Zur Hungersnot in Ostafrika

Mir geht die aktuelle Spendensammelwut nur noch auf die Nerven. Mir platzt da regelmäßig der Kragen, wenn irgendwelche (Pseudo-)Promis mit Leidensmine in die Kameras heulen. Als wäre die Katastrophe nicht schon schlimm genug kommen hier die ganzen Heuchler aus ihren Löchern und lassen sich öffentlichkeitswirksam bauchpinseln.



Manche Spendensammelorganisationen haben sogar ihre Spendenkonten bei Deutscher Bank (bzw. Postbank). Das schlägt echt alles an Verlogenheit, was es geben kann.



Lustige Anekdote:

Deutsche Bank Werbung



Ich bin froh und dankbar, wenn mehr und mehr kritische Kommentare (wie der von Jonny verlinkte) in die derzeitige Debatte einfließen und sich nicht mehr die ganzen System-/Ausbeutungsprofiteure beweihräuchern können, die jahrelang auf Kosten vieler Menschen (vor allem im globalen Süden) in Saus und Braus leben, die den Ursachen ihren Luxus verdanken und dann die Auswirkungen mit Almosen bekämpfen.
 
Kurz geantwortet und dabei auch ein wenig auf den Bericht aus der FR eingehend:



Da wird die These aufgestellt, man würde hinter vorgehaltener Hand von "überflüssigen Menschen" reden. Fakt ist, dass die Erde irgendwann aufgrund des Bevölkerungswachstums in afrikanischen und asiatischen Staaten große Probleme bekommen wird, so dieses sich nicht abflacht. Diese Denkweise teile ich aber ich wüsste nicht, weshalb ein "Otto-Normal-Mensch" bei einem hungerleidenden Menschen von "überflüssigen Menschen" sprechen würde und mir ist auch noch keiner begegnet, der dies ausgesprochen hätte.



Was die "Spendensammelwut" angeht, so ist das sicherlich nervig. Andererseits muss auch klar gesagt werden, dass diese Summen nicht zusammen kommen würden, wenn eben jene Personen sich nicht in den Medien "hätscheln" lassen würden und somit quasi Werbung für die Spendensammlung betreiben. Da stellt sich die Frage was einem Lieber ist: Promis die sich darin Sonnen, Spendengelder zu sammeln oder gar keine/bedeutend weniger Spenden zu generieren. Ich für meinen Teil ertrage dann lieber die Prominenten und ich muss sie ja nicht einmal ertragen, weil ich ihnen auch weitestgehend aus dem Weg gehen kann.



Im Übrigen finde ich es für meinen Teil ein wenig befremdlich, wenn man die Ursache für Not und Elend immer in der Globalisierungspolitik der nördlichen Halbkugel sucht, dabei aber gar nicht mehr hinterfragt ob nicht auch die von den Katastrophen betroffenen Länder in der Lage wären, selbst eine spürbare Verbesserung der Situation herbeizuführen.
 
Im Übrigen finde ich es für meinen Teil ein wenig befremdlich, wenn man die Ursache für Not und Elend immer in der Globalisierungspolitik der nördlichen Halbkugel sucht, dabei aber gar nicht mehr hinterfragt ob nicht auch die von den Katastrophen betroffenen Länder in der Lage wären, selbst eine spürbare Verbesserung der Situation herbeizuführen.


Genau! Es ist einfach mal Fakt, daß in solchen Krisenregionen die Korruption und Mißwirtschaft katastrophale Ausmaße erreicht. Wenn das vorhandene wirtschaftliche Potential und Geld in der Vergangenheit gerechter verteilt worden wäre, dann dürften die Probleme erheblich geringer aussehen. Das klingt jetzt ziemlich kommunistisch, aber seien wir doch mal ehrlich: kaum ein Land der "Dritten Welt" hat eine Regierung, die man nicht als Bananenrepublik bezeichnen könnte. Solange wie 99% der Erträge dieser Länder in den Taschen von 0,1% der Bevölkerung verschwinden (und außer Landes geschafft werden), solange wird sich dort nichts ändern und Spenden bleiben die berühmten Tropfen auf den heißen Stein...
 
Kurz geantwortet und dabei auch ein wenig auf den Bericht aus der FR eingehend:


Da wird die These aufgestellt, man würde hinter vorgehaltener Hand von "überflüssigen Menschen" reden. Fakt ist, dass die Erde irgendwann aufgrund des Bevölkerungswachstums in afrikanischen und asiatischen Staaten große Probleme bekommen wird, so dieses sich nicht abflacht. Diese Denkweise teile ich aber ich wüsste nicht, weshalb ein "Otto-Normal-Mensch" bei einem hungerleidenden Menschen von "überflüssigen Menschen" sprechen würde und mir ist auch noch keiner begegnet, der dies ausgesprochen hätte.



Im Übrigen finde ich es für meinen Teil ein wenig befremdlich, wenn man die Ursache für Not und Elend immer in der Globalisierungspolitik der nördlichen Halbkugel sucht, dabei aber gar nicht mehr hinterfragt ob nicht auch die von den Katastrophen betroffenen Länder in der Lage wären, selbst eine spürbare Verbesserung der Situation herbeizuführen.




Zum Thema "In Afrika und Asien wächst die Bevölkerung zu stark": Ich weiß zumindest, dass der afrikanische Kontinent von den Potenzialen her fähig wäre sich selbst und noch ein paar hundert Millionen zusätzlich zu ernähren. Allein Simbabwe kann das ganze südliche Afrika ernähren.



Ich stimme dir zu: Die Globalisierungspolitik und die Armutsproblematik sollte man auch nicht auf den Norden beschränken. Kurz gesagt: Ein Mugabe, ein Kabila, ein Gadaffi und große Teile der afrikanischen Geschäftselite (wobei man Politik und Wirtschaft in afrikanischen Staaten selten trennen kann) bedienen sich den gleichen Mechanismen, denen sich auch der Norden bedient.



