Finanzkrise, Bankenkrise, Staatsschuldenkrise, Kapitalismuskrise...

nachdem standard&poors heute nacht die halbe euro-zone herunterrated, schiebe ich diesen neuen teil der reihe "schicke kapitalismuskritik in den großen zeitungen" mal in diesen thread.

ich stimme nicht mit allem überein, aber der autor strukturiert und fasst vieles zusammen.




Thesen gegen die Ausplünderung der Gesellschaft - "Kapitalismus braucht keine Demokratie"


Ein Gastbeitrag von Ingo Schulze, Schriftsteller



Wahnsinn als Selbstverständlichkeit: Seit Jahren ist es offensichtlich, dass die Demokratie ruiniert wird und der Sozialstaat zerfällt. Privatisierte Gewinne und sozialisierte Verluste sind zur Selbstverständlichkeit verkommen. 13 Gründe, sich selbst wieder ernst zu nehmen.



Seit etwa drei Jahren habe ich keinen Artikel mehr geschrieben, denn ich weiß nicht mehr, was ich noch schreiben soll. Es ist alles so offensichtlich: die Abschaffung der Demokratie, die zunehmende soziale und ökonomische Polarisation in Arm und Reich, der Ruin des Sozialstaates, die Privatisierung und damit Ökonomisierung aller Lebensbereiche (der Bildung, des Gesundheitswesens, des öffentlichen Verkehrssystems usw.), die Blindheit für den Rechtsextremismus, das Geschwafel der Medien, die pausenlos reden, um über die eigentlichen Probleme nicht sprechen zu müssen, die offene und verdeckte Zensur (mal als direkte Ablehnung, mal in Form von "Quote" oder "Format") und, und, und. . .


der komplette artikel mit allen 13 thesen:

http://www.sueddeutsche.de/kultur/t...pitalismus-braucht-keine-demokratie-1.1255949http://www.sueddeutsche.de/kultur/thesen-gegen-die-auspluenderung-der-gesellschaft-kapitalismus-braucht-keine-demokratie-1.1255949
 
passend dazu von focus online:





S&P stuft neun Euroländer herunter



Berlin (dpa) – Nach der Herabstufung von neun Euroländern durch die Ratingagentur Standard & Poor's bemühen sich die Politiker um Schadenbegrenzung. Unklar sind vor allem die Auswirkungen auf den Euro-Rettungsfonds EFSF, nachdem das Euro-Schwergewicht Frankreich seine Top-Bonität verloren hat. Deutschland steht nach Einschätzung von S&P zwar hervorragend da, doch dies könnte nach Einschätzung von Beobachtern auch dazu führen, dass es einen noch höheren Beitrag zur Euro-Rettung zahlen muss als bisher. S&P hatte auch Italien, Spanien, Portugal, die Slowakei, Slowenien, Malta und Zypern herabgestuft, neben Frankreich verlor auch Österreich die Spitzennote «AAA».
 
nachdem standard&poors heute nacht die halbe euro-zone herunterrated, schiebe ich diesen neuen teil der reihe "schicke kapitalismuskritik in den großen zeitungen" mal in diesen thread.
ich stimme nicht mit allem überein, aber der autor strukturiert und fasst vieles zusammen.







der komplette artikel mit allen 13 thesen:

http://www.sueddeutsche.de/kultur/t...pitalismus-braucht-keine-demokratie-1.1255949http://www.sueddeutsche.de/kultur/thesen-gegen-die-auspluenderung-der-gesellschaft-kapitalismus-braucht-keine-demokratie-1.1255949


Wie armselig!



Wie armselig, dass wir solche halbgaaren Artikel schon als absolut lesenswert einstufen. Das wir über solche Gedankenanfänge schon froh sind, weil sie mal veröffentlicht werden.



Er hat schon Recht. Wo sind die kritischen Geister? Wo kommen mal Stimmen aus den Universitäten? Alles nicht "erlaubt", weil die Professoren Angst um ihre Forschungsgelder aus der privaten Wirtschaft haben??
 
Wie armselig!


Wie armselig, dass wir solche halbgaaren Artikel schon als absolut lesenswert einstufen. Das wir über solche Gedankenanfänge schon froh sind, weil sie mal veröffentlicht werden.


...in den feuilletons, die eh niemand ernst nimmt?

du hast schon recht, und ich glaube ja nichtmal, dass die paar kapitalismuskritischen artikel in faz-feuilletion und jetzt sz-kulturteil irgendeine wirkung auf die gesamtausrichtung der blätter haben... aber hey, über irgendwas muss man sich ja freuen.
default_wink.png





Er hat schon Recht. Wo sind die kritischen Geister? Wo kommen mal Stimmen aus den Universitäten? Alles nicht "erlaubt", weil die Professoren Angst um ihre Forschungsgelder aus der privaten Wirtschaft haben??


interessant dass du den punkt nochmal ansprichst, denn hier stimmt ich mit dem autor nicht überein.

das mag meine ganz persoenliche perspektive als politik-student sein, aber ich sehe ich den unis schon, dass diese thesen von vielen als gegeben angesehen werden. ich weiß auch von bwlern, die sich vieler dieser probleme bewusst sind.

einer meiner soziologie-professoren ist auch relativ regelmäßig mit kritischen aussagen in zeitung oder radio präsent, wenn das dann wieder nur im feuilleton landet, würde ich das erstmal dem medium ankreiden.



auf der anderen seite magst du recht haben, dass gerade abseits von politikwissenschaft und soziologie die sorge um forschungsgelder groß ist, gerade in zeiten, in denen ganze lehrstühle von privaten unternehmen "übernommen" werden.
 
interessant dass du den punkt nochmal ansprichst, denn hier stimmt ich mit dem autor nicht überein.

das mag meine ganz persoenliche perspektive als politik-student sein, aber ich sehe ich den unis schon, dass diese thesen von vielen als gegeben angesehen werden. ich weiß auch von bwlern, die sich vieler dieser probleme bewusst sind.

einer meiner soziologie-professoren ist auch relativ regelmäßig mit kritischen aussagen in zeitung oder radio präsent, wenn das dann wieder nur im feuilleton landet, würde ich das erstmal dem medium ankreiden.



auf der anderen seite magst du recht haben, dass gerade abseits von politikwissenschaft und soziologie die sorge um forschungsgelder groß ist, gerade in zeiten, in denen ganze lehrstühle von privaten unternehmen "übernommen" werden.


