12.000 Bier oder der Aufstieg des FCK
Fußball, Bier und Freunde treffen: Das Ritual vieler Fußballfans, am Samstag oder Sonntag in der Kneipe das Spiel des Lieblingsvereins zu verfolgen, scheint in manchen Lokalen bald der Vergangenheit anzugehören. Durch die Preiserhöhung des Bezahlsenders Sky zum September rechnet sich für viele Wirte das Abo nicht mehr, zumal für FCK-Fans interessante Spiele montags frei im Fernsehen laufen.
„Ich habe vor zu kündigen, weil es zu teuer ist“, sagt Martin Dilg, Inhaber der Kneipe Wladi Rockstock in der Weberstraße. Dilg zeigt in seinem Lokal nur die Spiele des FCK, alles andere lohne sich nicht, ziehe keine zahlenden Gäste an. Für das Wladi Rockstock fielen bisher 430 Euro monatlich für das Sky-Abo an. Nun sollen es ab September 640 Euro sein, die auch in der spielfreien Zeit bezahlt werden müssen. Zu viel für Dilgs Kneipe. „Zum alten Preis hätte ich das Abo behalten“, sagt er. Doch auf die Montagsspiele des 1. FC Kaiserslautern müssen seine Gäste nicht verzichten, denn Dilg schaltet seinen Fernseher dann auf Sport 1, wo die Spiele frei und kostenlos empfangen werden können.
Auch in der Kneipe Unterschiedlich von Volker Blume, Karl-Marx-Straße, stand wegen mangelndem Interesse an Spielen außer denen des 1. FCK und der neuerlichen Preissteigerung das Sky-Abo auf dem Prüfstand. „Die Erste Liga interessiert kaum jemanden“, sagt Blume. „Außer Top-Spiele wie Werder Bremen gegen den HSV.“ Doch die wenigen treuen Werder-Fans würden Blume auch nur geringen Umsatz bescheren – und den braucht es, um das Abo zu bezahlen.
Besonders bemängelt der Wirt die Anstoßzeiten und auch die Montagsspiele der Zweiten Liga, die frei empfangbar sind. „Von den Montagsspielen haben wir gar nichts.“ 40 bis 50 Prozent weniger Gäste als am Wochenende habe der Wirt da. Das Geld für das Sky-Abo müsse er aber trotzdem verdienen. „8000 Euro soll ich im Jahr bezahlen. Das muss ich erst Mal verdienen“, klagt Blume. Um die Kosten zu decken, bräuchte er etwa 24.000 Euro Mehreinnahmen im Jahr. „Das sind umgerechnet 12.000 Bier oder Kaffee, die ich verkaufen muss.“ Blume wünscht sich ein flexibleres Bezahlsystem, wo pro Spiel gezahlt werden kann. Doch trotz dieser Kosten hat Blume zwar sein Abo gekündigt, es aber dann doch wieder abgeschlossen, denn ohne Fußballprogramm würde seine Kneipe ihren Charakter verlieren: „Das einzige was uns retten könnte, wäre, wenn der FCK wieder aufsteigt.“
Gekündigt hat auch Martin Berchtel, Inhaber der Alten Münz in der Mühlstraße. „Das hat sich seit Jahren nicht mehr gelohnt“, sagt Berchtel. Auch weil seine Lage für Laufkundschaft nicht optimal sei und er von Stammkunden lebe. 1200 Euro mehr hätte der Gastronom für sein Sky-Abo zahlen sollen. „Da könnte mein Laden dreimal so groß sein, das könnte ich nicht erwirtschaften“, sagt Berchtel. Seit 22 Jahren wird in der Alten Münz Fußball gezeigt, doch die Preise seien „ständig gestiegen“. Das endgültige Aus für die Übertragungen in der Alten Münz steht aber noch nicht fest. Sky-Mitarbeiter hätten Berchtel nach seiner Kündigung ein sehr attraktives und kostengünstigeres Angebot für sein Lokal gemacht. „Ich überlege noch, aber es ist ärgerlich, dass man erst kündigen muss, um ein faires Angebot zu bekommen.“
Teuer findet auch Jochen Hein das Sky-Abo. Um in seinem Hardrock Café am Rittersberg weiter Fußballspiele zeigen zu können, musste er in den vergangenen zwei Jahren 50 Prozent mehr bezahlen. Auch bei ihm schlagen ab September über 800 Euro monatlich dafür zu Buche. „Rein wirtschaftlich betrachtet ist es unsinnig. 500 Euro hätten auch gereicht“, sagt Hein. Doch weil sein Lokal seit über 25 Jahren als Sportsbar fest etabliert sei, könne er auf das Abo nicht verzichten. Wenn aber, wie er vermutet, viele kleine Kneipen auf Sky verzichten, bringe ihm das neues Publikum in den Laden, meint Hein. Dass Sky besonders bei den Wirten finanziell immer fordere, liege an dem seit Jahren schwachen Privatkundengeschäft, das der Bezahlsender so attraktiver machen wolle, meint der Gastronom.
