„Blonder Engel" auf Höllenfahrt
FUSSBALL: FCK -Kapitän Marco Engelhardt verletzt an Fuß und Seele
Marco Engelhardt, der von den eigenen Fans gemobbte Kapitän der „Roten Teufel", sah sich beim 3:3 (1:3) gegen Borussia Dortmund auf einer Höllenfahrt. Halil Altintop, der Torjäger des 1. FC Kaiserslautern, darf nach seinen Saisontoren acht bis zehn nicht nur von einem satten Torkonto, sondern auch bald von einem ganz dicken Bankkonto träumen.
René C. Jäggi, der Vorstandsvorsitzende des 1. FCK , liebt den sympathischen Torjäger fast wie einen Sohn. Diese Liebe ist wohl nicht einmal zu erschüttern, sollte der türkische Nationalstürmer die Schweizer in der Relegation zur WM 2006 abschießen. Aber Jäggi, der Machtmensch aus Basel, weiß, dass sein Ziehsohn trotz einer für Lauterer Verhältnisse guten finanziellen Offerte sein begehrtes Autogramm wohl lieber unter einen Vertrag eines Top-Vereins setzen wird.
„Wenn es so weitergegangen wäre wie in den letzten Wochen, dann wäre es mir leicht gefallen, hier wegzugehen. Ich fühle mich aber hier beim FCK wohl, man hat heute auch wieder gesehen, was man mit den Fans bewegen kann. Das ist einfach nur geil", schwärmt Halil Altintop. In der Winterpause will der 22-Jährige entscheiden, welche Farben er ab 2006 trägt. Nach dem Trikot-Tausch mit Nuri Sahin präsentierte sich der Top-Stürmer in Schwarz-Gelb. Ein Bild mit Symbolcharakter? Der BVB sucht einen Koller-Nachfolger, als Kind war der in Gelsenkirchen geborene Türke BVB-Fan.
Vehement hat sich FCK -Trainer Michael Henke nach dem Samstags-Krimi, der für Marco Engelhardt zum Trauerspiel geworden war, vor den Kapitän gestellt. Der personifizierte Fehlerteufel, der viel wollte, viel tat, aber fast alles falsch machte, auch noch Ausgangspunkt des 1:3 war, wurde von Tausenden höhnisch bejubelt, brutal ausgepfiffen, als er nach 74 Minuten den Rasen für Christian Nerlinger räumen musste. „Wir können nur als Einheit Erfolg haben. Mannschaft, Trainer, Vorstand und Fans", appelliert Henke zur Neu- und Rückbesinnung.
Für Engelhardt war"s ein doppelt schmerzhafter Arbeitstag: Erst der unschöne Abgang „nach meinem mit Abstand schlechtesten Spiel für den 1. FC Kaiserslautern", dann die Probleme mit dem lädierten Sprunggelenk. „Ein heftiger Bluterguss", weiß „Engel" nach der Kernspin-Tomografie.
„Im Spiel hab" ich gar nicht registriert, dass die Reaktionen so extrem waren. Ich war total frustriert über meine schlechte Leistung. Ich habe jetzt aber mit dem Trainer und Michael Novak, unserem Pressesprecher, über das alles geredet", bezieht Marco Engelhardt Stellung: „Man muss Ursachenforschung betreiben. Es hat ja in letzter Zeit schon Andeutungen gegeben. Es darf aber nicht so weit kommen, dass man Angst vor den Pfiffen hat, sonst riskiert man gar nichts mehr." „Emotion gehört zum Fußball. Aber ein Mensch ist kein Roboter. Ich bin selbstkritisch, ich habe auch mit Kritik kein Problem, aber ich versuche immer alles zu geben", versichert der Kapitän: „Ich habe breite Schultern! Ich werde das verkraften, aber man macht sich Gedanken, wenn man mir bewusst Schaden zufügt. Ich werde weiter offen auf die Leute zugehen. Mannschaft und Fans wollen letztlich das Gleiche: Erfolg!"
„Es darf nicht sein, dass das ganze Stadion jubelt, wenn Marco ausgewechselt wird! Er hat sicher schlecht gespielt, aber er versucht alles. Er ist jung, er ist erst im zweiten Bundesligajahr. Ich stehe hinter meinem Kapitän. Es darf nicht sein, dass bei uns einer zum Alleinschuldigen ausgerufen wird. Ich habe kein Verständnis für solch eine Reaktion. Das war fast so wie am Ende bei Kurt Jara. Das war Mobbing", grollt Ingo Hertzsch.
Quelle:RON