"Stein hat mich am meisten genervt"
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Mit 37 Jahren haben viele ihre Karriere hinter sich. Nicht so Thomas Ernst. Kaiserslauterns Torhüter erlebt jetzt seinen Höhepunkt, nie zuvor war er derart unumstritten als Nummer 1. Im kicker blickt der Routinier zurück.
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Am Blick zurück hält sich Thomas Ernst nicht lange auf. Die Frage, was wäre wenn, stellt er sich nicht. Nicht mehr. "Ich bin mit mir im Reinen", versichert der Torhüter des 1. FC Kaiserslautern. Die meiste Zeit seiner Laufbahn hat er auf der Ersatzbank verbracht und sich als perfekte Zweitbesetzung einen erstklassigen Ruf erworben. Dass er auch als erste Wahl eine Topbesetzung ist, beweist der 37- Jährige seit Wochen im Tor der "Roten Teufel".
Das Pech des Rivalen Tim Wiese, der sich am 15. Spieltag im Heimspiel gegen Freiburg einen Kreuzbandriss zuzog, verhalf Ernst im hohen Fußballeralter zum späten Glück. Der Wiese-Vertreter hatte wesentlichen Anteil daran, dass die Pfälzer bis zum 1:2 in Hamburg vor Wochenfrist sieben Spiele in Serie unbesiegt blieben.
Ernst als "Eins" unumstritten: Diesen Status genoss er in der Bundesliga erst ein Mal zuvor - 1998 in Bochum. FCK-Trainer Kurt Jara erklärt, warum Ernst als Torwart und Typ gleichermaßen geschätzt wird: "Wenn immer er in die Bresche springen muss, ist er da. Er ist absolut anerkannt in der Mannschaft. Durch die Art, wie er auf dem Platz und außerhalb mit seinen Mitspielern umgeht. Thomas weiß, was er will, aber er ist sich nicht zu schade, wenn er zurückstecken muss." Ein Vorzug, der aber auch Nachteil sein kann. Ernst ist das beste Beispiel dafür.
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kicker:
Herr Ernst, waren Sie nicht ehrgeizig genug oder zu gutmütig für das Profigeschäft?
Thomas Ernst:
Ehrgeiz habe ich genug. Auf jeden Fall bin ich zu gutmütig. Einerseits ist es schön, so zu sein. Andererseits ist es in diesem Geschäft eine Schwäche. Ganz klar. Es ist der Grund, warum ich nicht mehr Spiele habe.
kicker:
Mit 37 Jahren absolut unumstritten als Torwart. Nicht noch, sondern erst. Ihre Erklärung?
Ernst:
Ich war 30, als ich das erste Mal in Bochum das Gefühl erlebte, Stammtorwart zu sein. Jetzt habe ich es wieder, andere haben es eben mit Mitte 20.
kicker:
92 Bundesligaspiele in 18 Profijahren. Haben Sie Ihre Karriere verschenkt?
Ernst:
Nein. Ich hatte auch Pech, mit Uli Stein, Uwe Gospodarek, Rein van Duijnhoven, Timo Hildebrand oder Tim Wiese immer gute Torhüter vor mir zu haben. Ich habe es den Trainern mit meiner zurückhaltenden Art natürlich auch recht einfach gemacht.
kicker:
Mit 19 feierten Sie Ihr Bundesligadebüt. Erinnern Sie sich?
Ernst:
Klar, das war 1987 beim Frankfurter 2:5 in Homburg. Hansi Gundelach verletzte sich, ich kam beim Stand von 1:2. Voller Euphorie. Bevor ich überhaupt etwas hielt, hatte ich drei Mal den Ball berührt: Beim Rausholen aus dem Netz. Das war's mit der Chance.
kicker:
Trotzdem versuchten Sie es weiter bei der Eintracht, trotz eines Uli Stein. Warum haben Sie nicht einfach den Verein gewechselt?
Ernst:
Ich hatte nie wirklich ein interessantes Angebot. Erst seit meinem Wechsel 2003 zum 1. FCK arbeite ich mit Klaus Gerster zusammen.
kicker:
Haben Sie Buch geführt über die Anzahl Ihrer Trainer und Rivalen im Tor?
Ernst:
Nein, dafür hatte ich zu viele. Bei den Trainern gab's einige Schaumschläger und Dampfplauderer.
kicker:
Wer plauderte besonders viel Dampf?