Auf Spiel-Übertragungen nicht verzichten will auch Apostolos Tzounis, Mitinhaber des Hannenfasses am Martinsplatz. „Egal wie hoch die Preise steigen, ich behalte das Abo“, sagt der Kneipier. Das Hannenfass sei seit über 25 Jahren eine Kultkneipe für FCK-Fans. Tzounis glaubt, der Preis könne sogar noch bis auf 1000 Euro monatlich steigen. Er kritisiert, dass trotz der hohen Gebühren immer noch Spiele frei übertragen würden. Auch in der Kneipe und sogenanntem Fantreff Zum 12ten Mann am Bahnhof sehen die Betreiber in der Kündigung des Sky-Abos keine Alternative, der Ball soll auch dort weiter auf der Mattscheibe rollen.
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Verteuertes Fußballerlebnis
Ein Gastraum voller mitfiebernder Fußballfans? Die Zeiten scheinen vorbei. Gastronomen müssen immer tiefer in ihre Tasche greifen, um ihren Gästen das gemeinschaftliche Sporterlebnis live auf dem Bildschirm präsentieren zu dürfen. Der Bezahlfernseh-Sender Sky dreht nun erneut an der Preis-Schraube. Die Folge: Kunden kehren dem Pay-TV den Rücken. Der „Marktplatz regional“ hat sich bei Wirten und Vereinen umgehört.
Volles Sportheim, wenn der 1. FCK kickt? Beim TuS Landstuhl fehlen da Erfahrungswerte, denn am Rothenborn flimmert Sky noch nicht lange. „Wir haben das erst seit einem Jahr“, erklärt TuS-Vorstandsmitglied Dirk Kahrau. „Ein Sportheim ohne Fußball im TV, da fehlt doch was“, meint Kahrau – sagt aber klipp und klar, dass noch etwas anderes fehlt: der erhoffte Zulauf an Gästen. Man habe gehofft, mit dem Angebot auch den Umsatz steigern zu können. Das sei jedoch bisher „eine Milchmädchen-Rechnung“. Noch leiste man sich den Luxus. Zukunft? Fraglich.
Keine Zukunft hat Sky im Gasthaus Rilli-Brehmer in Bruchmühlbach-Miesau. „Wir haben zum Februar unser Abo gekündigt“, sagt Michael Brehmer. Es lohne sich einfach nicht mehr. Verstärkte Alkoholkontrollen und das Rauchverbot in der Gastronomie seien Faktoren, die ohnehin den Schankbetrieb zunehmend unattraktiv gemacht hätten. Da seien Kartenspielpartien den Bach runtergegangen, da komme mittlerweile auch bei FCK-Spielen an Montagen fast niemand mehr, weil die dann frei empfangbar seien.
So setzt denn der Mitinhaber des auf eine bald 140-jährige Familientradition zurückblickenden Hauses auf den Pensionsbetrieb statt auf den Gaststättenumsatz. Damit reduziert sich auch die Zahl der Sky-Sportsbars in Bruchmühlbach-Miesau auf die Hälfte: Im Sportheim des SV Miesau ist das Abo ebenfalls gekündigt, in der „Tankstelle“ und der Gaststätte „Otto“ können Gäste die Pay-TV-Sendungen noch sehen.
Der Sender zieht kurz nach Anpfiff der neuen Bundesliga-Saison mit den Gebühren noch einmal an. Nach einer Erhöhung vom 1. September 2013 folgt die nächste. Wiederum ab 1. September wird der Spaß noch teurer. Neben der Kneipengröße in Quadratmetern spielt seit der vergangenen Erhöhung auch die Postleitzahl eine Rolle: In Regionen mit höherer Bevölkerungsdichte, höherer Kaufkraft und sogar größerem Sportangebot ist das Abo teurer. So beklagen Wirte in größeren Städten mit Bundesliga-Clubs, dass sie sich das Abonnement kaum mehr leisten könnten.
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimme nicht. Eben jenes Verhältnis will jetzt Jean Bienfait genauer unter die Lupe nehmen. Er ist seit 15. August neuer Pächter des Sportheims in Weilerbach. Beim dortigen Fußballverein läuft Sky. Daran will Bienfait zunächst nicht rütteln – noch nicht. Als Finanzwirt kann der Inhaber, der auch das „Musik Café“ in Weilerbach betreibt, schließlich trefflich rechnen.
Beklagen viele, dass der FCK seit Zweitliga-Tagen nicht mehr vor den Fernseher ziehe, sieht Bienfait das anders: „Der echte FCK-Fan möchte auch die Zweitliga-Partien sehen.“ Verirrten sich allerdings auf Dauer nur drei, vier Stammgäste vor den Bildschirm, müsse man das Abo auf den Prüfstand stellen. Der neue Wirt will sich auch nicht knebeln lassen: „Es gibt ja mittlerweile Alternativen bei englischen Anbietern über Internet, die legal sind“, hat sich Bienfait bereits kundig gemacht.
Im „Holzwurm“ in Ramstein laufen Fußballspiele auch weiterhin. Inhaber Manuel da Silva will daran auch nicht rütteln, obgleich: Es komme immer darauf an; manche Übertragungen lohnten sich wirklich nicht. Ein entscheidender Faktor sei auch, ob sich die Gäste wohl fühlten. Er selbst habe das Seine dazu getan. Es gibt eigens ein abgetrenntes Raucherzimmer abseits der Gaststätte, das ebenfalls mit einem Fernseher ausgestattet ist. Klar, die Preise seien nicht ohne. „Aber was will man machen, wenn der Wirt selbst gerne Fußball guckt“, bemerkt da Silva lachend. Er tut’s, mit Vergnügen.
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