Ich hab am großen, berühmten OSI (
default_icon_rolleyes.gif
) an der FU-Berlin keine solche Erfahrung gemacht. Da wurde viel Arbeit zur Vermittlung der Grundlagen geleistet, aber auch viel theoretisches BlaBla ohne Bezug zur Praxis.



An meiner Bachelor-Uni gab es zwar einen Prof, der sehr gute Idee im Bereich der Sozialpolitik hatte (Prof Busch) und bei dem es auch zu sehr guten Essays von seiten der Studenten kamen. Doch leider fand das, soweit ich einschätzen kann, alles im berühmten Elfenbeinturm statt.



Ach ... und der (einer der) Berater der Kanzlerin aus der Wissenschaft (nahe der Politikwissenschaft) ist Präsident an einer Privatuni ...
default_wink.png






Aber hast wohl auch Recht, dass viel an den Medien liegt. Wenn ich bedenke, was für langweilige Essays der Spiegel publiziert, nur weil dann die Namen Habermas oder Precht darunter stehen ... da kann ich nur die deutsche, monatliche ausgabe der le monde diplomatique empfehlen. Die publizieren Artikel aus ganz anderen Sphären und Blickwinkeln.





P.S.: An welcher Uni bist du noch gleich? Osnabrück, oder?
 
Ich hab am großen, berühmten OSI (
default_icon_rolleyes.gif
) an der FU-Berlin keine solche Erfahrung gemacht. Da wurde viel Arbeit zur Vermittlung der Grundlagen geleistet, aber auch viel theoretisches BlaBla ohne Bezug zur Praxis.


An meiner Bachelor-Uni gab es zwar einen Prof, der sehr gute Idee im Bereich der Sozialpolitik hatte (Prof Busch) und bei dem es auch zu sehr guten Essays von seiten der Studenten kamen. Doch leider fand das, soweit ich einschätzen kann, alles im berühmten Elfenbeinturm statt.



Ach ... und der (einer der) Berater der Kanzlerin aus der Wissenschaft (nahe der Politikwissenschaft) ist Präsident an einer Privatuni ...
default_wink.png






Aber hast wohl auch Recht, dass viel an den Medien liegt. Wenn ich bedenke, was für langweilige Essays der Spiegel publiziert, nur weil dann die Namen Habermas oder Precht darunter stehen ... da kann ich nur die deutsche, monatliche ausgabe der le monde diplomatique empfehlen. Die publizieren Artikel aus ganz anderen Sphären und Blickwinkeln.





P.S.: An welcher Uni bist du noch gleich? Osnabrück, oder?


Das Problem mit dem Elfenbeinturm kenne ich auch von meiner Uni. Der FB Politikwissenschaft ist in Frankfurt sehr groß, gerade die Lehrstühle der IB (Internationale Beziehungen) mit ihren Schwerpunkten wie Internationale Politische Ökonomie (als Querschnitt von VWL und PoWi) und Entwicklungssoziologie (Nord-Süd-Beziehungen, Abhängigkeitsverhältnisse, etc.) oder das Exzellenzcluster zu Normativen Ordnungen sind hier recht gut besetzt - aber ich lese in keinem populären Medium etwas von den entsprechenden Profs zu dieser Thematik. Ich besuche derzeit ein Kolloquium wegen meiner Abschlussarbeit im Bereich IPÖ, hier drehen sich viele Arbeiten um die Eurokrise, um das Problem der Marktfixierung, um die groben handwerklichen Fehler der EU und der Währungsunion, etc.



Letztlich ist das alles aber noch viel zu elitär und Weltsichten, die für mich plausibel, bzw. ganz logisch sind, sind für mein Umfeld absolut unverständlich und realitätsfern.

Bei uns in der Uni gehts in Gesprächen in und um die Seminare eigentlich fast nur darum, was kommt nach dem Kapitalismus, was kommt nach der parlamentarischen Demokratie - was sind die größten Risiken, was ist einigermaßen realistisch erwartbar. Die Annahme, dass das derzeitige weltwirtschaftliche Gebilde implodiert, ist gängiger Konsens - als offen werden lediglich angesehen, wann, auf welche Weise (von einigermaßen friedlich reformistisch bis zu revolutionären Umstürzen und [bürger-]Kriegen) und was kommt danach.



Diese Diskussionen sind aber in der Öffentlichkeit tabu (und auch in meinem privaten Umfeld möchte sich kaum jemand mit etwas derart beängstigendem abgeben).



Der Artikel ist natürlich reichlich oberflächlich - das muss er in dem Fall aber auch sein, mit den meisten Thesen kann ich mich aber dennoch identifizieren.
 
Standard & Poor's stuft Euro-Rettungsfonds herab



http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,809465,00.htmlhttp://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,809465,00.html



Seltsam, dass der Rettungsfonds morgen Geld aufnehmen muss ... (kam grad im heute journal)





Aber:

Union gegen Ratingagenturen



Nach der Herabstufung von neun Euro-Ländern durch Standard & Poor’s will die Bundesregierung die Macht der Ratingagenturen beschneiden. Die CDU schlägt dazu eine Gesetzesänderung vor. Die FDP signalisiert Zustimmung



http://www.fr-online.de/politik/anlagevorschriften-union-gegen-ratingagenturen,1472596,11454624.htmlhttp://www.fr-online.de/politik/anlagevorschriften-union-gegen-ratingagenturen,1472596,11454624.html
 
P.S.: An welcher Uni bist du noch gleich? Osnabrück, oder?


Nee, mich hat es dann letztendlich in die neuen Bundesländer gezogen, Jena genauer gesagt.

