Hamburg - In der islamischen Welt wächst der Sturm der Entrüstung über die Papst-Worte zum Verhältnis von Religion und Gewalt. Die islamischer Konferenzorganisation OIC, der 57 muslimisch geprägte Staaten angehören, warf dem Oberhaupt der katholischen Kirche eine "Verleumdungskampagne" gegen den Islam und den Propheten Mohammed vor. In verschiedenen Ländern sprachen Religionsvertreter am Freitag von Beleidigung und Gotteslästerung und forderten eine Entschuldigung Benedikts XVI. In Ägypten wurde zu Protestkundgebungen aufgerufen. In Gaza wurde ein Sprengstoffanschlag auf eine christliche Kirche verübt. Die örtliche Polizei sprach von einem Zusammenhang mit den Papstäußerungen. Der Papst hatte während seines Deutschlandbesuchs die gewaltsame Glaubensausbreitung verurteilt und dabei indirekt auch den Propheten Mohammed kritisiert.
Die Welle der Empörung folgt neun Monate nach dem Beginn gewaltsamer Proteste wegen der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Tageszeitung. Die OIC kritisierte auf einer Tagung im saudi-arabischen Dschidda, der Papst habe Mohammed als "böse und unmenschlich" dargestellt. In einer Erklärung heißt es: "Die OIC hofft, dass diese Kampagne nicht der Prolog für eine neue Politik des Vatikans gegenüber dem Islam ist, besonders nach den vielen Jahrzehnten des Dialoges, der die Kleriker des Vatikans und die führenden Denker und Religionsgelehrten der Muslime einander näher gebracht hat." Die OIC habe sich ihrerseits immer zurückgehalten und sich nie auf eine Polemik über die Kreuzzüge und Religionskriege der katholischen Kirche und die Verfolgung von Muslimen während der Inquisition eingelassen, betonten die Vertreter der Mitgliedstaaten.
Die ägyptische islamische Arbeitspartei attackierte den Papst und rief zu Protesten auf. Die Partei erklärte: "Wacht auf Muslime, der Papst beleidigt den Propheten und bezeichnet den Islam in seiner Ahnungslosigkeit als möglichen Feind." Die radikale ägyptische Moslembruderschaft verlangte eine Entschuldigung. "Die Erklärung des Papstes ist ein Spiegelbild vom weitgehend verzerrten Bild des Islams im Westen", heißt es in einer Erklärung. Benedikt XVI. gieße "Öl aufs Feuer". Ein iranischer Kleriker und Mitglied des höchsten islamischen Gremiums des Landes bezeichnete die Papst-Äußerungen als "unerhört". "Es ist wirklich bedauerlich, dass der Papst nicht ausreichend über den Islam informiert ist und sich derart unerhört dazu äußert," sagte Ahmad Chatami während des Freitagsgebets in Teheran.
Das pakistanische Parlament verabschiedete einstimmig eine Resolution, in der es heißt, die Äußerungen Benedikts verletzten die Gefühle der Muslime, erzeugten eine Kluft zwischen den Religionen und stellten einen Verstoß gegen die UN-Menschenrechtskonvention dar. Die Parlamentarier forderten eine Zurücknahme der Worte. Muslimische Gelehrte in Indien kritisierten die Äußerungen des Papstes als "unverantwortlich" und "blasphemisch". Im mehrheitlich muslimischen indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir beschlagnahmten Polizisten vorsorglich Tageszeitungen, in denen über die Äußerungen berichtet wurde, um Unruhen zu verhindern. Dennoch kam es zu Protestdemonstrationen.
Der Großmufti in Syrien forderte Benedikt auf, seine kritischen Äußerungen zum Islam zu klären. Auch die britischen Muslime drangen auf eine Klarstellung. Der Muslim Council of Britain (MCB) - die Dachorganisation der rund 250 muslimischen Gruppen in Großbritannien - erklärte: "Von einem religiösen Führer wie dem Papst hätte man erwarten können, dass er mit Verantwortungsbewusstsein handelt und spricht und im Interesse von Wahrheit und Harmonie zwischen den Anhängern des Islams und des Katholizismus die Ansichten des byzantinischen Kaisers zurückweist."
Der Präsident des französischen Muslim-Dachverbandes CFCM, Dalil Boubakeur, verlangte ebenfalls "eine Klarstellung". Man dürfe den Islam, eine Offenbarungsreligion, nicht mit dem Islamismus verwechseln, der keine Religion ist, sondern politische Ideologie, sagte Boubakeur. "Wir glauben an den selben Gott, den Gott des Friedens, der Liebe und der Gnade", betonte Boubakeur. Der Islam sei vor allem Toleranz und Brüderlichkeit.
Der Papst hatte sich in Regensburg gegen den Heiligen Krieg ausgesprochen. Er berief sich auf ein über 600 Jahre altes Zitat eines byzantinischen Kaisers, in dem es heißt, Mohammed habe nur Schlechtes und Inhumanes gebracht, weil er den Glauben mit dem Schwert verbreiten lassen wollte. Vatikansprecher Federico Lombardi wies die Kritik aus der islamischen Welt zurück. Er sagte, dem Papst sei es um eine "klare und radikale Zurückweisung einer religiösen Motivation von Gewalt" gegangen. Der Papst habe die "Sensibilität islamischer Gläubiger" nicht verletzen wollen.
(dpa)
Quelle: http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1158241761326.shtmlhttp://www.rundschau-online.de/html/artikel/1158241761326.shtml
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Der Präsident des französischen Muslim-Dachverbandes CFCM, Dalil Boubakeur, verlangte ebenfalls "eine Klarstellung". Man dürfe den Islam, eine Offenbarungsreligion, nicht mit dem Islamismus verwechseln, der keine Religion ist, sondern politische Ideologie, sagte Boubakeur. "Wir glauben an den selben Gott, den Gott des Friedens, der Liebe und der Gnade", betonte Boubakeur. Der Islam sei vor allem Toleranz und Brüderlichkeit.
Der Papst hatte sich in Regensburg gegen den Heiligen Krieg ausgesprochen. Er berief sich auf ein über 600 Jahre altes Zitat eines byzantinischen Kaisers, in dem es heißt, Mohammed habe nur Schlechtes und Inhumanes gebracht, weil er den Glauben mit dem Schwert verbreiten lassen wollte. Vatikansprecher Federico Lombardi wies die Kritik aus der islamischen Welt zurück. Er sagte, dem Papst sei es um eine "klare und radikale Zurückweisung einer religiösen Motivation von Gewalt" gegangen. Der Papst habe die "Sensibilität islamischer Gläubiger" nicht verletzen wollen.
(dpa)
Quelle: http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1158241761326.shtmlhttp://www.rundschau-online.de/html/artikel/1158241761326.shtml
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