Ernst:
Dreck nachschmeißen, das ist nicht mein Ding.
kicker:
Von welchem Trainer haben Sie am meisten profitiert?
Ernst:
Die Trainer, die ich zuletzt hatte, hätte ich am Anfang meiner Karriere haben müssen. Felix Magath etwa. Ich habe nie einen Trainer erlebt, der seinen Laden so im Griff hatte. Oder jetzt Kurt Jara. Er zieht seine Linie durch, konsequent. Er stand in der sportlichen Krise vornedran, ohne mit der Wimper zu zucken. Das hat mich beeindruckt.
kicker:
Stein, Gospodarek, Hildebrand, Wiese. Welcher Konkurrent hat Sie am meisten genervt?
Ernst:
Uli Stein - weil er immer wieder seinen Vertrag verlängerte. Von ihm habe ich aber auch am meisten profitiert.
kicker:
Wenn Sie auf Ihre Stationen zurückblicken: Was ist hängen geblieben von Frankfurt, Bochum, Stuttgart?
Ernst:
Frankfurt war mein Zuhause. Dort wollte ich nie fort. In Bochum habe ich gemerkt: Weg von daheim und es geht mir super. Der VfL hat schon etwas, als kleiner Klub zwischen den Großen Schalke und Dortmund. Vor allem: Ich spielte, war Stammtorwart.
kicker:
Warum sind Sie dann weg?
Ernst:
Trainer Zumdick wollte, dass ich in den Trainerstab wechseln sollte. Mit 33! Ich bin heilfroh, es nicht gemacht zu haben.
kicker:
Wieso der Wechsel zum VfB, wieder nur als Nummer 2?
Ernst:
Stuttgart war meine schönste Station. Das passte einfach super. Ich habe viel gespielt, wir waren sehr erfolgreich, hatten eine klasse Mannschaft, mit tollen Typen. Soldo vorneweg. Der ist seitdem der Lieblingsspieler meiner Frau.
kicker:
Ihre Kerstin war auch eine erfolgreiche Fußballerin beim FSV Frankfurt. Ist Sie Ihr Motivator?
Ernst:
Nein. Einen Motivator brauche ich nicht. Aber es tut gut, mit ihr über Fußball zu reden, was Hand und Fuß hat. Sie hat mehr Titel geholt als ich . . .
kicker:
Inzwischen gelten Sie als guter Mensch vom Betzenberg. "Gustl", "Senior", "Vadder" - was passt am besten zu Thomas Ernst?
Ernst:
Mit Vadder kann ich leben, schließlich könnte ich ja der Vater etwa von Florian Fromlowitz sein. Der ist gerade 18.
kicker:
Und Ihr Konkurrent. Müssen Sie befürchten, in der nächsten Runde eine neue Nummer eins vor die Nase gesetzt zu bekommen?
Ernst:
Das könnte sein. Damit muss ich leben. Nur: Wenn einer kommt, muss er wirklich gut sein, er wird's ganz gewiss nicht leicht haben: Er muss erst mal an mir vorbei.
kicker:
Steueraffäre beim 1. FCK, Schiedsrichter-Skandal, Dortmunder Bankrott, DFB in der Krise. Ist Profifußballer wirklich noch Ihr Traumberuf?
Ernst:
Klar. Alles, was danach kommt, kann nicht mehr so schön sein. Das Adrenalin ist dann einfach weg.
kicker:
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Der wäre?
Ernst:
Bis über 40 kicken!
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Abschied als über 40-Jähriger, das muss kein Traum bleiben für den Torwart. Der 1. FCK und Ernst - was zunächst nach einer eher kurzen Liaison aussah, hat plötzlich Zukunft. Der bis Juni 2005 laufende Vertrag wurde Anfang Februar vorzeitig um ein Jahr verlängert, und auch 2006 muss noch nicht das Ende für Ernst auf dem Betzenberg sein. Nach seiner aktiven Karriere soll der Vorzeigeprofi in die Vereinsarbeit eingebunden werden. Dies jedenfalls plant Vorstandsboss René C. Jäggi. Als Ernst kürzlich zu Gast im ZDF-Sportstudio war, geriet der Schweizer ins Schwärmen: "Thomas hat wieder mal gezeigt, welch ein Super-Typ er ist." Jäggi sieht in dem Routinier einen Top-Repräsentanten des 1. FCK. Nicht vorübergehend, sondern dauerhaft.