Ich muss auch sagen, dass bei mir in erster Linie die Soziologie-Professoren medial präsent sind. Ein Theorie-Dozent schreibt viel über das Trend-Thema "Beschleunigung" und verbindet das oft mit einem Rundumschlag in Gesellschaftskritik wenn er interviewt wird, aber in einem 3 Minuten-DLF-Beitrag bleibt das natürlich sehr oberflächlich.

Einen anderen Soz-Professor habe ich mal zufällig entdeckt, als er in einem Bundestags-Ausschuss zu Hartz IV angehoert wurde und sich da auch sehr kritisch geäußert hat.

Aber das sind eben nur die Soziologen, was die Politikwissenschaftler angeht, passiert da wenig außerhalb des berühmten Elfenbeinturms.

Klinges Erklärung finde ich da sehr schlüssig und interessant, dass ihr das bei euren großen Unis genauso erlebt.




Letztlich ist das alles aber noch viel zu elitär und Weltsichten, die für mich plausibel, bzw. ganz logisch sind, sind für mein Umfeld absolut unverständlich und realitätsfern.
 
*sing*



Völker hört die Signale!

Auf zum letzten Gefecht!

Huldigt dem Kapitale!

Profitgier ist Menschenrecht!




Hedgefonds wollen Menschenrecht auf Rendite einklagen
Griechenland erstickt unter seinen Schulden, nun sollen die Gläubiger auf einen großen Teil ihres Geldes verzichten. Doch mächtige Hedgefonds wehren sich: Sollten sie Verluste machen, wollen sie laut "New York Times" vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.
Weiter http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,810039,00.htmlhttp://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,810039,00.html
 
Es wird echt Zeit, dass wir dem ganzen ein Ende setzen!


Ach ... warte ... wir sind ja durch Riester-Renten und die Geiz-ist-Geil Mentalität in den gleichen Mechanismen verfangen und gefangen.


Vergiss nicht die Angst vor der sozialistischen Misswirtschaft, die den ganzen Blödsinn alternativlos macht.

Dogmatisches TINA vs. solidarisches TATA.
default_laugh.png
 
Vergiss nicht die Angst vor der sozialistischen Misswirtschaft, die den ganzen Blödsinn alternativlos macht.
Dogmatisches TINA vs. solidarisches TATA.
default_laugh.png


Recht auf Rendite? Totaler Schwachsinn! Die Rendite ist so hoch, weil das Risiko so hoch ist.
default_laugh.png
Totaler Schachsinn da klagen zu wollen.



Aber ist es denn so wichtig welches System wir haben? Die Menschen sind Schuld und sie finden immer wieder Auswege um unerwünschte Regelungen zu umgehen. Es gab schon so viele Krisen im Laufe der Zeit, ob Tulpen- Krise, Weltwirtschaftskrise, Finanzkrise, Eurokrise, japanische Finanzkrise, Totale Verschuldung der DDR... Ich behaupte, der Mensch ist zu faul, zu ich- bezogen und zu geizig, dass egal welches System wir auch haben, es nicht wirklich menschenfreundlich ist, bzw. sollte es menschenfreundlich sein, so funktioniert es leider nicht. Leider schließe ich mich da nicht aus. Ich hab momentan noch ein Konto bei einer Bank, die in alles mögliche ihr Geld investiert und das auch nur, weil die Zinsen am höchsten sind. Wenn es keine Noten geben würde, würde ich an der Uni nicht wirklich viel arbeiten und einkaufen tue ich auch viel zu oft bei größen Möbelhäusern oder bei Discountern wie Aldi oder Lidl, anstatt bei Geschäften, die auf Waren aus der Region setzen.



In Bamberg wird übrigens relativ wenig über das jetzige System diskutiert. Wir sind meiner Meinung nach sowieso nicht allzu nah am Tagesgeschehen dabei, leider.
 
Aber ist es denn so wichtig welches System wir haben? Die Menschen sind Schuld und sie finden immer wieder Auswege um unerwünschte Regelungen zu umgehen. Es gab schon so viele Krisen im Laufe der Zeit, ob Tulpen- Krise, Weltwirtschaftskrise, Finanzkrise, Eurokrise, japanische Finanzkrise, Totale Verschuldung der DDR... Ich behaupte, der Mensch ist zu faul, zu ich- bezogen und zu geizig, dass egal welches System wir auch haben, es nicht wirklich menschenfreundlich ist, bzw. sollte es menschenfreundlich sein, so funktioniert es leider nicht. Leider schließe ich mich da nicht aus. Ich hab momentan noch ein Konto bei einer Bank, die in alles mögliche ihr Geld investiert und das auch nur, weil die Zinsen am höchsten sind. Wenn es keine Noten geben würde, würde ich an der Uni nicht wirklich viel arbeiten und einkaufen tue ich auch viel zu oft bei größen Möbelhäusern oder bei Discountern wie Aldi oder Lidl, anstatt bei Geschäften, die auf Waren aus der Region setzen.


Und so gehts uns doch allen. Wir stecken in dem gleichen System, in den gleichen Mechanismen und befeuern sie durch unser Verhalten. Weils bequem und günstig ist. Weil wir damit aufwachsen und weil wir davon profitieren.



Und auf der anderen Seite ist die Welt durch beispielsweise recht günstige Flüge, die recht hohe Bildung und das Internet ein Dorf geworden. Uns stehen alle Informationen bereit, um die Mechanismen zu durchschauen und über, zugegebenermaßen, ferne Lösungen zu debattieren.



Diese Diskrepanz zwischen Realität und realistischen Möglichkeiten find ich so wahnsinnig interessant.
 
Diese Diskrepanz zwischen Realität und realistischen Möglichkeiten find ich so wahnsinnig interessant.


Welche Möglichkeiten siehst du denn? In der Hinsicht finde ich die Theorie von Buchanan ganz interessant, aber durch die Anzahl an Menschen kaum zu realisieren.



Meine bisherige Hoffnung war immer die EU, so komisch es klingen mag. Ich hoffe sogar noch immer, dass die Länder mehr und mehr zusammen wachsen und die Unterschiede verschwinden. Zudem dass es nach und nach Erweiterungen gibt, so dass am Ende die "EU" mit Europa nur noch wenig zu tun hat. Dies beziehe ich aber mehr auf Dinge wie Frieden und Gleichheit und weniger auf finanzielle und soziale Aspekte.
 
