Vierzeiler für die Nigeria-Connection

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Vierzeiler für die Nigeria-Connection



Von Christian Stöcker



Die sogenannte Nigeria-Connection lässt nicht locker, die Flut von Betrugsmails reißt nicht ab - sogar bei eBay und Amazon versuchen die Trickbetrüger inzwischen ihr Glück. SPIEGEL ONLINE fordert auf zum kreativen Widerstand: Wir suchen die besten Nigeria-Vierzeiler.



Auf den ersten Blick ist es eine postkolonialistische Umkehrung der Verhältnisse, die global-digitale Rache für all die faulen Deals mit Glasperlen gegen Rohstoffe von damals. Die Herren Arif Shaikh, Abdulahi Umer und wie sie alle heißen, haben das stets dringende Anliegen, den Spieß umzudrehen und mit literarischen Anstrengungen mal die Blauäugigen im reichen Norden auszunehmen. Mit oft nahezu lyrisch unbeholfenen, inzwischen sogar preisgekrönten E-Mails an Unbekannt, in denen von tragischen Todesfällen und märchenhaften Schätzen berichtet wird, bislang meist auf Englisch, inzwischen zunehmend auch auf Deutsch.



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Viele Dollars: Gibt es garantiert NICHT für das Beantworten von Scam-Mails



nter dem Namen "Nigeria-Connection" oder "419 Scam" (nach dem Betrugsparagraphen im nigerianischen Strafgesetzbuch) werden die nicht abreißen wollenden Bemühungen zusammengefasst, Arglosen das Geld aus der Tasche zu ziehen, indem man an ihre Gier appelliert. Die Herren Umer, Audu und Okoro haben immer irgendwo einen Haufen Geld herumliegen, den Sie schnell aufs Konto eines E-Mail-Empfängers in einem anderen (reicheren) Teil der Welt transferieren wollen, um es vor dem Geheimdienst/der neuen Staatsgewalt/üblen Erbschleichern in Sicherheit zu bringen.



Ein paar Prozent von den Abermillionen sollen dabei für den willigen Konto-Bereitsteller abfallen. Der natürlich nie einen Cent sieht, sondern, wenn er auf die Tricks der Spießumdreher hereinfällt, erstmal zahlen soll - Verwaltungsgebühren, vorgestreckte Anwaltshonorare oder was auch immer. Am Ende ist immer der Zahler der Dumme, ausnahmslos. Manche haben Hunderttausende in die falsche Hoffnung auf schnellen Reichtum investiert, sogar Tote hat es schon gegeben, wenn doch einmal Betrüger auf Betrogenen traf. Es handelt sich hier, bei aller scheinbaren Unbeholfenheit, um organisierte Kriminalität.



Anfangs Betrug per Schneckenpost



Die Praxis des konzertierten E-Mail-Betrugs hat sich in Teilen Afrikas, inzwischen aber auch anderswo in der Welt, zu einem kleinen Industriezweig entwickelt. Es gibt Netz-Betrug-Büros mit mehreren Angestellten, und Kreativabteilungen, die neue Anschreiben entwickeln. Inzwischen werden auch andere Varianten ausprobiert, etwa mit Käufen über eBay oder den Amazon-Marktplatz, bei denen der Verkäufer aufgefordert, wird, die Ware nach Nigeria zu schicken, und dann vergeblich auf sein Geld wartet. Die massenhaften Betrugsversuche sind immer noch lukrativ, sonst müssten sie langsam aufhören. Die Masche existiert schon seit den Achtzigern - damals wurde aber nur per Schneckenpost betrogen.



An sich, so scheint es, ist mit solcher Korrespondenz mit dem schwarzen Kontinent also nichts gewonnen - das Bundeskriminalamt etwa rät, völlig zu Recht, "Nie antworten! Wegwerfen!". Andererseits hat sich das trotzdem-Antworten längst zu einer Art globalem Sport entwickelt.

"Scambaiter" (etwa "Betrüger-Köderer") treiben die literarisch veranlagten Herren aus dem fernen Süden mit neuerlichem Spieß Umdrehen zu Höchstleistungen, was das Basteln immer neuer Identifikationsdokumente angeht.



"Meine Augen sind nicht mehr die besten"



Sie loten die Grenzen der Bereitschaft zur Selbst-Demütigung aus ("schicken Sie mir ein Bild, in dem Sie einen Laib Brot auf dem Kopf haben") oder probieren einfach mal, ob man den neuen Brieffreund nicht doch vom permanenten Festhalten der Shift-Taste abhalten kann ("Schreiben Sie um Gottes willen nicht alles in GROßBUCHSTABEN! Meine Augen sind nicht die Besten").



Das mag unterhaltsame Ergebnisse liefern, ist aber auch sehr zeitaufwendig. Wir möchten deshalb ein neues Format der Scam-Spam-Beantwortung aus der Taufe heben - den Nigeria-Vierzeiler. Unser Aufruf an die SPIEGEL-ONLINE-Leser: Tun Sie mal so, als ob sie von netzwelt@spiegel.de eine E-Mail mit der Betreffzeile "URGENT PROPOSAL" (oder so ähnlich) bekommen hätten, und schreiben Sie uns zurück.



Schicken Sie uns Ihre vierzeilige Antwort für die Geldverschenker da draußen - wir leiten sie dann weiter. Und falls Sie der Versuchung nicht widerstehen können, doch selbst zu antworten: Öffnen Sie KEINE Spam-Mails ohne topaktuellen Virenschutz auf dem Rechner, geben Sie NIEMALS persönliche Daten heraus, auch nicht Ihren wirklichen Namen, benutzen Sie NICHT Ihre eigene E-Mail-Adresse sondern richten Sie zu diesem Zweck einen Wegwerf-Account bei einem kostenlosen E-Mail-Anbieter ein - sonst wird Ihr Posteingang seines Lebens nicht mehr froh. Und ganz generell: Verschicken Sie KEINE Waren an Internet-Käufer, bevor sie das Geld dafür bekommen haben.



Wir sind gespannt auf Ihre Einsendungen, Betreff "Nigeria-Vierzeiler". Gereimte Einsendungen werden mit besonderem Wohlwollen betrachtet.
 
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