Ich geb dir ja bei Vielem recht, aber das beziehe ich jetzt mal auf mich...
Ich verstehe nicht ganz warum du daraus diese Extremposition machst. Für mich ist einfach deutlich dass das Chaos im Verein auch mit dem Umfeld zu tun hat, das ist ein fließender Übergang an Einfluss von AVs über Briegels bis zum Fan. Und das lässt sich auch bei Vereinen wie dem HSV oder VFB gut beobachten, die eigentlich alle finanziellen Möglichkeiten haben. Oder auch was Zeyer beschrieb, der als Sportdirektor der Stuttgarter Kickers enorme Schwierigkeiten hatte etwas Nachhaltiges aufzubauen. Diese Erwartungshaltung und diese Wichtigtuer im Hintergrund...diese Stimmungen machen etwas mit dem Verein, mit Spielern und Trainern. Und ich spreche nicht von harmlosen Nörglern. Man muss nur die Personen fragen die mal bei solchen Vereinen in der Verantwortung standen.
Dass dieser Einfluss des Umfelds der einzige Grund unseres Misserfolgs ist, ist Unsinn und das habe ich so auch noch von keinem gehört/ gelesen. Ein Faktor ist es alle Mal. Wir haben hier aber noch ganz andere Probleme und momentan ohnehin viel größere Baustellen.
Uns trennen da keine Welten. Aber ich möchte mal versuchen darzulegen, warum ich diese Umfelddiskussion als kontraproduktiv ansehe.
(Vorab: Da das nichts ist, was einfach zu widerlegen oder zu belegen ist. Es ist damit eine Frage von Bewertung und Haltung.)
Wir sind uns ja scheinbar einig, dass es solcherlei "Umfeld" bei jedem Traditionsverein gibt und dies auch ein Unterschied zu den neuen aufstrebenden und teils etablierten Top-Teams ist.
Ich sehe es aber so, dass alles mit den handelnden Personen steht und fällt. Ein Kuntz hat hier in den ersten drei Jahren überragendes geleistet (1. Jahr sportliche Konsolidierung, 2. Jahr Aufstieg, 3. Jahr Klassenerhalt), indem er sowohl in seinem Kernbereich überdurchschnittlich gut gearbeitet hat und gleichzeitig (und dadurch bedingt) dieses Umfeld zum Vorteil des Vereins steuern konnte. Ab dem vierten Jahr ging es sportlich abwärts, die Schlüsseltransfers haben nicht gesessen, es wurde unruhig, aber auch hier hat Kuntz den Schulterschluss mit dem Umfeld gesucht und geschafft und es folgten drei Jahre, in denen wir knapp am Aufstieg vorbei rauschten. Gut, dadurch, dass wir in dieser Zeit auf Kosten der uns dann einholenden Zukunft gelebt hatten, entstand diese Negativspirale, die bis heute... bla.
Auch anderswo hat man durch gute Arbeit das Umfeld auf seine Seite gezogen und dieses macht dann auch im Positiven den Unterschied aus. Wenn Leipzig etwas besser spielt als Dortmund, so ist dort doch die Stimmung besser und es strömen mehr Zuschauer, Eventies, Hopper zu Spielen von Dortmund als zu RB. Vor gar nicht allzu langer Zeit standen Dortmund, Frankfurt und Gladbach auch kurz vor dem Abstieg, bzw. waren Gladbach und Frankfurt (angehende) Fahrstuhlmannschaften mit nörgelndem Umfeld, Bedrohungen von Spielern beim Training und allem pipapo. Durch richtige strategische Entscheidungen und guter aber längst nicht fehlerfreier Umsetzung dieser haben sich diese Clubs ihren derzeitigen Stand erarbeitet.
Es ist auch nicht so, dass dieses "Umfeld" wegweisende Zukunftsentscheidungen ausbremsen oder blockieren würde. Es kommt darauf an, wie Sachen kommuniziert und die große Masse der Mitglieder und Fans mitgenommen werden. Dortmund hat Anfang der 2000er den Börsengang vollbracht trotz sehr hoher Traditionalität im Umfeld. Schalke hat für einen Riesenhaufen Kohle von Gazprom (als strategisches Investment in Form eines langfristigen Sponsoringvertrags zusammen mit einer langjährigen Teilabtretung der Eintrittsgelder) ein neues Stadion hingestellt, was seitdem als Gelddruckmaschine läuft. Für einen Überblick über die Konzernzahlen bei Schalke brauchst du gefühlt einen Doktortitel und die Anzahl an Untergesellschaften nähert sich Pi an - juckt das Umfeld nicht, solange es läuft.