Welche Möglichkeiten siehst du denn?


Ich meinte damit Möglichkeiten zur Erfoschung der Probleme. Ich sehe es so, dass dem Menschen noch nie so viele Informationen so leicht zugänglich waren, wie heute.



Lösungen des Problems will ich mir noch nicht anmaßen. Ich hab vor mich mit der ganzen Problematik mal eingehender zu beschäftigen, wenn ich mit dem Studium fertig bin, also in 1, 2 Monaten.
 
Ok dann hab ich es falsch verstanden. Mit den Informationen hast du natürlich Recht und halte mich bitte auf dem Laufenden bezüglich möglicher Lösungen
default_smile.png
 
@ weber




  • Freitag, 27. Januar 2012, 20:00 Uhr: Informationsabend zum Thema Europa-Krise

    Ort: Katholische Hochschulgemeinde Bamberg (KHG)

    An diesem Abend werden wir uns inhaltliche mit dem Thema Europa-Krise beschäftigen. Günter Winkler wird ein Impulsreferat auf Grundlage der Basistexte von Attac halten. Dies soll uns helfen, die komplexe Situation etwas besser zu verstehen und die Lösungsansätze von Attac kennenzulernen. In der anschließenden Diskussion gibt es dann genug Raum, um das Thema nochmals genauer von allen Seiten zu beleuchten und zu besprechen. Dieses Treffen ist bewusst an einem anderem Tag gewählt, als das Plenum, damit wir an diesem Abend ausschließlich über die politischen Inhalte reden können. Somit ist dieser Abend auch gerade für alle Interessiert gedacht, die sich nicht mit dem organisatorischen Dingen von Attac auseinandersetzen wollen, sondern die politischen Positionen und Lösungen besser verstehen wollen.




  • Montag, 06. Februar 2012, 20:00 Uhr: Plenum

    Ort: Katholische Hochschulgemeinde Bamberg (KHG)

    Themen:tongueout:lanung der Veranstaltungen des AK Krötenwanderung und weitere Aktionen in diesem Jahr.



http://www.attac-bamberg.de/http://www.attac-bamberg.de/
 
Es gab auch jetzt am Mittwoch ein Vortrag vom akpol bezüglich der Finanzkrise. Es ist insgesamt nur recht wenig und grundsätzlich geht es mir zu wenig um eine realistische Lösung. Hierbei bevorzuge ich fürs erste auch die Lösung im "Elfenbeinturm".

Attac hat zum Teil interessante Konzepte, aber einseitige Politik nützt nichts. Schweden hat so einmal die Finanztransaktionssteuer eingeführt. Resultat war, dass sie nach einem halben Jahr wieder abgeschafft wurde. Viel anders wäre das Resultat hier in Europa wohl auch nicht, vor allem, da England nicht mitspielen würde. Mir geht es daher eigentlich um "höhere" Konzepte, gerne auch theoretisch
default_wink.png
Aber danke für die Hinweise. Die Krötenwanderung interessiert mich jetzt gar nicht, aber der Termin bei der KHG könnte sich lohnen.
 
hier mal ein vorbildliches beispiel, wie die kommunikation zwischen elfenbeinturm und oeffentlichkeit funktionieren kann. nun kann man kritisieren, dass nicht jeder die zeit und lust hat, sich ein fast halbstündiges feature anzuhoeren, aber ich finde hier werden gerade komplexe zusammenhänge recht einfach und unterhaltsam, teils humorvoll erklärt, das braucht eben seine zeit.




Sparen nach deutschem Modell, sagen Kritiker wie Steffen Lehndorff vom Institut Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen, führt europaweit zu Hartz IV-Zuständen: Löhne auf niedrigstem Niveau, ungesicherte Arbeitsverhältnisse, mehrere Beschäftigungen zu Dumpinglöhnen - und das in Ländern, deren Niveau in der Arbeitswelt trotz europaweiter Harmonisierungsversuche um Längen hinter Deutschland zurück liegen. Steffen Lehndorff hat seit 20 Jahren Europa und dessen Arbeitswelt in einzelnen Staaten in einer vergleichenden Studie untersucht - sein Bericht liegt bereits in englischer Sprache vor, im Gespräch mit Thomas Koch berichtet er über die Forschungsergebnisse.


direkt zur audiodatei:

http://gffstream-9.vo.llnwd.net/c1/m/1326886940/radio/redezeit/wdr5_redezeit_20120118.mp3http://gffstream-9.vo.llnwd.net/c1/m/1326886940/radio/redezeit/wdr5_redezeit_20120118.mp3
 
Wenn du eher auf Elfenbein stehst, dann empfehle ich dir "Global Finance in Crisis: The Politics of International Regulatory Change" von Helleiner/Pagliari - bei uns kommt keine Abschlussarbeit zu diesem Thema ohne dieses Buch aus. Einzelne Kapitel schwirren erfreulicherweise frei im Netz herum, etwa hier. Ein paar Artikel von "meinem" Prof sind sicherlich auch ganz interessant (*klick*).



Das sind allerdings in der Regel Forderungen und Analysen, die sich auf der Mikroebene abspielen, etwa zu Regulierungen und Standardisierungen. Gute und durchdachte theoretische Konzepte, die die komplette Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung betreffen, kenne ich derzeit keine. Mag aber sein, dass in irgendwelchen Instituten für politische Philosophie derlei schlummert, aber das dürfte mir dann viel zu hoch sein.



Bei den Anwendern politischer Theorien sieht das Thema wohl noch mickriger aus.

Kritische Krisenforschung betreibt logischerweise die LINKE mit ihrer Rosa-Luxemburg-Stiftung (Institut für Gesellschaftsanalyse der RLS). Bei der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung gibt es eine Themenreihe zur Krise, die aber keinen besonderen Schwerpunkt darstellt - was in Anbetracht der Positionierung der Partei mich nicht sonderlich überrascht. Die SPD hat ihren demokratischen Sozialismus ja schon recht schnell in irgendwelchen Beschlussurkunden zustauben lassen, viele der aktuellen "Topleute" der SPD kann man sich wohl auch gut im Arbeitgeberflügel der CDU vorstellen.

