Genau wie alle anderen betrachte ich das ganze Leid da unten mit Schrecken, da es bei diesem ganzen Konflikt nur Verlierer geben kann. Und das sind in der Hauptsache die ganz normalen Otto Normalverbraucher-Zivilisten auf beiden Seiten. Der Busfahrer in Tel-Aviv, der Taxifahrer in Gaza, der Metzger in Jerusalem oder der Bäcker in Hebron.
Diese normalen Leute, die sicher auf beiden Seiten in der Mehrheit und schon längst konfliktmüde sind, leben täglich in Angst und mit großen, mannigfaltigen Einschränkungen ihrer Lebensqualität.
Ich zitiere nicht gerne und oft Hollywood, weil das, was von dort kommt, oft geistige Flachpässe sind, aber ein Satz aus "Kingdom of Heaven" trifft den Nagel auf den Kopf und erklärt in einfachen Worten, warum es in dieser Gegend wahrscheinlich niemals Frieden geben wird:
"Was ist heiliger? Der Tempel, die Moschee oder das Heilige Grab? Wer hat ein Anrecht darauf? - ALLE haben ein Anrecht darauf!"
Und das beschreibt genau das Problem, dass es da unten gibt. Seit Jahrtausenden ist dieses Gebiet umkämpft.
In den Jahrtausenden vor Christi Geburt war es kriegerischer Spielplatz der Ägypter, Phönizier, Perser, Babylonier, Römer, Ptolemäer, Seleukiden, der Juden. Sei es als Pufferzone zwischen antiken Großmächten oder als Ort wichtiger Handelsplätze und -Städte.
Und seit der Gründung des Judentums, spätestens aber seit der Inbesitznahme durch den Islam im 7./8. Jahrhundert kommt zu der sowieso schon vorhandenen Brisanz auch noch ein religiöser Aspekt mit all seinen negativen Begleiterscheinungen dazu. Rassismus, religiöser Fanatismus, Null Kompromiß- oder Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten.
Das Ergebnis kennen alle: die Kreuzzüge. 200 Jahre Krieg ohne wirkliches Ergebnis. Und auch nach dem Ende der Kreuzzüge dauerte es noch einmal etwa 150 Jahre, ehe Palästina dem Osmanischen Reich einverleibt wurde und zum ersten mal seit langer Zeit eine Periode relativen Friedens erlebte.
Das ganze Problem da unten hängt daran, dass folgende Hauptaspekte vorhanden sind:
a) die Weigerung, den jeweils anderen als politisch gleichwertig anzuerkennen, und ihm damit das Recht zuzugestehen, in einem eigenen Staat zu leben.
Die Tatsache, dass auf beiden Seiten extremistische Gruppen vorhanden sind, die zu keiner friedlichen Lösung bereit sind und darum alles unternehmen, um den Konflikt fortzusetzen.
c) Jede Seite hat eine Gruppe von unterstützenden Staaten/Organisationen hinter sich, unter denen es Mitglieder gibt, die ein Interesse daran haben, dass dieser Konflikt kein Ende nimmt.
Nicht zu vergessen ist dabei das Flächenbrandpotential des Nahostkonflikts. Durchaus zu vergleichen mit dem Balkan in den Jahren 1913/14. Israel hat Atomwaffen, der Iran sehr wahrscheinlich bald ebenfalls und kranke Gehirne gibt es auf beiden Seiten genug. Und drum herum auch genug Staaten, die für die jeweils eine Seite Garantieerklärungen abgegeben haben.
Wahrscheinlich sind in keinem anderen Gebiet der Erde im Laufe der Weltgeschichte so viele Menschen auf so kleinem Raum gestorben - und das im Grunde für Nichts. Und wahrscheinlich wird das Ganze auch noch hunderte Jahre lang so weiter gehen. Jedenfalls so lange, bis auf beiden Seiten genug Menschen gestorben sind, dass die reine Müdigkeit am Töten zu einem Frieden führt.
Wir jedenfalls - und da lege ich mich fest - werden einen Frieden dort unten in unserem Leben nicht mehr erleben. Ich bin fatalistisch geworden. Seit ich denken kann, kommen die selben Nachrichten im Fernsehen - Datum und Opferzahl austauschbar. Mir ist es mittlerweile egal, was dort unten passiert, jedenfalls solange es keinen ernsthaften Frieden gibt.
Tragische Sache, dieser Konflikt. Aber wahrscheinlich eben unlösbar.