Der Lohn für Kampf und Leidenschaft
Fussball: Regionalligateam des 1. FCK II holt sich trotz Rückstands gegen Mainz II einen Punkt – Das 13. Spiel ohne Niederlage
Von Maria Huber
Die Kulisse stimmte im Fritz-Walter-Stadion. Aus Mainz waren zwar nur eine Handvoll Fans zum Regionalligaduell gekommen – die Profis spielten fast zeitgleich. Dafür war die Nordtribüne gut gefüllt. Auch eine Gruppe FCK-Profis machte es sich in den Ledersitzen bequem und wartete gespannt darauf, was die Jungs aus ihrem Team auf dem Rasen bieten würden.Sie sahen ein gutes und spannendes Spiel gegen eine Truppe, in der auch der Gegner aufgerüstet hatte. „Acht von denen haben oben mittrainiert“, sagte FCK-II-Trainer Konrad Fünfstück hinterher. Zufrieden darüber, dass sein Team diese besondere Begegnung, die 13. in Folge, nicht verloren hatte. 2:2 hieß es am Ende. Ein Ergebnis, mit dem beide Seiten leben konnten.Dazwischen lag ein harter Kampf, in dem keiner dem anderen etwas schenkte. Die Trainer tigerten in ihren Coachingzonen umher. FSV-Coach Martin Schmidt blickte zum Himmel, als wollte er beten, murmelte etwas vor sich hin und klatschte dann wütend mit der Hand gegen das Dach der Trainerbank. Da waren gerade mal 20 Minuten gespielt, und sein Team lag 0:1 zurück, nach einem Freistoß von Kapitän Mario Pokar, der von der Mauer abgeprallt war und den Jan-Lucas Dorow verwertet hatte.
30 Minuten dauerte es, bis Mainz ins Spiel kam und es schaffte, dem FCK die Macht auf dem Rasen ein stückweit zu nehmen. Doch es blieb beim 1:0 bis zur Pause. Dann kamen beide Teams mit besten Vorsätzen aus der Kabine. Jetzt war es Fünfstück, der seine Jungs nach vorn pushte. Doch die Mainzer waren die, die Erfolg hatten. Petar Sliskovic, der Torschützenkönig der Regionalliga Südwest, traf zum 1:1 (56.). Und Sebastian Polter legte nach (80.).
Dann packten die Jungs vom Betzenberg eine ihrer Stärken aus: Sie geben nicht auf und kämpfen, wie gegen Waldhof und Großaspach, wo sie in der Nachspielzeit noch ausgeglichen hatten. Diesmal kam der Lohn in der 82. Minute: Der eingewechselte Sebastian Jacob köpfte seine Elf nach einer Flanke von Calogero Rizzuto zum Punktgewinn.
Fünfstück war zufrieden und lobte seine Truppe. „Sie hat mit unheimlich viel Engagement und Leidenschaft gespielt, hat sich gut präsentiert, als Einheit.“
Obwohl mit Andrew Wooten, Kevin Stöger, Dominique Heintz, Christopher Drazan, Jean Zimmer und Marius Müller sechs Fußballer aus dem Profiteam auf dem Platz standen und bei der U23 Stammkräfte wie Sascha Mockenhaupt, Niklas Tasky und Christian Lensch fehlten. Fünfstück: „Wir haben kein einziges Mal zusammen trainiert.“
Betze-Geflüster
Das Gespenst auf der Tribüne
Frank Zimmer kennt so ziemlich jeder, der schon einmal bei einem Regionalligaspiel im Fritz-Walter-Stadion war. Das ist der, der auf der Nordtribüne immer so mitfiebert, wenn sein Sohn unten die Außenbahn auf und ab flitzt, hinten ausputzt, zwischendrin Bälle erkämpft und die vorn bedient. Frank (46), ein Bär von einem Mann, ist der Vater von Jean (19), dem Jung-Profi, und so ein bisschen auch der Vater von allen Jungs der U23. Er kennt viele seit der frühesten Jugend, weiß, was sie können und lebt auf der Tribüne mit. Er motiviert sie, peitscht sie nach vorn.So wie in Großaspach. „Die Jungs haben gesagt, geil, dass Du da warst.“ Mancher von ihnen kommt nach dem Spiel zu ihm und will das haben, was er seinem Sohn gibt, Rückmeldung. „Jean ist sehr selbstkritisch“, weiß Frank Zimmer, und er weiß auch, dass sein Junge die Gespräche braucht, um das Spiel zu verarbeiten.