Die Grünen stecken derzeit im Dilemma, parteiintern zwischen den Vertretern einer solidarischen (anti-kapitalistischen) Ökonomie einerseits und den Vertretern des grünen Kapitalismus andererseits vermitteln zu müssen. Die Veröffentlichungen der Heinrich-Böll-Stiftung machen das deutlich.

Bei Nauheim und Adenauer kenne ich mich nicht aus, bezweifle aber, dass diese sich für ernsthafte Veränderungen interessieren.



Ganzheitliche Konzepte und Theorien sind aus der Politik also eher nicht zu erwarten (höchstens von den Linken, aber die zählen ja nicht) - wodurch der Ball endgültig bei den Wissenschaftlern liegt, die allerdings häufig zu realitätsfern arbeiten, oder deren Beiträge aufgrund ihrer Verfasstheit für allgemeinere Diskussionen untauglich sind. Hierbei muss man dann auch über die Medien sprechen - zwar bringen viele Zeitungen (ob FAZ, Zeit, Spiegel, etc.) und TV-Sendungen (vor allem im ÖR) vermehrt kritische Beiträge, die meistens gut die derzeitigen und grundsätzlichen Dilematta aufzeigen, aber Positivpositionierungen, die Alternativen aufzeigen, scheinen unerwünscht (von öffentlich eher unbedeutenden linken Blättern einmal abgesehen).





Meine Prognose ist, dass die kapitalismusimanenten Spannungen durch den steten Wachstumsdruck sich immer wieder in Krisen einerseits und Protesten andererseits entladen werden, dass der große Knall aber ausbleibt und immer wieder Symptone bekämpft werden, dies dann als "großer Wurf" zelebriert wird. Die Arbeitslosen (die nicht das leisten können oder wollen, was verlangt wird) werden weiter abgehängt, die große Mehrheit muss sich immer weiter abhetzen, um ihren persönlichen Status zu halten und um den Unternehmen steigende Produktivität bei steigendem Gewinn zu ermöglichen und wird immer anfälliger für psychosomatische Störungen - einer absolut kleinen Minderheit wird es dabei immer besser gehen und es wird wohl immer mehr Geld geben, wodurch die Zinsen noch kleiner werden und der Bedarf an ramschigen Spekulationspapieren steigt, die dann der Realwirtschaft und somit den kompletten Volkswirtschaften um die Ohren fliegen werden.



Allerdings dürfte die Angst vor tiefgreifenden Veränderungen (=das Unbekannte) noch lange größer sein als der kollektive Wunsch zur Veränderung.
 
Gestern bei PlusMinus waren zwei Beiträge zu den Themen "Handelsungleichgewicht als Auslöser der Krise" und zur Finanztransaktionssteuer. Diese komplizierten Themen wurden sehr anschaulich dargestellt und von verschiedenen Experten kommentiert.





In dem Beitrag zum Handel wurde sehr gut zusammengefasst, was hier schon öfters geschrieben wurde, dass die Exportpolitik Deutschlands die Krise erst herbeigeführt und weiter verschärft hat und dass die von Deutschland geforderte Sparpolitik eher zur Eskalation als zur Beruhigung führt. Ein runder und informativer Beitrag, obwohl Hans Werner Sinn zu Wort kam.



Rückschau: http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,2bwk184hypafvv3a~cm.asphttp://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,2bwk184hypafvv3a~cm.asp




(...)Die Schulden sind nicht die Ursache der Krise, sondern die Folge von Ungleichgewichten. Darauf weist Flassbeck seine Wirtschaftsstudenten immer wieder hin. Nur ein allmählicher Ausgleich der Handelsbilanzen kann Europa nach seiner Meinung aus der Krise führen.


Sein Vorschlag: Die Löhne in Deutschland müssten um zwei Prozent mehr steigen als in den Schuldnerländern. Über zehn Jahre würden sich die Unterschiede allmählich angleichen.



Deutschland soll in Zukunft ja nicht weniger wachsen oder exportieren, sondern im Gegenteil mehr importieren. Geschieht das nicht, müssen immer neue Rettungspakete geschnürt werden, um die Ungleichgewichte abzufangen. Denn tatsächlich hat der bisherige strikte Sparkurs in Griechenland, Italien, Portugal und Spanien die Krise nur verschärft.(...)




Im Beitrag über die Finanztransaktionssteuer machte die FDP wieder eine schlechte Figur als Lobbyist der Finanzbranche im Gewand des Verbraucherschützers.

Dies äußert sich darin, dass sie die Finanztransaktionssteuer verhindern will und gleichzeitig für die Börsenumsatzsteuer plädiert.



Finanztransaktonssteuer:


(...)Viele machen daher den Hochfrequenzhandel verantwortlich für die letzten Börsen- und Finanzkrisen; die USA überlegen deshalb derzeit, den Hochfrequenzhandel komplett zu verbieten. Kleinanleger und ihre Dienstleister wie Versicherungen oder Rentenfonds nehmen eher selten am Hochfrequenzhandel teil, sie kaufen auch kaum Derivate. Trotzdem warnt die FDP, die Kleinsparer müssten am Ende die Zeche – also die Steuer zahlen, - von ihrer kleinen Rendite. Ottes Einschätzung dazu: "Ich halte diese Panikmache bei Kleinanlegern durch Teile der Finanzbranche und auch durch Teilen der Politik wirklich für unerträglich. Da wird Panik geschürt. Ich hab es dem Bundestag selber vorgerechnet, dass der durchschnittliche Riesterrentner in 20 Jahren etwa 60 Euro Finanztransaktionssteuer zahlt."(...)


