Hilflos im Libanon

Jonny

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Siniora bricht bei arabischem Krisengipfel in Tränen aus



Der israelische Angriff auf den libanesischen Grenzort Hula hat weniger Opfer gefordert als befürchtet. Mehr als 50 Menschen wurden lebend in einem Versteck gefunden. Derweil zeigte sich Libanons Ministerpräsident Siniora verzweifelt: Bei einem Treffen mit arabischen Außenministern brach er in Tränen aus.



Beirut/Tel Aviv - Die korrigierte Opferzahl teilte der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora heute Nachmittag auf einer Pressekonferenz mit. Wenige Stunde zuvor hatte er in einer Rede vor Außenministern der Arabischen Liga noch von mehr als 40 Toten gesprochen. Er habe sich dabei auf Informationen berufen, die er erhalten habe, sagte Siniora. Nähere Einzelheiten nannte er nicht. Fernsehsender berichten, etwa 40 Menschen seien in Hula unter den Trümmern eingestürzter Häuser begraben worden. Die israelischen Streitkräfte erklärten, sie prüften die Vorfälle. In Hula lieferten sich Hisbollah-Kämpfer und israelische Bodentruppen in den vergangenen Tagen immer wieder heftige Gefechte.



Beim bisher schlimmsten Bombardement waren am 30. Juli mindestens 28 Zivilisten getötet worden. Zwei Tage lang war allerdings von libanesischen Stellen eine Opferzahl von 56 verbreitet worden.



Fuad Siniora war vor den Augen der arabischen Außenminister wegen der verheerenden Kriegsfolgen für sein Land in Tränen ausgebrochen. "Der Libanon darf nicht länger ein Schlachtfeld für die Kämpfe anderer sein, wie auch immer die Rechtfertigungen lauten", sagte Siniora vor den Ministern, die am Morgen in die libanesische Hauptstadt gekommen waren.



Siniora forderte die arabischen Staaten auf, sie müssten behilflich sein, um eine "sofortige und bedingungslose Feuerpause" zu erreichen. Die Minister spendeten dem libanesischen Regierungschef Beifall. Auf der Tagesordnung stand auch die Beratung über ein Gipfeltreffen der arabischen Staaten, das möglicherweise noch in dieser Woche in Mekka stattfinden soll.



Unterdessen warnt das israelische Militär die Bevölkerung im Südlibanon davor, ihre Häuser am Abend zu verlassen. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge betrifft diese Warnung einen 20 Kilometer breiten Streifen nördlich der israelisch-libanesischen Grenze. Jeder, der unterwegs sei, begebe sich in ein großes Risiko, meldet die Agentur unter Berufung auf eine israelische Militärquelle. So könne jeder aufgespürt werden, der eine Rakete abfeuern wolle.



Am heutigen 27. Tag des Libanonkonflikts gab es intensive Kämpfe. Bei israelischen Luftangriffen starben schon am frühen Morgen mindestens 14 Zivilisten. Nach Behördenangaben bombardierte die Luftwaffe vor allem Ziele nahe der südlichen Hafenstädte Tyrus und Sidon. Eine israelische Armeesprecherin sagte, es seien dort acht Raketenabschussrampen zerstört worden. Auch in der östlichen Bekaa-Ebene seien Zufahrtswege angegriffen worden, um Waffenlieferungen an die radikal-islamische Hisbollah-Miliz zu unterbinden.



Rund 30 israelische Fallschirmjäger landeten heute Nachmittag auf einer Anhöhe nahe der südlibanesischen Hafenstadt Tyrus. Das von Helikoptern abgesetzte Kommando lieferte sich Gefechte mit Kämpfern der Hisbollah, bestätigte die libanesische Polizei. In der südlibanesischen Ortschaft Bint Dschbeil gab es schwere Kämpfe zwischen israelischen Soldaten und Milizionären. Dabei wurden ein israelischer Soldat getötet und vier weitere verletzt, wie ein israelischer Armeesprecher mitteilte. Mindestens fünf Kämpfer der Hisbollah seien getötet worden.



Die Hisbollah setzte gleichzeitig ihre Raketenangriffe auf Nordisrael fort. Israelische Medien berichten, in mehreren Ortschaften entlang der Grenze seien Raketensalven eingeschlagen. In zahlreichen Gebieten Galiläas heulten die Warnsirenen. Am Sonntag waren bei massiven Raketenangriffen auf Haifa und den Grenzort Kfar Giladi insgesamt 15 Israelis getötet worden, darunter 12 Reservisten.



Nach neusten libanesischen Regierungsangaben starben im Libanon rund 1000 Menschen, zumeist Zivilisten, mehr als 3000 wurden verwundet. Seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen am 12. Juli sind nach Angaben der Armee bislang 59 israelische Soldaten getötet worden. Die Zahl der getöteten Hisbollah-Milizionäre gibt das Militär mit mehr als 400 an.



Die Versorgungslage wird in dem Kriegsgebiet inzwischen immer dramatischer. Ein Hilfsgüter-Schiff des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) konnte heute nicht die südlibanesische Hafenstadt Tyrus anlaufen. Das in Zypern gestartete Schiff habe ins weiter nördlich gelegene Sidon umgeleitet werden müssen, sagte eine Sprecherin der Organisation in Genf. Nach Informationen örtlicher Mitarbeiter sei auch die Zugangsstraße nach Tyrus schwer beschädigt und unpassierbar. IKRK-Präsident Jakob Kellenberger traf heute zu Gesprächen mit der libanesischen Regierung in Beirut ein.



Die Sprecherin zeigte sich tief besorgt über die Lage der Zivilbevölkerung im Südlibanon. Seit drei Tagen hätten Hilfsorganisationen keinen Zugang mehr zu der Region. Die Menschen in den Dörfern versteckten sich in den Kellern. Sie seien dringend auf Hilfsgüter und Treibstoff angewiesen.



www.spiegel.de



Im Spiegel stand zudem auch dieser Satz, der das Handeln des Westens mehr als auf den Punkt bringt:



"Franzosen, Deutsche, Amerikaner evakuierten ihre Landsleute - zurück blieben Libanesen."
 
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