Der "Westen" gibt aber durch seine Machtdominanz die Rahmenbedingungen in Welthandel und Weltwirtschaft vor und spielt somit eine signifikante Rolle in inneren Angelegenheiten nicht-westlicher Staaten.
Durchaus richtig, keine Frage.
Auf Lybien bezogen würde das doch aber auch bedeuten, dass der Westen erst durch seine Dominanz dazu beigetragen hat, dass Gaddafi an der Macht bleiben kann und dass Lybien überhaupt in der Lage ist, diesen Wohlstand aufzubauen. Ich kenne mich in Lybien nun ehrlich gesagt absolut nicht aus, mein Wissensstand ist der, dass die Bevölkerung für afrikanische Verhältnisse einen hohen Bildungsstand hat und sich innerhalb der sozialen Schichten nicht solch dramatische Unterschiede ergeben wie in anderen Ländern des Kontinent. Gut, das ganze basiert auf dem Reichtum des Landes, bedingt durch die hohen Einkünften aus der Förderung von Rohstoffen, die wohl zu mehr als 3/4 zum BIP beitragen. Sicherlich, der Reichtum könnte höher sein, wenn Gaddafi sich nicht großzügig bedient hätte. Andererseits könnte der Reichtum und der Wohlstand des Landes wohl auch deutlich geringer sein, wenn nicht jemand in der Lage gewesen wäre, diese vielen Stämme und Clans so zu einen, dass sie halbwegs problemlos miteinander in einem Staat leben können. Das sollte man im Umkehrschluss nicht vergessen. Wenn Gaddafi jetzt wirklich hingerichtet wurde, dann verstehe ich das einerseits, weil er seine Bevölkerung eben doch lange "klein gehalten hat" aber andererseits sehe ich darin auch einen denkbar schlechten Start für ein neues, demokratisches und rechtsstaatliches Lybien.
Ich muss auch ehrlich gestehen, dass ich es nicht weiter schlimm sehe, wenn der Westen seine Einflüsse auf andere Länder ausübt. Das mag zwar irgendwo negativ aufstoßen und es ist für die Bevölkerung vor Ort sicherlich nicht immer die bestmögliche Staatsform aber ich denke der Westen verfolgt damit nicht nur wirtschaftspolitische Ziele, sondern auch andere, höhere Ziele. Ich denke beispielsweise, dass Deutschland über die Jahre immer wieder deutlich bewiesen hat, mit welchem Fingerspitzengefühl die deutsche Außenpolitik im Nahen Osten unterwegs gewesen ist und wie sie zwischen Israel und den arabischen Ländern - soweit möglich - vermitteln konnte, das wäre ohne die Hilfe eines politisch stabilen Ägypten sicherlich so nicht möglich gewesen. Das darf man bei solchen Überlegungen dann auch nicht außer acht lassen. Es steht ja außer Frage, dass der Westen viel "Bockmist" anstellt aber ich glaube man würde das auch etwas vereinfacht darstellen, wenn man sagt, es gehe einem ausschließlich ums Öl oder um die wirtschaftliche Macht.
Im Übrigen ist es auch - außer meiner Sicht - so, dass viele Menschen eine absolut überzogene Forderung an die Politik haben, das ist nicht nur in Deutschland so, sondern wahrscheinlich überall auf der Welt. Die Politik kann wirtschaftliche Rahmenbedingungen festlegen und sie sollte sich - in unseren breiten auch schleunigst besinnen, welche Form der Marktwirtschaft man sich wünscht - aber Politik kann nicht (bei nicht-staatliche Unternehmen) so agieren, dass sie dauerhaft direkten Einfluss auf Unternehmen nimmt und Arbeitsplätze schafft oder sichert. Dafür kann der Staat nicht die Verantwortung übernehmen. Und gerade in den betroffenen Staaten Ägypten, Lybien und Tunesien haben wir darüber hinaus ja auch noch die Situation, dass der Staat des private Leben (Nahrungsmittel; Wohnraum; etc.) häufig stark bezuschusst hat, um innenpolitisch keinen Aufstand zu riskieren.
Dass die Herrscher sich dabei die Taschen vollgestopft haben ist doch unbestritten aber ganz ehrlich, wenn sie da auf Besserung hoffen, dann werden sie vom Regen in die Traufe wandern. Demokratie und Marktwirtschaft sind was wirklich feines aber so richtig funktionieren tun sie nicht.