Börsenumsatzsteuer:


(...)Nur: den Kleinsparer, den sie doch eigentlich schützen wollen, haben Herr Rösler und Co dabei wohl übersehen. Denn genau den trifft diese Steuer ja, erklärt Schulmeister im Plusminus-Interview: "Der Vorschlag der Börsenumsatzsteuer nach englischem Vorbild ist einfach ein Gegenangriff gegen die Finanztransaktionssteuer und er geht insofern daneben, als genau jene, die man nicht belasten will, nämlich Pensionsfonds oder andere, die selten einen Aktientausch durchführen, also kaufen und verkaufen, voll belastet würden, während jene, die das schnelle Spekulationsspiel betreiben, überhaupt keine Steuern bezahlen müssten."(...)


Rückschau: http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,yoqcuc71zli24pyi~cm.asphttp://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,yoqcuc71zli24pyi~cm.asp





Weiß jemand, ob die Beiträge von PlusMinus im Internet als Videos archiviert werden?
 
Gestern bei PlusMinus waren zwei Beiträge zu den Themen "Handelsungleichgewicht als Auslöser der Krise" und zur Finanztransaktionssteuer. Diese komplizierten Themen wurden sehr anschaulich dargestellt und von verschiedenen Experten kommentiert.




In dem Beitrag zum Handel wurde sehr gut zusammengefasst, was hier schon öfters geschrieben wurde, dass die Exportpolitik Deutschlands die Krise erst herbeigeführt und weiter verschärft hat und dass die von Deutschland geforderte Sparpolitik eher zur Eskalation als zur Beruhigung führt. Ein runder und informativer Beitrag, obwohl Hans Werner Sinn zu Wort kam.


Hierbei gebe ich 2 Sachen zu bedenken:



1) Hätten Griechenland, Portugal keine oder viel weniger Schulden, so wäre die Krise in den Ländern gar nicht passiert.

2) Wenn die Löhne steigen, bedeutet das noch lange nicht, dass das ganze Geld investiert wird und ebenfalls nicht, dass das Geld überwiegend in Produkte aus Griechenland oder Portugal gesteckt wird.



Ich möchte damit nicht sagen, dass die Löhne in Deutschland nicht steigen sollen, ganz im Gegenteil, jetzt ist ein guter Moment, aber es ist mir zu einfach zu sagen, dass nur das Ungleichgewicht Schuld daran trägt. Vor allem wenn man bedenkt, was Deutschland exportiert und was einige andere Länder exportieren. Deutschland setzt zum großen Teil auf hochwertige Waren, die zum Teil auch in schlechten Zeiten benötigt werden (Maschienenbau), während andere Länder eher auf "weiche" Dinge setzen. Griechenland scheint vor allem Käse und Obst zu setzen. Die Qualität der Pillen kann ich jetzt nicht beurteilen, aber es sind eher Dinge, die man auch aus anderen Ländern bekommt (gerade bei einem Preisanstieg) oder auf die man mal eher verzichtet, wenn man gerade nicht so viel Geld zur Verfügung hat.



Trotzdem hoffe ich, dass sich irgendwann die Bilanzen angleichen. Allerdings sehe ich es da ähnlich wie Merkel, es nützt der EU gar nichts, wenn die "guten" Länder sich an die "schlechten" Länder angleichen.



Hier übrigens die Quelle bezüglich der Exporte von Griechenland: http://www.focus.de/finanzen/news/s...-was-exportieren-die-griechen_aid_505095.htmlhttp://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/tid-18135/staatsverschuldung-was-exportieren-die-griechen_aid_505095.html



Edit: Hier ist die Homepage von Plusminus inklusive Videos zu gestern. Ich hab die Sendung nicht gesehen, daher freue ich mich auf eine gute Diskussion
default_wink.png
: http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3516914?documentId=432744http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3516914?documentId=432744
 
@ weber



Deine Bedenken unter Punkt 2 sind natürlich nicht von der Hand zu weisen. Allerdings trifft der reale Lohnverlust vor allem die Menschen mit geringen und mittleren Einkommen, die entsprechend eine geringere Sparquote haben als die Besserverdienenden, sodass hier Lohnsteigerungen ziemlich sicher deutlich spürbar wären. Allerdings können die Unternehmen kaum gezwungen werden, die Löhne zu erhöhen - Mindestlöhne sind hier natürlich ein Ansatz, der künftig alternativlos sein wird.

(Quelle hierzu: FAZ)



Dein Punkt 1 beißt sich in den Schwanz. Wenn diese Ländern zur Zeit X keine Schulden hätten, so würden sie unter diesen Bedingungen nach Zeit X+1 welche haben. Deutschland handelt nunmal überwiegend innerhalb der Euro-Zone, wenn da massive Exportüberschüsse aufgebaut werden, müssen andere Euro-Länder zwangsläufig extreme Importüberschüsse haben. Das Lustige an dem System ist ja, dass deutsche Banken vor allem in Griechenland die Importe aus Deutschland gezahlt haben und nun der deutsche Staat die Ausfälle übernimmt; deutsche Industrie und deutsche Banken 1 - der deutsche Staat 0.



Zu Punkt 2:

Sicher ist dieser Punkt hier vereinfacht dargestellt, um die Verständlichkeit des Beitrages zu gewährleisten. Allerdings ist das für mich bei diesem Punkt absolut erlaubt, weil er das zentrale Element ist und die strukturelle Problematik darstellt. Dass gerade in Griechenland noch andere Faktoren krisenbegünstigend wirken, ist wohl unbestritten (Korruption, Steuerhinterziehung, schwache Industrie).



Es gibt in Deutschland genug Waren, die in Fabriken überall in der Euro-Zone hergestellt werden könnten. Allerdings ist es in Deutschland günstiger, weil hier die Löhne real gesunken sind, während die volkswirtschaftlich ärmeren Länder mit Beginn ihrer Mitgliedschaft hier kräftig zugelegt haben, um gleichzuziehen und dabei an Deutschland vorbeigeschossen sind.



Also muss man sich (pervers aber leider nötig) darauf verlassen, dass bei steigenden Löhnen in Deutschland die Unternehmen an die Standorte gehen, wo die Lohnstückkosten geringer sind.