„Wenn er sagen würde, bleib’ daheim, würde ich mich sofort zurückziehen“, sagt Frank Zimmer. Früher, in der E- und F-Jugend, hat er seinen Sohn trainiert, doch als der vom SV Bann zum FCK gewechselt ist, hielt er sich raus. Er wusste, dass er Jean jetzt nicht mehr viel beibringen kann, dass seine Erfahrung, die er beim TuS Landstuhl und beim VfB Haßloch in der A-Klasse gesammelt hat, irgendwann nicht mehr reicht.
„Ich hab' auf Pfälzer Art gespielt. Aber schnell war ich. Die Schnelligkeit hat er von mir“, sagt Frank Zimmer, der viel investierte für Jean, aber auch für dessen Schwestern (16 und 18 ). Er nahm Erziehungsurlaub, und die meiste Zeit floss in den Fußball, in Fahrten zum Heinrich-Heine-Gymnasium, zum Training, zu den Spielen. Die er alle gesehen hat. Fast alle. In zehn Jahren hat er gerade mal drei verpasst, weil er bei den Burgfestspielen in Landstuhl Theater spielen musste und sonst die ganze Truppe in Stich gelassen hätte und als er mit Fieber im Bett lag.
Dem Theaterspielen – letzte Saison war er das Burggespenst – verdankt er auch sein lautes Organ. Das schon mal dazu führt, dass er auffällt. Wie damals, als Jeans Gegenspieler ihm im Zweikampf den Ärmel vom Trikot riss und rote Striemen vom Stollen seinen Oberarm zierten. „So muss ein Trikot aussehen“, entfuhr es dem Senior da. Zur Belohnung überreichte ihm der Zeugwart das Shirt, das jetzt in der Ikeakiste mit Jean-Zeitungsausschnitten und anderen Erinnerungsstücken liegt.
Stolz? Nein, Stolz ist es nicht, sagt Frank Zimmer. „Ich bin einfach froh, dass sich das Ganze rentiert hat, der ganze Verzicht, und dass so ein Traum in Erfüllung gehen kann. Er hat ja nichts gemacht außer trainiert und gelernt und musste immer mehr kämpfen als andere, weil er im Dezember geboren ist, jünger und kleiner war als die anderen.“
Frank Zimmer grinst in sich hinein. Er denkt gerade an ein Foto des kleinen Jean, das ihn an der Hand von Mario Basler zeigt, als Einlaufkind für den SV Bann. Inzwischen läuft der Kleine selbst im Fritz-Walter-Stadion auf. 37 Spiele letzte Saison und dazu noch Abitur, und kein schlechtes (2,3), zählt Zimmer auf, und es klingt doch ein bisschen stolz.
Dass es mit der Profikarriere klappen würde, kam dann aber doch überraschend. Zu einem Zeitpunkt, als Jean Sport und Mathe auf Lehramt studieren wollte, das Stipendium in den USA schon in der Tasche hatte. Da durfte er bei den Profis mittrainieren, durfte mit ins Trainingslager, und plötzlich saßen Vater und Sohn bei Stefan Kuntz.
Seitdem ist alles anders. „Wir hatten gerade den Vertrag unterschrieben, waren auf der Rückfahrt nach Landstuhl, da liefen schon die ersten Meldungen übers Radio, und die ersten SMS kamen an.“ Inzwischen gibt Jean Autogramme, unternimmt mal was mit Chris Löwe, scherzt mit Enis Alushi, bestellt Klamotten mit Simon Zoller und macht jetzt eben ein Fernstudium – BWL und Mathe ab dem Wintersemester.
Und Frank Zimmer? Der ist etwas ruhiger geworden. Gezwungenermaßen. „Ich habe es Stefan Kuntz versprochen. Er hat gesagt, in dem Bereich, in dem ich jetzt sitze, im Vipbereich, bei den Spielerfrauen, hat man das nicht so gerne.“
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pfälzische Volkszeitung
Ausgabe: Nr.250
Datum: Montag, den 28. Oktober 2013