Als Gegenbeispiel eines traditionsreichen Vereins ohne schwieriges Umfeld gilt ja immer Freiburg. Finde ich auch sehr sympathisch. ABER das würde dort nicht funktionieren, wenn in der Vereinsführung nicht überragend gearbeitet würde. Die wirtschaften so gut, dass sie ohne große Probleme mehrere Jahre in Liga 2 verbringen könnten oder dort sogar kostenneutral einen Etat im oberen Drittel fahren könnten und haben sich sportlich so ausgerichtet, dass sie zudem regelmäßig Nachwuchsspieler als Kaderergänzung mit teilweise Potential für mehr generieren. Wäre das nicht der Fall und würde der aktuelle Zustand perspektivisch existenzbedrohend werden, dann wäre es auch dort mit der Geduld irgendwann vorbei.
Wie ist denn die Situation bei uns? Seit diesem Scheißhaufen von einem Finanzkonstrukt rund um die Stadiongesellschaft so, dass wir uns permanent im Alarm-Modus befinden. Nun schon seit fast 20 Jahren. Ständig bekommen wir erzählt, dass wir zur Lösung des Problems in der 1. Bundesliga spielen müssten. In den letzten Jahren erleben wir ja, dass eine nächste Saison keine Selbstverständlichkeit ist, sondern nahezu Luxus. Da es kein Verantwortlicher geschafft hat, die langfristigen Probleme zu lösen, sind wir konsequent im kurzfristigen Krisenmodus, indem wir darum bangen müssen, den FCK im kommenden Jahr noch spielen sehen zu können. Und die einzige Lösung ist sportlicher Erfolg. Der muss also erzwungen werden.
Wenn dann aber mit finanziellem Kraftakt die letzten Penunzen zusammengekratzt werden, um zweimal in Folge in der "Insolvenzliga" schlechthin mit den höchsten Spieleretat zu ermöglichen und die sportlichen Leistungen unterdurchschnittlich sind, dann wird das mit der Unruhe im Umfeld entschuldigt? Das ist für mich schlichtweg falsch und fühlt sich dazu auch ungerecht und unanständig an.
Unser Absturz ist beispiellos und verglichen damit ist das Umfeld bei uns ein Schlaraffenland. In Hamburg, Gladbach, Köln oder Frankfurt gibt es tatsächliche Gewaltszenen (in Frankfurt wusste sich mal ein Polizist, der zwischen Fans und Mannschaft geraten war, nur durch Warnschüsse zu helfen). Das ist nicht schön oder entschuldbar, aber das ist Realität. Und gleichzeitig lobt alle Welt derzeit (zu Recht) die Eintracht-Fans, die fünfstellig durch Europa gondeln. Wäre aber natürlich nicht möglich ohne gute Arbeit in der Vereinsführung.
In meinen Augen hindert uns diese Umfelddiskussion daran, sowohl die "wahren" Probleme zu erkennen und zu beheben versuchen als auch daran, die zweifellos vorhandenen Probleme im Umfeld zielgerichtet anzugehen. Was ich gestern für ein "Umfeld" im Stadion hatte, war mehr eine Melange aus gnadenloser Dummheit und AfD-Parteitag als sonstwas.
Und ja klar, ich kann mir nicht vorstellen, dass es Spielern Spaß macht bei uns. Aber gerade als jemand, der in dieser Branche arbeitet, sollten sich die Spieler auskennen und bewusst sein, in welche Situation sie bei uns kommen. Hier geht es nur noch um Hui oder Pfui. Sportlicher Erfolg und der Verein überlebt und der Spieler ist ein Held, sportlicher Misserfolg und der Verein geht (vermutlich) zugrunde und der Spieler ist Teil der letzten Lautrer Profi-Mannschaft.
Dass der FCK in die Bundesliga gehört, höre ich schon öfters. Auch von Ultras mit denen ich bekannt bin. Dass wir unabhängig davon nur in der 1. Bundesliga sanierbar sind (wie Klatt schon beim Antritt meinte), ist wieder ein ganz anderer Faktor und macht das Dilemma im Grunde perfekt. Denn aus meiner Sicht werden wir uns zu einem großen Teil verkaufen müssen um wieder in die 1.Liga zu kommen. Und auch wenn Becca hier noch Wort halten sollte, prophezeie ich eine schwierige Beziehung mit den Ultras...weil hier naturgemäß einfach sehr unterschiedliche Vorstellungen aufeinander treffen.
