Kaiserslauterns Vorstandschef René C. Jäggi fühlt sich in der Öffentlichkeit falsch dargestellt: "Ich stelle mich jetzt gerne als Schuldigen hin, weil das populistisch gut ankommt"
René C. Jäggi (ddp)
+ René C. Jäggi (ddp)
Frankfurter Rundschau: Herr Jäggi, als ob Sie nicht schon genügend Probleme hätten, gibt es jetzt auch noch erhebliche Schäden am Fritz-Walter-Stadion...
René C. Jäggi: Im Moment kann ich die Auswirkungen noch nicht im Detail feststellen. Der FCK hat eine voll funktionsfähige Tribüne bestellt und erwartet, dass die auch wieder voll funktionsfähig gemacht wird.
Ist dieses eines der letzten Interviews, die Sie in verantwortlicher Position beim 1. FC Kaiserslautern geben?
Das weiß ich nicht. Ich kann Ihnen nämlich nicht genau sagen, was auf unserer wegen des auf den 14. Dezember verschobenen Spiels nun ebenfalls auf einen noch nicht feststehenden Termin verschobenen Mitgliederversammlung passieren wird. Der Verein muss sich jetzt freischwimmen. Es müssen jetzt alle raus auf den Dorfplatz, ihre Vita vorlesen und sich stellen.
Sie haben sich vor zwei Jahren bereits mit dem Gedanken getragen, im Sommer 2004 ihre Tätigkeit als Sanierer des 1. FC Kaiserslautern zu beenden. Damals haben die Mitglieder mit den Füßen für Sie abgestimmt und Sie sind geblieben. Könnten die Mitglieder das jetzt wieder hinkriegen?
Die sportliche Situation wird das gute Geschäftsjahr, das wir mit einem Gewinn von 2,1 Millionen Euro vor Steuern abgeschlossen haben, überschatten. Tatsächlich aber hat das Team in der vergangenen Saison ein Riesenjahr hingelegt. Wir haben 43 Punkte gemacht mit einer sehr, sehr billigen Mannschaft. Wir sind mit den Amateuren in die Regionalliga aufgestiegen, wir haben acht Jugend-Nationalspieler hervorgebracht, es sind Gespräche mit Investoren geführt worden. Wir können alle stolz sein auf das vergangene Geschäftsjahr. Aber die Bilanz zum Stichtag ist jetzt leider ernüchternd, weil wir auf dem letzten Tabellenplatz stehen.
Sie rechnen jetzt also damit, dass Sie ausgebuht werden?
Ich habe das Training ja nun nicht geleitet. Das wäre dann doch des Guten zu viel, mir auch noch dafür die Verantwortung zu geben. Es wird sicherlich eine hektische Versammlung werden. Aber ich gehe davon aus, dass bei allem Unmut doch die Zukunft des Vereins im Zentrum steht. Die Ausgliederung der Profiabteilung und Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft ist dabei essenziell, damit wir Investoren für den Klub begeistern können.
Sie haben unter anderem mit SAP-Boss Dietmar Hopp gesprochen und sich einen Korb geholt. Hopp will jetzt im Raum Heidelberg einen Bundesligisten aus der Retorte heben. Berührt das den 1. FC Kaiserslautern?
Wir hatten ein sehr gutes Gespräch. Aber er hat mir glaubhaft erklärt, dass er aus seiner Sicht Projekte verfolgt, die höhere Priorität haben, als hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen Geld zu investieren. Das musste ich leider zur Kenntnis nehmen. Das ist eine riesige Gefahr.
Obwohl hinter diesem neuen Verein kein Stück Tradition steckt?
Es ist dennoch brutal gefährlich für das gesamte Fußball-Hinterland. Brutal gefährlich für Mainz, für uns und für Waldhof Mannheim sowieso. Die unheimliche Kraft und strategische Planung, die dahinter steckt, die macht mir Sorgen. Denn die Leute werden da hin gehen, wo Unterhaltung geboten wird. Zudem gehört Herr Hopp zu den Menschen, die Dinge, die sie sich vornehmen, auch umsetzen.
Die Tradition, wie sie der 1. FCK bieten kann, braucht man gar nicht mehr?
Ganz genau. Tradition kann auch Bürde sein. Wir sind doch heute alle derart konsumorientiert, dass wir in unserer Freizeit das Geld ganz bestimmt nicht automatisch dahin ausgeben, wo es unsere Eltern ausgegeben haben. Das ist fast schon ein Argument für die 16-, 17-Jährigen, da dann gerade nicht hinzugehen.