Griechenland hat nach Euro-Eintritt die Gelegenheit genutzt, günstig an Geld zu kommen. Daraufhin haben sie die Binnenkonjunktur angeschmissen (mehr Menschen verbeamtet, Staatslöhne und Sozialleistungen erhöht), aber zu wenig in die Wirtschaft investiert. Daher haben die Menschen mit dem gestiegenen Einkommen blöderweise die günstigen Produkte vor allem aus Deutschland geholt.



Ich bleibe dabei: Wenn das volkswirtschaftlich größte Euro-Land einen Wirtschaftskrieg gegen die anderen Euro-Länder führt, dann ist das zum Scheitern verurteilt.



Es fehlt ein europaweiter "Länderfinanzausgleich" wie er in allen Währungsunionen üblich ist (die Bundesstaaten beim US-Dollar, die Bundesländer bei der DM, etc.) und es braucht eine einheitliche Fiskal- und Wirtschaftspolitik, die regulierend eingreift und verhindert, dass manche Länder ihre Bürger ausbeuten um den Unternehmen zu mehr Gewinn zu verhelfen und dadurch den anderen Ländern schadet (Schuldenmechanismus).



Das ist ja der Gag an der Sache - Deutschland zwingt mit seinem Verhalten die anderen Länder in eine Sparpolitik, wodurch die Löhne dort wieder gedrückt werden. Wenn diese Länder dann sparen und nicht mehr importieren als exportieren, gleichzeitig der deutsche Binnenmarkt wegen des Reallohnverlustes brach liegt - wer soll dann die produzierten Güter kaufen?! Da bleiben dann nur die Länder außerhalb der Währungszone, mit Wechselkursrisiken und allem drum und dran, außerdem konkurriert man dann mit Ländern wie Indien und China.



Mit der derzeitigen Krisenpolitik fahren wir in meinen Augen mächtig gegen die Wand - aber hauptsache die BLÖD jubelt, dass sich Deutschland außenpolitisch durchsetzt. Herzlichen Glückwunsch!
 
Das die Löhne steigen müssen, sehe ich absolut genauso. In den letzten Jahren wurde an dem Punkt genug gespart. In diesem Jahr ist ein guter Zuwachs angebracht. In Sachen Mindestlohn bin ich unentschlossen. Auf der einen Seite ist ein Anstieg an Beschäftigten, die mit ihrem kümmerlichen Lohn nicht leben können. Das ist untragbar. Auf der anderen Seite halte ich in manchen Gegenden und Branchen einen Mindestlohn für gefährlich. Ob ein Friseur in einem Dorf in finanzschwachen Gegenden damit überleben kann? Vor allem weil Preissteigerungen dann vor allem finanzschwache Leute betreffen. Ob ein Haarschnitt 10 Euro oder 16 Euro kostet ist jemandem egal, der genügend Geld hat. Daher in dem Punkt keine wirkliche Meinung. Ich sehe sowohl ohne als auch mit Mindestlöhne Risiken und Chancen.



Punkt 1: Hab mir gerade mal angeschaut, wie die Handelsbilanz von Griechenland aussieht. Wirklich übel. Hier hast du absolut recht. Selbst wenn das Land jetzt keinerlei Schulden hätte, so wären die Schulden in wenigen Jahren auf einem sehr hohen Stand. Hier bezweifle ich jedoch, dass allein das Steigen von Löhnen in Deutschland eine extrem positive Auswirkung hat. Griechenlands Export geht nur zu knapp 11% nach Deutschland (http://www.europa-auf-einen-blick.de/griechenland/export.phphttp://www.europa-auf-einen-blick.de/griechenland/export.php ). Leider sehe ich für Griechenland momentan nur 3 Möglichkeiten:

1) Gehälter runter, damit die Firmen in Griechenland wieder wettbewerbsfähig werden und Güter eher exportiert werden können

2) Neue Wirtschaftszweige aufbauen, z.B. in erneuerbare Energie

3) Massive Investitionen um somit Arbeitsplätze zu schaffen. Jedoch sollten die Lohnzuwächse in näherer Zukunft minimal sein



Eine Mischung aus allen 3 halte ich für das klügste. Punkt 1 ist in den letzten Monaten genug passiert, es wird nun Zeit, dass wir zu den anderen beiden Punkten gehen. Auch mit Unterstützung aus anderen Ländern und der EU!



Punkt 2: Es stimmt, dass Deutschland günstiger geworden ist in den letzten Jahren, zumindest relativ gesehen, aber wir sind im Vergleich zu anderen Länder der EU immer noch recht teuer. Hier die Daten vom statistischen Bundesamt für das Jahr 2010: http://www.destatis.de/jetspeed/por...04/PD11__143__624,templateId=renderPrint.psmlhttp://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2011/04/PD11__143__624,templateId=renderPrint.psml



Beim Zusammenschluss in Sachen Euro gab es auf wirtschaftlicher Ebene viele Fehler. Zum einen die billigen Kredite in vielen Ländern, die du angesprochen hast. Ohne dies wäre es nie zur Immobilienblase in Irland und Spanien gekommen. Zudem hat man sich zu sehr auf den Markt verlassen anstatt, zu schauen, dass die Länder sich insgesamt mehr angleichen.



In Sachen Länderfinanzausgleich bin ich noch(!) nicht ganz bei dir. Ich schätze aber, dass ich in 1-2 Monaten ebenfalls dafür plädieren werde
default_wink.png
 
Achja ... wollte ich noch verlinken ... für alle Bild-Leser, die die Akropolis fordern ...





Griechenland erließ Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg 50% der Schulden, was ein Teil der Grundlage des Wirtschaftswunders war.



Nach dem Zweiten Weltkrieg erließen 65 Staaten der Bundesrepublik einen Großteil der Schulden, unter ihnen auch Griechenland. Der Erlass machte das deutsche Wirtschaftswunder möglich.



...



