„Eine Begrüßung mit Körperkontakt“
Mein erstes Spiel: Daniel Graf erinnert sich an sein Debüt in der Fußball-Bundesliga. Das hat der schnelle Stürmer für den 1. FC Kaiserslautern am 6. März 1999 vor mehr als 50.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion gegen Hertha BSC gegeben. Danach folgt dann noch eine Partie auf dem Betzenberg. Für keinen Geringeren als Michael Ballack kommt Graf da ins Spiel.
Von Benjamin Haag
Es ist der 6. März 1999: Die 78. Spielminute läuft, als Uwe Rösler zur Seitenauslinie trabt. Dort steht Daniel Graf, damals 21 Jahre alt, der bei den Amateuren des FCK Tore am Fließband schießt. Otto Rehhagel, der legendäre Trainer des FCK, gibt im Jahr nach der FCK-Meistersaison die letzten Instruktionen beim Stand von 1:0 gegen Hertha BSC Berlin. „Es ist etwas Besonderes. Man versucht, den Moment schon zu genießen. Da ging es ja um etwas, das war kein Schaulaufen. Ich war konzentriert, wollte ja keinen Fehler machen“, erinnert sich Graf, der später bei Fortuna Köln, Eintracht Braunschweig und dem Karlsruher SC reichlich Erfahrung in der Zweiten Bundesliga sammelte. Der Einsatz in dieser Bundesligapartie war keine Selbstverständlichkeit. „Ich hatte nicht damit gerechnet. Ich stand ja immer mal wieder im Kader, auch in der Champions League gegen die Bayern“, erzählt Graf. Damals war die Konkurrenz im Offensivbereich des FCK doch beachtlich. Mit Andreas Buck, Jürgen Rische, Uwe Rößler, der brasilianischen Zaubermaus Ratinho und Olaf Marschall gehörte die Angriffsreihe zur Crème de la Crème der Bundesliga. Das Erste, was Graf damals im Berliner Olympiastadion vor 54.433 Zuschauern spürte, war, dass es etwas härter als sonst zur Sache ging. Eyjólfur Sverrisson, der damals 30-jährige Isländer, der insgesamt 356 Bundesligaspiele für den VfB Stuttgart und die „alte Dame“ Hertha bestritt, zudem 26-mal in europäischen Wettbewerben auflief und dabei insgesamt 40-mal ins Netz traf, ließ Graf spüren, wie es in der Eliteklasse des deutschen Fußballs zugeht. „Es war eine Begrüßung mit Körperkontakt“, erinnert sich Graf, dass es eine andere Herangehensweise war als das, was er aus der Regionalliga, der damals dritthöchsten Spielklasse, kannte. Daniel Graf, der in jener Saison Torschützenkönig der Regionalliga West-Südwest mit 19 Saisontreffern wurde, musste kurz nach seiner Einwechslung den Ausgleich mit seinem Team schlucken. Die frühe Führung von Michael Ballack (2. Minute) egalisierte der heutige Funktionär der Hertha, Michael Preetz, in der 79. Minute zum 1:1-Endstand. Nach dem Spiel, es waren die Anfänge des Mobiltelefons, schwang sich Graf gleich ans Handy. „Ich habe dann zu Hause angerufen. Das war ja schon ein Karriereschritt, ich hatte ja in der F-Jugend beim FCK angefangen. Gefühlt hatte sich da ein Traum erfüllt, ich war sehr glücklich“, erzählt Graf, der neben seinem jetzigen Trainerjob beim SV Morlautern noch halbtags bei einem Reifenhändler arbeitet.
„Der Alltag ging danach schnell weiter, die Tage danach waren aber etwas leichter“, so Graf. Auch in der folgenden Woche ging es für den Stürmer in der Bundesliga weiter. Den zwölf Minuten gegen die Berliner folgten vier weitere auf dem damals ausverkauften Betzenberg gegen den 1. FC Nürnberg. Für den späteren Weltstar Michael Ballack kam Graf in der Schlussphase ins Spiel. „Es gibt Tage, die schlecht laufen. Ich bin aber im Endeffekt froh, dass ich einmal zu Hause und einmal auswärts in der Bundesliga gespielt habe.“
Nach den zwei Bundesligapartien folgte in der nächsten Saison der Wechsel zu Fortuna Köln. Für das in der Zweiten Bundesliga spielende Team gelangen Graf in 24 Spielen fünf Treffer. „Es gab dort eine andere Wertschätzung. In Braunschweig war ich ja dann später auch Kapitän“, erzählt Graf, dem auch Angebote von Vereinen aus der Ersten Liga vorlagen. „Ich bin froh, die Zweite Bundesliga erlebt zu haben. Es gab auch immer wieder Anfragen von ambitionierten Zweitligisten, aber Verletzungen kamen dazwischen.“ Nochmals intensiver sei das Interesse verschiedener Bundesligaklubs gewesen, als Daniel Graf mit Braunschweig im DFB-Pokal Borussia Dortmund mit 2:1 besiegte und er selbst sechs Minuten vor Spielende den Siegtreffer erzielte.
Die Serie
Das erste Spiel einer Profi-Mannschaft ist ein Erlebnis, das sich ins Gedächtnis einbrennt. In der Serie „Mein erstes Spiel“ berichten Sportfans von ihrem ersten Besuch bei ihrem Team oder ihrer Premiere auf dem Spielfeld. Das muss sich nicht nur auf den Fußball beschränken, sondern soll eine Reise quer durch alle Sportarten werden. Sie haben auch etwas zu erzählen? Dann können Sie sich gerne melden unter
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Die Rheinpfalz Pfälzische Volkszeitung - Nr. 131 Montag, den 8. Juni 2020