Warum haben Sie bislang in zwölfmonatiger Suche keinen Investor gefunden, der frisches Geld in den Klub pumpt?
Vorweg: Einen Abramowitsch II suchen wir nicht. So einen kann man hier nicht präsentieren. Und: Ein Investor schaut sich natürlich die Zahlen sehr genau an. Wir haben jetzt erstmals eine testierte Bilanz mit einem soliden Überschuss präsentieren können. Jetzt müssen wir beweisen, dass das keine Eintagsfliege war.
Aber Herr Jäggi, dann sind Sie ja erst auf halbem Weg mit Ihrer Arbeit.
Noch nicht mal. Ich habe gerade mal den Fuß ins Wasser gesteckt. Ich bin eigentlich noch ganz am Anfang. Aber es geht nicht, wenn man permanent von außen unter Druck gerät. So können Sie nicht arbeiten.
Sind potenzielle Investoren also auch abgeschreckt worden?
Ein Investor muss sich natürlich fragen, warum er in ein Umfeld investieren sollte, wo sich links und rechts geprügelt wird. Außerdem investieren solche Partner in der Regel nicht nur in eine Stadt und ein Stadion, sondern auch in die handelnden Personen. Mal brutal gesagt: Vielleicht ist jemand eher bereit, in den 1. FCK zu investieren, wenn hier Mario Basler der Chef ist.
Sie hatten Basler aufgefordert, nicht nur in den Medien zu reden, sondern sich zu stellen und Verantwortung zu übernehmen. Ist er inzwischen gekommen?
Nein, der kommt auch nicht. Basler ist ferngesteuert. Wie so ein Aufzieh-Autochen.
Ferngesteuert von seinem Schwager Roger Wittmann, der mit seiner Agentur Rogon früher gute Geschäfte mit dem 1.FCK gemacht hat?
Schauen Sie: Es gibt da Leute, die sehen das so: Der Boxer ist angeschlagen, gehen wir also in die zwölfte Runde und hauen noch mal zu: Dann wird er schon fallen.
Konkret: Welchen Verdacht hegen Sie gegen Wittmann?
Persönlich keinen. Mit viel Phantasie kann man sich jedoch vorstellen, dass es ihm und einigen anderen eine Riesenfreude gemacht hätte, wenn ich hier mit Schimpf und Schande weggejagt worden wäre.
Warum gibt es beim 1.FCK so viele Spieler, die in Ihrer Amtszeit im Groll geschieden sind? Hengen, Malz, Anfang, Freund, Teber, Grammozis, zuletzt Sforza.
Die sind nicht wegen mir gegangen. Es gab jeweils Konflikte mit den verantwortlichen Trainern, egal, ob Gerets oder Jara oder zuletzt Henke. Ich habe jeweils zum Schutz der Trainer gehandelt. Handeln müssen. Mir wäre doch am allerliebsten gewesen, wenn es diese Konflikte nicht gegeben hätte.
Aber warum passiert das beim 1. FC Kaiserslautern so oft?
Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Beim FC Basel ist in sechs Jahren kein einziger Spieler im Streit gegangen, als ich da war.
Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätte Ciriaco Sforza also unter dem neuen Trainer Wolfgang Wolf sogar wieder einsteigen können, zumal er ja noch bis Ende der Saison Gehalt bezieht?
In einer Krisensituation müssen alle an den Tisch, die ehrlich helfen können und auch wollen. Aber Wolf hat klar gesagt, die Akte bleibe zu. Henke wollte Sforza im Juli schon nicht mehr haben. Ich habe zu Henke gesagt: Gib ihm eine Chance, bevor du hier gleich am Anfang eine Ikone des 1. FCK köpfst. Im Oktober wollte dann Sforza Henke nicht mehr. Er hat mir das direkt auf den Kopf zu gesagt. Ich habe beide an einen Tisch geholt, weil ich mir einen Kompromiss erhoffte. Da hatte ich mich leider getäuscht.
Solche Erlebnisse, dazu die ständige Abstiegsgefahr, insgesamt vier Trainer, seit Sie da sind. Wo blieb neben der notwendigen Sanierung die strategische Arbeit?
Schauen Sie: Wir haben draußen vor den Toren der Stadt unser Trainingsgelände, den Fröhnerhof. Dort kann man sich noch nicht einmal umziehen und ordentlich duschen. Die Mannschaft muss zweimal am Tag mit dem Bus dorthin zum Training fahren und mit nassen Klamotten wieder zurück. Allein das ist im Grunde ein Ding der Unmöglichkeit. Doch dort die nötige Infrastruktur zu schaffen, kostet zwei Millionen Euro allein für das Gebäude ohne Grundstücke.