(Und weil der Neoliberalismus damals noch nicht herrschte: )



Anders als im Fall Griechenlands wurde der Erlass nicht von der Umsetzung von Sparprogrammen abhängig gemacht, sondern sah wachstumsförderliche Maßnahmen vor. Mit ihnen wurde sichergestellt, dass Deutschland die Rückzahlung aus seinen Exporteinnahmen decken konnte und nicht – wie heute Athen – durch die Aufnahme neuer Schulden.



http://www.fr-online.de/schuldenkri...ttung-deutschlands-half,1471908,11569276.htmlhttp://www.fr-online.de/schuldenkrise/schuldenerlass-wie-griechenland-bei-der-rettung-deutschlands-half,1471908,11569276.html
 
Ich hätte ja nie, niemals gedacht, dass ich einmal George Soros uneingeschränkt zustimmen würde, aber...



Finanz-Guru Soros attackiert Merkels Krisenpolitik



George Soros hält überhaupt nichts vom Krisenmanagement der deutschen Kanzlerin. Sie zeige Führungsstärke, führe Europa aber in die falsche Richtung, sagte der Multimilliardär dem SPIEGEL. Statt Sparmaßnahmen bräuchten die klammen Länder Finanzspritzen. "Das versteht Angela Merkel einfach nicht."



http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,814732,00.htmlhttp://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,814732,00.html
 
Weil mich die Berichterstattung derzeit so ankotzt: Für alle diejenigen, die nicht verstehen, warum die faulen Griechen derzeit nicht nur ihre Städte, sondern auch Deutschlandfahnen anzünden, obwohl wir denen gerade Kohle ohne Ende in den Allerwertesten schieben, hier eine ganz kurze Erklärung.



In Griechenland herrscht derzeit eine nicht-gewählte Regierung. Diese nicht-gewählte Regierung hat ein Gesetz zur Abstimmung vorgelegt, was ihr Punkt für Punkt von der EU und vor allem von Frau Merkel so diktiert wurde (Frau Merkel wiederrum hat das Gesetz Punkt für Punkt von ihren selektiv intellektuell minderbegabten "Finanz-Experten" übernommen). Dieses Gesetz sieht unter anderem eine massive Senkung der gesetzlichen Mindestlöhne und gleichzeitige Senkung der Sozialausgaben vor. Wird dieses Gesetz angenommen, erhält Griechenland viel Geld (kein echtes Geld) zur Schuldentilgung, was also nie in Griechenland ankommt, sondern vor allem in die Länder und zu den Banken fließt, welche die größten Forderungen an Griechenland haben.



Dieses Gesetz von der nicht-demokratischen Regierung wurde nun verabschiedet. Auf Seiten der Konservativen und der Sozialisten gab es je rund 20 Nein-Sager (entweder haben die tatsächlich ihre Verantwortung ernst genommen, Schaden vom griechischen Volk abzuwenden oder sie spekulieren auf den Ausgang des sich ankündigenden Bürgerkrieges). Diese Nein-Sager wurden aus ihren Parteien ausgeschlossen. Klingt undemokratisch, ist aber von der großen politischen Philosophin Angela M. mit dem Namen "marktkonforme Demokratie" bedacht worden - und wo Demokratie drauf steht, muss sie schließlich auch drin sein...



In deutschen Medien werden die Proteste der Bevölkerung natürlich als "Randale von Chaoten" dargestellt und als vollkommen unverständlich. Vielmehr werden Bilder skizziert von faulen Griechen, wo Familien noch Rente ihrer verstorbenen Eltern/Großeltern kassieren. Sowas mag es geben, von mir aus auch nicht nur in Einzelfällen, sondern als systemisches Versagen der zuständigen Institutionen. Natürlich gibt es auch eine sogenannte "Elite" in dem Land und das meiste griechische Vermögen lagert auf Nummernkonten in der Schweiz und in Treuhandstiftungen in Liechtenstein. Es gibt mehr Griechen außerhalb Griechenlands als innerhalb - und das liegt wohl kaum am Wetter, sondern an den schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen. Die finanzielle Unterstützung der Exil-Griechen an ihre daheim gebliebenen Verwandten ist unerlässlich für deren Existenzsicherung (das hat Griechenland tatsächlich mit den meisten "Entwicklungsländern" gemeinsam).



Aber den meisten Menschen geht es genauso, wie den meisten Menschen in Deutschland. Sie haben Jobs (zunehmend nicht nur einen Vollzeitjob, sondern mehrere Teilzeitjobs) und versuchen mit ihren Löhnen über die Runden zu kommen. Das wird aber immer schwieriger, wenn die Löhne sinken und die soziale Unterstützung gleich mit. Arme, Kranke und Alte (die Menschen, auf die alles zutrifft, sollten sich am besten gleich in der Ägäis ertränken...) müssen von ihren Familien unterstützt werden, denen es häufig trotz mehrere Kleinjobs nicht mehr gelingt, am Monatsende noch für einigermaßen gedeckte Esstische zu sorgen.



Dies ist eine direkte Folge der Krisenpolitik von Angela Merkel, für die sie nicht nur von Linken und anderen Spinnern, sondern von gestandenen Finanzkapitalisten (siehe meinen letzten Post) scharf angegangen wird. Aber hauptsache, wir Deutschen jubeln, weil unser Wort in der EU endlich wieder Gewicht hat...



Nochmal zum Tod der Demokratie in ihrem "Geburtsland": Im letzten Frühling gingen in der arabischen Welt Hunderttausende auf die Straßen, um gegen ihr undemokratischen Regime und ihre schlechte soziale Lage zu protestieren. Das nannten unsere Medien "Demokratiebewegung". In Libyen, wo der Lebensstandard der Menschen deutlich höher war als in Ägypten, Tunesien, oder Syrien und wo die "Demokratiebewegung" unter der Flagge der letzten Monarchie und mit islamistischer Unterstützung kämpfte, leistete die westliche Welt sogar Militärhilfe.



Momentan sorgen wir jubelnd für eine massive Entdemokratisierung in Griechenland (weitere Länder werden wohl folgen) mit sozialer Schlechterstellung der breiten Masse der Bevölkerung, während die Menschen, die für mehr demokratische Mitbestimmung, gegen eine undemokratische und fremdbestimmte Regierung und um die bloße Sicherstellung ihrer Existenz auf die Straße gehen als fehlgeleitete Chaoten abgetan werden.
 
Oben