Sturzgefahr schnell ausräumen
RECHTS-TIPP: Vermieter kann Streupflicht bei Schnee und Glatteis delegieren - Kernzeit: 7 bis 20 Uhr
DÜSSELDORF (ftx). Wenn über Nacht der Winter kommt, dann freuen sich zwar die Kinder. Für Erwachsene bedeutet die weiße Pracht indes oft Stress. Vor allem um die Streupflicht an solchen Tagen gibt es oft einige Unklarheiten.
Wer muss überhaupt streuen und räumen?
Bei öffentlichen Gehwegen trägt zunächst die Gemeinde die sogenannte Verkehrssicherungspflicht . Die Gemeinden machen aber fast immer von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch, das auf Straßenanlieger abzuwälzen, also auf die Hauseigentümer. Die wiederum dürfen die Verkehrssicherungspflicht weiterreichen an einen Verwalter, Hausmeister oder Mieter. Ein Urteil dazu: Wenn der Hauseigentümer seine Räum- und Streupflicht ordnungsgemäß auf Mieter übertragen hat, muss er nach einem Glatteisunfall in der Regel nicht haften. Denn er kann davon ausgehen, dass die Mieter ihren vertraglich vereinbarten Pflichten nachkommen, entschied das Oberlandesgericht Dresden (Az: 7 U 905/96). Wer delegiert, muss aber die Hilfspersonen sorgfältig aussuchen und gelegentlich kontrollieren.
Ab welcher Uhrzeit beginnt die Streupflicht?
Dafür bieten die jeweiligen Gemeindesatzungen Anhaltspunkte. In der Regel ist eine Streupflicht für die Zeit zwischen 7 und 20 Uhr vorgesehen, also für die typische Zeit des Berufsverkehrs. Am Wochenende beginnt die Streupflicht meist ab 9 Uhr. Aber auch außerhalb dieser „Kernzeit" kann es bei besonderen Anlässen notwendig werden, noch einmal zusätzlich zum Besen zu greifen, etwa bei Veranstaltungen wie Karnevalsfeiern.
Ein Urteil eines Gerichts über den Zeitpunkt des Streuens: Stürzt ein Mieter morgens um 6.05 Uhr auf einer rutschigen Außentreppe, so kann der Vermieter dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden, entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen: 24 U 143/99). Zu dieser Zeit, außerhalb der „allgemeinen Verkehrsstunden", habe für den Vermieter noch keine Pflicht bestanden, die Treppe zu streuen.
Was und wie viel muss geräumt werden?
Alle Wege, die üblicherweise genutzt werden, müssen ohne Gefahren benutzbar sein. Neben dem Gehweg vor dem Haus sind daher ebenso Hauseingang oder etwa der Zugang zu Mülltonnen, Keller oder Garagen zu räumen. Die Gemeindesatzungen geben oft Auskunft darüber, wie viel des Weges begehbar sein muss. Faustregel: Ein Gehsteig sollte so geräumt sein, dass zwei Fußgänger aneinander vorbeikommen können. Dafür reichen meist 80 bis 120 Zentimeter, meinte zum Beispiel das OLG Bamberg (Az: 5 U 46/75).
Wie oft pro Tag muss geräumt werden?
Während der allgemeinen Verkehrszeiten müssen die Wege genau genommen ständig frei sein. Wenn aber wegen starken Schneefalls oder sich ständig erneuerndem Glatteis erkennbar ist, dass die Arbeit erfolglos bleibt, kann gewartet werden. So entschied unter anderem das Oberlandesgericht Schleswig in einem Fall mit Eisregen (Az.: 11 U 14/2000). Die Rechtssprechung dazu ist aber nicht einheitlich. So hatte ein Hamburger Vermieter bei gefrierenden Regen nichts getan, weil er Streumaßnahmen „von vorneherein aussichtslos und damit unzumutbar" hielt. Eine Mieter stürzte und verletzte sich schwer. Das Landgericht Hamburg verdonnerte den Vermieter zu Schadenersatz: Er hätte außergewöhnliche Anstrengungen zur Gefahrenbeseitigung zeigen müssen (Az: 309 S 234/97).
Was droht bei Versäumnissen?
Wer seine Verkehrssicherungspflicht missachtet hat, kann bei Verletzungen von Passanten nicht nur für Behandlungskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Es droht sogar ein Bußgeld, das keine Haftpflichtversicherung übernimmt.
Als Ausrede gilt übrigens nicht, dass man zum Beispiel gerade im Urlaub war. Wurde die Pflicht etwa per Mietvertrag übernommen, muss für eine Vertretung gesorgt werden (Oberlandesgericht Köln, Az: 26 U 44/94).
SCHAEFJ
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Ludwigshafener Rundschau
Ausgabe: Nr.3
Datum: Dienstag, den 05. Januar 2010
Seite: Nr.5
"Deep-Link"-Referenznummer: '5889918'
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