Uli Gerke
www.kicker.de
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Mit 37 Jahren haben viele ihre Karriere hinter sich. Nicht so Thomas Ernst. Kaiserslauterns Torhüter erlebt jetzt seinen Höhepunkt, nie zuvor war er derart unumstritten als Nummer 1. Im kicker blickt der Routinier zurück.
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Am Blick zurück hält sich Thomas Ernst nicht lange auf. Die Frage, was wäre wenn, stellt er sich nicht. Nicht mehr. "Ich bin mit mir im Reinen", versichert der Torhüter des 1. FC Kaiserslautern. Die meiste Zeit seiner Laufbahn hat er auf der Ersatzbank verbracht und sich als perfekte Zweitbesetzung einen erstklassigen Ruf erworben. Dass er auch als erste Wahl eine Topbesetzung ist, beweist der 37- Jährige seit Wochen im Tor der "Roten Teufel".
Das Pech des Rivalen Tim Wiese, der sich am 15. Spieltag im Heimspiel gegen Freiburg einen Kreuzbandriss zuzog, verhalf Ernst im hohen Fußballeralter zum späten Glück. Der Wiese-Vertreter hatte wesentlichen Anteil daran, dass die Pfälzer bis zum 1:2 in Hamburg vor Wochenfrist sieben Spiele in Serie unbesiegt blieben.
Ernst als "Eins" unumstritten: Diesen Status genoss er in der Bundesliga erst ein Mal zuvor - 1998 in Bochum. FCK-Trainer Kurt Jara erklärt, warum Ernst als Torwart und Typ gleichermaßen geschätzt wird: "Wenn immer er in die Bresche springen muss, ist er da. Er ist absolut anerkannt in der Mannschaft. Durch die Art, wie er auf dem Platz und außerhalb mit seinen Mitspielern umgeht. Thomas weiß, was er will, aber er ist sich nicht zu schade, wenn er zurückstecken muss." Ein Vorzug, der aber auch Nachteil sein kann. Ernst ist das beste Beispiel dafür.
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kicker:
Herr Ernst, waren Sie nicht ehrgeizig genug oder zu gutmütig für das Profigeschäft?
Thomas Ernst:
Ehrgeiz habe ich genug. Auf jeden Fall bin ich zu gutmütig. Einerseits ist es schön, so zu sein. Andererseits ist es in diesem Geschäft eine Schwäche. Ganz klar. Es ist der Grund, warum ich nicht mehr Spiele habe.
kicker:
Mit 37 Jahren absolut unumstritten als Torwart. Nicht noch, sondern erst. Ihre Erklärung?
Ernst:
Ich war 30, als ich das erste Mal in Bochum das Gefühl erlebte, Stammtorwart zu sein. Jetzt habe ich es wieder, andere haben es eben mit Mitte 20.
kicker:
92 Bundesligaspiele in 18 Profijahren. Haben Sie Ihre Karriere verschenkt?
Ernst:
Nein. Ich hatte auch Pech, mit Uli Stein, Uwe Gospodarek, Rein van Duijnhoven, Timo Hildebrand oder Tim Wiese immer gute Torhüter vor mir zu haben. Ich habe es den Trainern mit meiner zurückhaltenden Art natürlich auch recht einfach gemacht.
kicker:
Mit 19 feierten Sie Ihr Bundesligadebüt. Erinnern Sie sich?
Ernst:
Klar, das war 1987 beim Frankfurter 2:5 in Homburg. Hansi Gundelach verletzte sich, ich kam beim Stand von 1:2. Voller Euphorie. Bevor ich überhaupt etwas hielt, hatte ich drei Mal den Ball berührt: Beim Rausholen aus dem Netz. Das war's mit der Chance.
kicker:
Trotzdem versuchten Sie es weiter bei der Eintracht, trotz eines Uli Stein. Warum haben Sie nicht einfach den Verein gewechselt?
Ernst:
Ich hatte nie wirklich ein interessantes Angebot. Erst seit meinem Wechsel 2003 zum 1. FCK arbeite ich mit Klaus Gerster zusammen.
kicker:
Haben Sie Buch geführt über die Anzahl Ihrer Trainer und Rivalen im Tor?
Ernst:
Nein, dafür hatte ich zu viele. Bei den Trainern gab's einige Schaumschläger und Dampfplauderer.
kicker:
Wer plauderte besonders viel Dampf?
