Lennart Grill sagt beim Abschied leise Servus
Abflugbereit: Lennart Grill setzt künftig in Leverkusen zu Paraden an. Foto: MORAY
Andreas Böhm
Nach vier Jahren auf dem Betzenberg bestreitet Lennart Grill vielleicht schon am Samstag gegen Viktoria Köln sein vorerst letztes Spiel für den Fußball-Drittligisten 1. FC Kaiserslautern. Der Schlussmann wirkt cool. Aber ist er das tatsächlich? Für seinen Nachfolger hat er nur Lob parat. Sein neuer Konkurrent vereint sportliche Klasse und Humor.
Nach außen hin, sagt Lennart Grill, könne er ganz gut verbergen, was sich in ihm abspiele. Doch jetzt, da der Umzug anstehe, werde „das Ganze langsam realer“. Ab dem 1. Juli ist der Torhüter offiziell Angestellter des Bundesligisten Bayer Leverkusen, tags zuvor endet der Vertrag beim 1. FC Kaiserslautern. Es ist zwar noch nicht abschließend geklärt, aber wahrscheinlich, dass Grill am Samstag (ab 14 Uhr) gegen Viktoria Köln sein vorerst letztes Spiel für die Roten Teufel absolviert; vorerst deshalb, weil man ja nie weiß, ob es in ein paar Jahren noch einmal einen gemeinsamen Weg geben kann.
Der FCK spielt weder gegen den Abstieg (nach der Niederlage des FSV Zwickau bei Preußen Münster sind selbst theoretische Restzweifel ausgeräumt) noch um den Aufstieg, es wäre wohl töricht, Grill in einem der drei letzten mehr oder weniger bedeutungslosen Spiele einem Verletzungsrisiko auszusetzen. „Die Vereine sind in Gesprächen, es ist noch keine Entscheidung gefallen“, sagte Grill am Donnerstagmorgen, „ich lasse es auf mich zukommen. Für mich persönlich wäre beides okay.“
Spielen oder nicht? „Beides okay“
Am 26. Januar 2019 bestritt Grill seine erste Drittliga-Partie. Der FCK schlug die SG Sonnenhof Großaspach 2:0. Tags zuvor war Grill 20 Jahre jung geworden. Es passte alles. „Das werde ich nie vergessen. Direkt nach dem Geburtstag, die Emotionen waren besonders, ein Heimsieg ohne Gegentor. Es war ein einmaliges Erlebnis.“ Von da an fuhr er mit dem Klub auf der Achterbahn der Emotionen. Er freue sich nach vier Jahren Betzenberg „auf neue Anreize“ und den nächsten Karriereabschnitt, sagt Grill, er sei für die Zeit beim FCK aber auch sehr dankbar; für die Fans, das Stadion, „die ersten Schritte“ seiner Laufbahn „mit einer Super-Mannschaft“.
Nun folgt für ihn ein „Riesen-Step“. Zu einem Verein, der möglicherweise auch in der kommenden Runde in der Champions League agiert. Die Werkself ist dabei abhängig vom aktuellen Tabellenvierten Borussia Mönchengladbach. Nur wenn die zwei Zähler besseren „Fohlen“ am letzten Spieltag gegen Hertha BSC verlieren und Bayer den 1. FSV Mainz 05 schlägt, springt Grill von einem Drittligisten direkt in die Königsklasse
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Hradecky ist bei Bayer die klare Nummer 1
So oder so wird er sich in Langmut üben müssen. Mit einem Notendurchschnitt von 2,74 listet das Fachmagazin „Kicker“ den Leverkusener Lukas Hradecky als besten Torwächter der gesamten Bundesliga, der Finne ist die uneingeschränkte Nummer eins. „Das mit der Geduld bekomme ich hin“, sagt Grill, er müsse eben hart arbeiten, sich zeigen und auf seine Chance warten. Manchmal könne es ja auch ganz schnell gehen. Hradecky selbst habe er noch nicht persönlich kennengelernt, „aber ich glaube, er ist ein geiler Typ“, sagt Grill. Ein lockerer Vogel auf jeden Fall, für einen Spruch stets zu haben. Nachdem er mit Eintracht Frankfurt 2018 den DFB-Pokal gewonnen hatte und zu Bayer gewechselt war, sagte er frech: „Mit mir ist jetzt jemand da, der weiß, wie man Titel gewinnt.“ Womöglich behält er recht. Am 4. Juli trifft Leverkusen im Cup-Endspiel auf den FC Bayern. Hradecky will Taten sprechen lassen.
Lob für Nachfolger Spahic
In Kaiserslautern kommt es durch Grills Weggang zwangsläufig zu einer Wachablösung zwischen den Pfosten. Grill ist überzeugt, dass der FCK keine Qualität einbüßen wird. Nachfolger Avdo Spahic hat nicht zuletzt am Dienstag dieser Woche beim 1:1 in Rostock restlos überzeugt. „Er hat ein überragendes Spiel gemacht“, urteilt Grill schwärmerisch, „das freut mich richtig für ihn. Es ist ja auch nicht einfach, mit so wenigen Einsätzen immer gleich da zu sein. Avdo macht das hier, da bin ich ganz sicher.“
Lennart Grill hat längst eine neue Wohnung gefunden. Er zieht nach Köln in die Umgebung der Deutschen Sporthochschule. Der Stadtwald ist nah, die Autobahn ebenso. In die BayArena sind es nur ein paar Minuten. „Für meine Ruhe ist das optimal“, sagt Grill. Er wirkt cool. Wie es tief in ihm tatsächlich aussieht, das wissen nur er und seine engsten Vertrauten.
Ein bisschen wird’s in der Magengrube schon grummeln. Die Zeit in Kaiserslautern, betont er, werde er „nie vergessen“. Ein letzter Gruß in die voll besetzte Westtribüne wäre ihm zu gönnen gewesen. So sagt er zum Abschied geräuschlos Servus. Vielleicht schon am Samstag.
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