Polen locker durchgesetzt. Es ist damit zu rechnen, dass die Weltranglisten-Zweite auch gegen Deutschland spielt, da sie zwei Auftritte im Fed Cup braucht, um sich für die Olympischen Spiele 2016 in Rio zu qualifizieren. Und da will Maria Sharapova auf jeden Fall dabei sein.
Quelle
Ausgabe Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung - Nr. 33
Datum Montag, den 9. Februar 2015
Super Mädels, aber gegen die Russen wirds schwer, wenn Sharapowa spielt