Ernst:
Dreck nachschmeißen, das ist nicht mein Ding.
kicker:
Von welchem Trainer haben Sie am meisten profitiert?
Ernst:
Die Trainer, die ich zuletzt hatte, hätte ich am Anfang meiner Karriere haben müssen. Felix Magath etwa. Ich habe nie einen Trainer erlebt, der seinen Laden so im Griff hatte. Oder jetzt Kurt Jara. Er zieht seine Linie durch, konsequent. Er stand in der sportlichen Krise vornedran, ohne mit der Wimper zu zucken. Das hat mich beeindruckt.
kicker:
Stein, Gospodarek, Hildebrand, Wiese. Welcher Konkurrent hat Sie am meisten genervt?
Ernst:
Uli Stein - weil er immer wieder seinen Vertrag verlängerte. Von ihm habe ich aber auch am meisten profitiert.
kicker:
Wenn Sie auf Ihre Stationen zurückblicken: Was ist hängen geblieben von Frankfurt, Bochum, Stuttgart?
Ernst:
Frankfurt war mein Zuhause. Dort wollte ich nie fort. In Bochum habe ich gemerkt: Weg von daheim und es geht mir super. Der VfL hat schon etwas, als kleiner Klub zwischen den Großen Schalke und Dortmund. Vor allem: Ich spielte, war Stammtorwart.
kicker:
Warum sind Sie dann weg?
Ernst:
Trainer Zumdick wollte, dass ich in den Trainerstab wechseln sollte. Mit 33! Ich bin heilfroh, es nicht gemacht zu haben.
kicker:
Wieso der Wechsel zum VfB, wieder nur als Nummer 2?
Ernst:
Stuttgart war meine schönste Station. Das passte einfach super. Ich habe viel gespielt, wir waren sehr erfolgreich, hatten eine klasse Mannschaft, mit tollen Typen. Soldo vorneweg. Der ist seitdem der Lieblingsspieler meiner Frau.
kicker:
Ihre Kerstin war auch eine erfolgreiche Fußballerin beim FSV Frankfurt. Ist Sie Ihr Motivator?
Ernst:
Nein. Einen Motivator brauche ich nicht. Aber es tut gut, mit ihr über Fußball zu reden, was Hand und Fuß hat. Sie hat mehr Titel geholt als ich . . .
kicker:
Inzwischen gelten Sie als guter Mensch vom Betzenberg. "Gustl", "Senior", "Vadder" - was passt am besten zu Thomas Ernst?
Ernst:
Mit Vadder kann ich leben, schließlich könnte ich ja der Vater etwa von Florian Fromlowitz sein. Der ist gerade 18.
kicker:
Und Ihr Konkurrent. Müssen Sie befürchten, in der nächsten Runde eine neue Nummer eins vor die Nase gesetzt zu bekommen?
Ernst:
Das könnte sein. Damit muss ich leben. Nur: Wenn einer kommt, muss er wirklich gut sein, er wird's ganz gewiss nicht leicht haben: Er muss erst mal an mir vorbei.
kicker:
Steueraffäre beim 1. FCK, Schiedsrichter-Skandal, Dortmunder Bankrott, DFB in der Krise. Ist Profifußballer wirklich noch Ihr Traumberuf?
Ernst:
Klar. Alles, was danach kommt, kann nicht mehr so schön sein. Das Adrenalin ist dann einfach weg.
kicker:
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Der wäre?
Ernst:
Bis über 40 kicken!
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Abschied als über 40-Jähriger, das muss kein Traum bleiben für den Torwart. Der 1. FCK und Ernst - was zunächst nach einer eher kurzen Liaison aussah, hat plötzlich Zukunft. Der bis Juni 2005 laufende Vertrag wurde Anfang Februar vorzeitig um ein Jahr verlängert, und auch 2006 muss noch nicht das Ende für Ernst auf dem Betzenberg sein. Nach seiner aktiven Karriere soll der Vorzeigeprofi in die Vereinsarbeit eingebunden werden. Dies jedenfalls plant Vorstandsboss René C. Jäggi. Als Ernst kürzlich zu Gast im ZDF-Sportstudio war, geriet der Schweizer ins Schwärmen: "Thomas hat wieder mal gezeigt, welch ein Super-Typ er ist." Jäggi sieht in dem Routinier einen Top-Repräsentanten des 1. FCK. Nicht vorübergehend, sondern dauerhaft.
Uli Gerke
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