René C. Jäggi (ddp)
+ René C. Jäggi (ddp)
Frankfurter Rundschau: Herr Jäggi, als ob Sie nicht schon genügend Probleme hätten, gibt es jetzt auch noch erhebliche Schäden am Fritz-Walter-Stadion...
René C. Jäggi: Im Moment kann ich die Auswirkungen noch nicht im Detail feststellen. Der FCK hat eine voll funktionsfähige Tribüne bestellt und erwartet, dass die auch wieder voll funktionsfähig gemacht wird.
Ist dieses eines der letzten Interviews, die Sie in verantwortlicher Position beim 1. FC Kaiserslautern geben?
Das weiß ich nicht. Ich kann Ihnen nämlich nicht genau sagen, was auf unserer wegen des auf den 14. Dezember verschobenen Spiels nun ebenfalls auf einen noch nicht feststehenden Termin verschobenen Mitgliederversammlung passieren wird. Der Verein muss sich jetzt freischwimmen. Es müssen jetzt alle raus auf den Dorfplatz, ihre Vita vorlesen und sich stellen.
Sie haben sich vor zwei Jahren bereits mit dem Gedanken getragen, im Sommer 2004 ihre Tätigkeit als Sanierer des 1. FC Kaiserslautern zu beenden. Damals haben die Mitglieder mit den Füßen für Sie abgestimmt und Sie sind geblieben. Könnten die Mitglieder das jetzt wieder hinkriegen?
Die sportliche Situation wird das gute Geschäftsjahr, das wir mit einem Gewinn von 2,1 Millionen Euro vor Steuern abgeschlossen haben, überschatten. Tatsächlich aber hat das Team in der vergangenen Saison ein Riesenjahr hingelegt. Wir haben 43 Punkte gemacht mit einer sehr, sehr billigen Mannschaft. Wir sind mit den Amateuren in die Regionalliga aufgestiegen, wir haben acht Jugend-Nationalspieler hervorgebracht, es sind Gespräche mit Investoren geführt worden. Wir können alle stolz sein auf das vergangene Geschäftsjahr. Aber die Bilanz zum Stichtag ist jetzt leider ernüchternd, weil wir auf dem letzten Tabellenplatz stehen.
Sie rechnen jetzt also damit, dass Sie ausgebuht werden?
Ich habe das Training ja nun nicht geleitet. Das wäre dann doch des Guten zu viel, mir auch noch dafür die Verantwortung zu geben. Es wird sicherlich eine hektische Versammlung werden. Aber ich gehe davon aus, dass bei allem Unmut doch die Zukunft des Vereins im Zentrum steht. Die Ausgliederung der Profiabteilung und Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft ist dabei essenziell, damit wir Investoren für den Klub begeistern können.
Sie haben unter anderem mit SAP-Boss Dietmar Hopp gesprochen und sich einen Korb geholt. Hopp will jetzt im Raum Heidelberg einen Bundesligisten aus der Retorte heben. Berührt das den 1. FC Kaiserslautern?
Wir hatten ein sehr gutes Gespräch. Aber er hat mir glaubhaft erklärt, dass er aus seiner Sicht Projekte verfolgt, die höhere Priorität haben, als hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen Geld zu investieren. Das musste ich leider zur Kenntnis nehmen. Das ist eine riesige Gefahr.
Obwohl hinter diesem neuen Verein kein Stück Tradition steckt?
Es ist dennoch brutal gefährlich für das gesamte Fußball-Hinterland. Brutal gefährlich für Mainz, für uns und für Waldhof Mannheim sowieso. Die unheimliche Kraft und strategische Planung, die dahinter steckt, die macht mir Sorgen. Denn die Leute werden da hin gehen, wo Unterhaltung geboten wird. Zudem gehört Herr Hopp zu den Menschen, die Dinge, die sie sich vornehmen, auch umsetzen.
Die Tradition, wie sie der 1. FCK bieten kann, braucht man gar nicht mehr?
Ganz genau. Tradition kann auch Bürde sein. Wir sind doch heute alle derart konsumorientiert, dass wir in unserer Freizeit das Geld ganz bestimmt nicht automatisch dahin ausgeben, wo es unsere Eltern ausgegeben haben. Das ist fast schon ein Argument für die 16-, 17-Jährigen, da dann gerade nicht hinzugehen.
Warum haben Sie bislang in zwölfmonatiger Suche keinen Investor gefunden, der frisches Geld in den Klub pumpt?
