„Drei Achillessehnenabrisse sind genug“
Interview: Fußball-Europameister Hans-Peter Briegel ist Botschafter der Special Olympics
Vom 8. bis 10. Juni ist Speyer Austragungsort der Special Olympics, der Landesspiele für geistig und mehrfach behinderte Menschen. Hans-Peter Briegel, „die Walz vun de Palz“, ist zum Botschafter dieser Special Olympics bestellt worden. Manfred Scherer sprach mit dem früheren Weltklasse-Fußballer und 72-fachen Nationalspieler.
Sie kommen gerade von einem Ski-Kurzurlaub aus Nauders zurück. Sind alle Knochen noch heil?
Ich bin sehr froh, dass ich immer noch eine sehr gute Muskulatur besitze und beide Knie, die beim Skifahren ja so wichtig sind, ordentlich funktionieren. Der Kurzurlaub hat daran Gott sei Dank nichts geändert, außer dass ich drei Kilo mehr mit nach Hause gebracht habe.
Wie wird man eigentlich Botschafter der Special Olympics?
Als mich die Toto/Lotto-Gesellschaft Rheinland-Pfalz, für die ich als Repräsentant tätig bin, darauf angesprochen hat, sagte ich spontan zu. Es ist eine große Ehre für mich, bei solch einem Event Botschafter zu sein.
Warum stellen Sie sich zur Verfügung?
In unserer heutigen Gesellschaft gewinnt der Behindertensport zunehmend an Bedeutung. Die Gleichstellung der Behinderten mit Nichtbehinderten in Gesellschaft, Beruf und Sport ist eine äußerst wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe, die mir am Herzen liegt und für die ich mich sehr gerne einsetze.
Hat der Austragungsort Speyer Ihre Entscheidung beeinflusst?
Nicht unbedingt, aber Speyer ist eine der schönsten Städte Deutschlands. Bei Besuch von ausländischen Freunden ist es für mich ein unbedingtes Muss, ihnen die Stadt mit all ihren Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Zudem habe ich seit vielen Jahren einen Freundeskreis hier.
Wo sind Sie noch sozial engagiert?
Meine Frau Petra und ich sammeln seit dem Jahr 2008 Geld, um mit dem Kindermissionswerk Die Sternsinger notleidende Kinder in Mexiko City, die auf einer riesigen Müllhalde täglich ums Überleben kämpfen, zu unterstützen.
Haben Sie einen Lieblingsclub?
In Deutschland ist dies der 1. FC Kaiserslautern und im Ausland Hellas Verona. Es gibt heute noch viele pfälzische Fans, die Hellas-Spiele besuchen. Ein bis zweimal im Jahr bin auch ich unten. Umgekehrt kommen Veronesen zu den Spielen des FCK.
Wie ist heute Ihre Beziehung zum FCK?
Ich habe ein völlig ungetrübtes Verhältnis zum Verein und besuche fast alle Heimspiele.
Wie sehen Sie die Aufstiegschancen?
Kaiserslautern sehe ich als die spielstärkste Mannschaft der Zweiten Liga. Den vielen jungen Spielern muss man den einen oder anderen Fehler verzeihen. Der Verein hat alle Möglichkeiten aufzusteigen. Ich erkenne keine stärker besetzte Mannschaft.
Ist die Partie am Sonntag beim Karlsruher SC vorentscheidend?
Ein Sieg beim unmittelbaren Verfolger wäre Gold wert. Vorentscheidend ist die Partie aber nicht, weil anschließend noch acht schwere Spiele auf die Aufstiegskandidaten warten.
Wie bewerten Sie die Personalentwicklung mit Blick auf Leihspieler?
Darüber ließe sich gewiss sehr viel diskutieren. Da die finanziellen Mittel des Vereins aber begrenzt sind, muss man mit der jetzigen Situation leben.
Was sehen Sie als Ihre größten sportlichen Erfolge?
Als Spieler waren für mich der Europameistertitel mit der Nationalmannschaft und die bis heute sensationelle italienische Meisterschaft mit Verona die größten Erfolge. Als Trainer hatte ich mit Besiktas Istanbul einen super Erfolg, als wir in der Rückrunde zwölf Spiele in Folge gewannen und beinahe noch dem späteren Europapokalsieger Galatasaray die türkische Meisterschaft weggeschnappt hätten. Toll waren auch die fünf wunderbaren Jahre als Nationaltrainer Albaniens, einem wunderbaren Land, das von vielen unterschätzt wird. Die Siege gegen den damaligen Europameister Griechenland und gegen Russland waren Höhepunkte.
Sehen wir Sie wieder auf dem Rasen?
Beim Jubiläumsspiel Veronas zum 25-jährigen Meisterschaftsgewinn vor fünf Jahren habe ich mich vom aktiven Fußball verabschiedet. Drei Achillessehnenabrisse sind genug, einen vierten will ich nicht riskieren.
Wie steht es um den Tennisspieler?
Das Thema Tennis hat sich 2001 nach dem dritten Achillessehnenriss erledigt.
Bleibt neben Ihren vielen Verpflichtungen noch Zeit für Hobbys?
Ich versuche, mit fit zu halten durch Walken, Joggen und den Besuch von Fitnessstudios. Skifahren und Reisen in meine Lieblingsländer Italien und Spanien müssen einfach drin sein. Als Trainer betreue ich die Lotto-Elf.
Special Olympics
Die Special Olympics, ein Wettbewerb für geistig und mehrfach Behinderte, werden immer wieder in unterschiedlichen Städten ausgetragen. 2013 wurden die Landesspiele in Kaiserslautern ausgetragen. Dieses Jahr finden sie in Speyer statt. 1500 Teilnehmer reisen aus Deutschland, dem Ausland und bis aus Japan an. Sie messen sich in Sportarten wie Leichtathletik, Kanu, Fußball, Radsport, Tennis, Tischtennis, Golf, Judo oder Bowling. Der weltweit agierenden Organisation Special Olympics gehören an die vier Millionen Athleten in 170 Ländern an. (huzl)
zur person
Hans-Peter Briegel
Hans-Peter Briegel kam am 11. Oktober 1955 in Kaiserslautern zur Welt und wuchs in Rodenbach auf. Heute wohnt der verheiratete Familienvater in Germersheim. Er hat zwei Kinder (35, 26 Jahre). Briegels Laufbahn begann als Leichtathlet mit zwei deutschen Jugendmeisterschaften im Weit- und Dreisprung. Mit 16 begann er beim SV Rodenbach mit Fußball. Für den 1. FC Kaiserslautern bestritt „ die Walz vun de Palz“ von 1975 bis 1984 247 Bundesligaspiele (47 Tore). 1985 wählten ihn die Sportjournalisten zum Fußballer des Jahres. Mit Hellas Verona (1984 bis 1986) gewann Briegel 1985 die italienische Meisterschaft, mit Sampdoria Genua 1988 den Pokal. In 108 Spielen in der Serie A erzielte Briegel 21 Tore. In 72 A-Länderspielen brachte er es auf vier Treffer und 1980 zum EM-Titel. Hinzu kamen zwei Vizeweltmeisterschaften (1982 und 1986). Als Trainer betreute Briegel nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn 1988 FC Glarus (Schweiz), SV Edenkoben, SG Wattenscheid, Besiktas Istanbul, Trabzonspor, Ankaragücü, Albanien und Bahrein. (dsch/Archivfoto: View)
Ein echter Briegel, was Muskeln und immer ohne Schienbeinschoner
Quelle
Ausgabe Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung - Nr. 67
Datum Freitag, den 20. März 2015