Schwierige Bewertung, ohne zu wissen, was wie gesagt oder tatsächlich gemeint ist. Mal unabhängig von den finanziellen Zwängen: In meinen Augen gehören wir auch in die 1. Bundesliga. Damit wurde ich sozialisiert, Lautern steht für internationale Feiertage und sensationelle Erfolge als Underdog und die Mobilisierung von Menschen ist bundesligawürdig. Mir würde es aber reichen, wenn ich Fußballspiele wieder einfach und ungezwungen begleiten und dabei mitleiden könnte. Wer hat denn bei uns nicht bei jedem Sieg ein stückweit die Hoffnung auf Rettung und bei einer Niederlage ein stückweit die Sorge vor dem Exitus im Sommer im Kopf?
Bei Kostenneutralität (sprich, keine Überschuldung und keine jährlichen Verluste) kann ich mir auch die 2. Bundesliga als sehr angenehm vorstellen. Mit derzeitigen und potenziellen Gegnern wie Stuttgart, Düsseldorf, Köln, Karlsruhe, Hamburg, Pauli, Union, Mainz, Nürnberg, Hannover kann das doch viel Spaß machen.
Mehr kann ich mir auch gar nicht vorstellen. Außer, den Hunsrück-Chinesen wird es langweilig und ein Staatsfonds kommt mit einem neunstelligen Investitionsplan um die Ecke.
Ohne dir zu nahe treten zu wollen, aber wieviel Absolventen hat die Uni in jedem Jahr? Da muss dein Freundeskreis immens groß sein, wenn dieser repräsentaiv das Verhalten der Uniabsolventen der TU KL wiederspiegeln soll.
Definiere groß im Zuge von IT Unternehmen. Groß muss gerade im IT Bereich nicht mit viel Personal einher gehen. Nehme ich nur im kleinen das Unternehmen, indem meine Frau arbeitet. Geründet von 5 IT Studenten der TU KL hat das Unternehmen nun mehr als 130 Mitarbeiter und 3 Standorte in Deutschland und den Haupsitz immer noch in KL und dort arbeiten mindestens 90% Absolventen der TU KL und es kommen jedes Jahr immer wieder neue dazu.
Übrigens trägt jeder heutzutage Technik in seiner Hosentasche die durch eine Arbeitsgruppe der TU entwickelt wurde und durch eine Firmengründung in Siegelbach markreif gemacht wurde. Ohne diese Firma, die 2012 zwar von einem amerikanischen Unternehmen aufgekauft wurde, gäbe es die heutigen Smartphonedisplays nicht und auch nicht die Bildschirmfläche für OLED Geräte.
Diese Liste könnte man beliebig weiter führen.
Wieso wir Lautrer uns und unsere Stadt immer wieder klein reden und meinen sie wäre als Standort nicht attraktiv, werde ich nie verstehen.
Spannend, danke für diese Einblicke! Zeigt in meinen Augen zweierlei:
Erstens: Kaiserslautern ist längst nicht "nur der FCK". Und das ist für beide Seiten auch gut so! Es gibt Potenziale in der Stadt unabhängig vom FCK, aber eventuell auch zum beiderseitigen Nutzen in Verbindung mit diesem. -> Da sind wir wieder bei einem gescheiten Nutzungskonzept für das Stadion. Ob Mall, Büro-Räume für Co-Working, Physiotherapie/Rehazentrum - irgendetwas muss doch da gehen!
Zweitens: Das vergrößert den Spielraum von Szenarien ausgehend davon, dass neue Player und mögliche Sponsoren/Investoren entstehen oder her ziehen (siehe die Meldung zu Tesla von
@diablo*) bis dahin, dass der FCK nicht (mehr) too big to fail ist und die Politik uns bei Gelegenheit und mit breiter Rückendeckung der Stadt auch gut über den Jordan gehen lassen kann, falls es dafür eine elegante Lösung gibt.
*Ist zwar regional und nicht lokal, macht in dem Sinne aber kaum Unterschiede. Immerhin sind die MINT-Fachbereiche der Hochschule Kaiserslautern (vormals: Fachhochschule) in ZW untergebracht. Und ja: Die Bahnanbindung ist scheiße. Ich bin einmal mit der Bahn von Mainz zum Campus in ZW gefahren und das reicht mir.