Vorweg: Einen Abramowitsch II suchen wir nicht. So einen kann man hier nicht präsentieren. Und: Ein Investor schaut sich natürlich die Zahlen sehr genau an. Wir haben jetzt erstmals eine testierte Bilanz mit einem soliden Überschuss präsentieren können. Jetzt müssen wir beweisen, dass das keine Eintagsfliege war.
Aber Herr Jäggi, dann sind Sie ja erst auf halbem Weg mit Ihrer Arbeit.
Noch nicht mal. Ich habe gerade mal den Fuß ins Wasser gesteckt. Ich bin eigentlich noch ganz am Anfang. Aber es geht nicht, wenn man permanent von außen unter Druck gerät. So können Sie nicht arbeiten.
Sind potenzielle Investoren also auch abgeschreckt worden?
Ein Investor muss sich natürlich fragen, warum er in ein Umfeld investieren sollte, wo sich links und rechts geprügelt wird. Außerdem investieren solche Partner in der Regel nicht nur in eine Stadt und ein Stadion, sondern auch in die handelnden Personen. Mal brutal gesagt: Vielleicht ist jemand eher bereit, in den 1. FCK zu investieren, wenn hier Mario Basler der Chef ist.
Sie hatten Basler aufgefordert, nicht nur in den Medien zu reden, sondern sich zu stellen und Verantwortung zu übernehmen. Ist er inzwischen gekommen?
Nein, der kommt auch nicht. Basler ist ferngesteuert. Wie so ein Aufzieh-Autochen.
Ferngesteuert von seinem Schwager Roger Wittmann, der mit seiner Agentur Rogon früher gute Geschäfte mit dem 1.FCK gemacht hat?
Schauen Sie: Es gibt da Leute, die sehen das so: Der Boxer ist angeschlagen, gehen wir also in die zwölfte Runde und hauen noch mal zu: Dann wird er schon fallen.
Konkret: Welchen Verdacht hegen Sie gegen Wittmann?
Persönlich keinen. Mit viel Phantasie kann man sich jedoch vorstellen, dass es ihm und einigen anderen eine Riesenfreude gemacht hätte, wenn ich hier mit Schimpf und Schande weggejagt worden wäre.
Warum gibt es beim 1.FCK so viele Spieler, die in Ihrer Amtszeit im Groll geschieden sind? Hengen, Malz, Anfang, Freund, Teber, Grammozis, zuletzt Sforza.
Die sind nicht wegen mir gegangen. Es gab jeweils Konflikte mit den verantwortlichen Trainern, egal, ob Gerets oder Jara oder zuletzt Henke. Ich habe jeweils zum Schutz der Trainer gehandelt. Handeln müssen. Mir wäre doch am allerliebsten gewesen, wenn es diese Konflikte nicht gegeben hätte.
Aber warum passiert das beim 1. FC Kaiserslautern so oft?
Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Beim FC Basel ist in sechs Jahren kein einziger Spieler im Streit gegangen, als ich da war.
Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätte Ciriaco Sforza also unter dem neuen Trainer Wolfgang Wolf sogar wieder einsteigen können, zumal er ja noch bis Ende der Saison Gehalt bezieht?
In einer Krisensituation müssen alle an den Tisch, die ehrlich helfen können und auch wollen. Aber Wolf hat klar gesagt, die Akte bleibe zu. Henke wollte Sforza im Juli schon nicht mehr haben. Ich habe zu Henke gesagt: Gib ihm eine Chance, bevor du hier gleich am Anfang eine Ikone des 1. FCK köpfst. Im Oktober wollte dann Sforza Henke nicht mehr. Er hat mir das direkt auf den Kopf zu gesagt. Ich habe beide an einen Tisch geholt, weil ich mir einen Kompromiss erhoffte. Da hatte ich mich leider getäuscht.
Solche Erlebnisse, dazu die ständige Abstiegsgefahr, insgesamt vier Trainer, seit Sie da sind. Wo blieb neben der notwendigen Sanierung die strategische Arbeit?
Schauen Sie: Wir haben draußen vor den Toren der Stadt unser Trainingsgelände, den Fröhnerhof. Dort kann man sich noch nicht einmal umziehen und ordentlich duschen. Die Mannschaft muss zweimal am Tag mit dem Bus dorthin zum Training fahren und mit nassen Klamotten wieder zurück. Allein das ist im Grunde ein Ding der Unmöglichkeit. Doch dort die nötige Infrastruktur zu schaffen, kostet zwei Millionen Euro allein für das Gebäude ohne Grundstücke.