Aber da gibt es Hoffnung. Zumindest in Uganda, Burkina Faso oder Malawi gab es auch "Revolten", ähnlich denen in nördlichen Teil Afrikas.



Dennoch muss sich auch im Norden grundlegend was ändern. Denn wir sitzen am längeren Hebel. Profitieren tut fast jeder Europäer in irgendeiner Weise von den ausbeuterischen Mechanismen des globalen Kapitalismus. Auch wenn mehr und mehr selbst zu Opfern werden (Stichwort Hartz 4 udn Verlagerung der Arbeitsplätze nach Asien), profitieren sie dennoch von der Milch für 60 Cent, dem Benzin für 1,50 etc. pp. Die versteckten Kosten dieser Produkte sind in Umweltverschmutzung und Armutsreproduktion zu sehen, fließen aber nicht mit in den Preis der Produkte ein.
 
Was die "Spendensammelwut" angeht, so ist das sicherlich nervig. Andererseits muss auch klar gesagt werden, dass diese Summen nicht zusammen kommen würden, wenn eben jene Personen sich nicht in den Medien "hätscheln" lassen würden und somit quasi Werbung für die Spendensammlung betreiben. Da stellt sich die Frage was einem Lieber ist: Promis die sich darin Sonnen, Spendengelder zu sammeln oder gar keine/bedeutend weniger Spenden zu generieren. Ich für meinen Teil ertrage dann lieber die Prominenten und ich muss sie ja nicht einmal ertragen, weil ich ihnen auch weitestgehend aus dem Weg gehen kann.


Ich finde es dennoch verlogen, kann und möchte das auch nicht ertragen. Unsere Polit-/Wirtschafts- und Showelite profitiert von unfairen Handelsstrukturen, gestaltet diese im Interesse des Profits einiger weniger und ist somit für die strukturelle Abhängigkeit Schuld.

Nicht umsonst sind die an Rohstoffen reichsten Länder in der Regel diejenigen Staaten mit den größten sozialen Problemen und den brutalsten Regierungen.




Im Übrigen finde ich es für meinen Teil ein wenig befremdlich, wenn man die Ursache für Not und Elend immer in der Globalisierungspolitik der nördlichen Halbkugel sucht, dabei aber gar nicht mehr hinterfragt ob nicht auch die von den Katastrophen betroffenen Länder in der Lage wären, selbst eine spürbare Verbesserung der Situation herbeizuführen.


Richtig. Und warum ist das so?



Nehmen wir als ein Beispiel von vielen die Demokratische Republik Kongo. Sehr rohstoffreich. Nach der Unabhängigkeit von Belgien gab es zwar freie Wahlen und wohl kurzzeitig auch die Hoffnung auf vernünftige demokratische Strukturen, doch schon bald konnte diese Hoffnung begraben werden. Die CIA und der belgische Geheimdienst brachten Oberst Mobutu an die Macht, entledigten sich unangenehmer Politiker, die von Freiheit und Gerechtigkeit faselten (Lumumba) und legten somit den Grundstein für eine über 30 Jahre dauernde Diktatur, die von Korruption und politischen Morden gekennzeichnet war. In all dieser Zeit war die Basis seiner Macht keine politisch, ethnische oder religiöse Gruppierung, sondern von seiner militärischen Stärke und seinem treuen Verbündeten, den USA.



Wie gesagt, das ist ein Beispiel. Es ist in der Logik der herrschenden Wirtschaftsideologie plausibel, dass käufliche Diktaturen verlässlicher sind, als Parlamente, die sich entscheiden könnten, Mine XY nicht zu einem Spottpreis an ausländische Konzerne zu verscherbeln.



Weiterhin gibt es schon seit Jahren Bestrebungen die supranationalen Institutionen wie WTO und IWF zu demokratisieren. Dort haben die wirtschaftlich stärksten Länder den größten Einfluss. Die USA+EU können also definieren, welche Handelsbedingungen gewünscht sind - und hier herrscht kein Altruismus, sondern jeder Staatsvertreter will die Forderungen der heimischen Industrie durchsetzen. Sollte Benin beispielsweise beschließen, den heimischen Markt durch protektionistische Maßnahmen zu stärken und zu schützen, dann dürfte Benin im Welthandel sehr schnell isoliert werden, was verheerende Folgen hätte. Andererseits gibt die EU jedes Jahr rund 400 Mrd. EUR als Exportsubvention an die europäische Agrarindustrie. Damit kann Überschussware unter dem Herstellungspreis etwa nach Botswana verkauft werden. Die dortigen nicht-industrialisierten Agrarunternehmen (sprich Bauernfamilien) können dem Preis nichts entgegensetzen. Die meisten Bauern sehen ihre Existenz gefährdet und hören auf, Bauern zu sein. In der Regel ziehen sie in die Großstädte um dort unter erbärmlichsten Umständen zu hausen, migrieren innerhalb Afrikas und die Glücklichsten machen sich auf nach Europa um entweder im Mittelmeer zu ertrinken, als geduldete Illegale einen Hungerlohn zu erhalten, mit dem sie immerhin ihre Familien ernähren können, oder um von Frontex aufgegriffen und in der malischen Wüste ausgesetzt zu werden.



Ähnliches gilt für den IWF. Dieser vergibt in der Regel Kredite an Staaten, die in einer derart katastrophalen Verfassung sind, dass ihnen nichts anderes übrig bleibt. Die Bedingungen an die IWF-Kredite üblicherweise geknüpft sind, erinnern an ein Handbuch für neoliberales Handeln - Deregulierung der Wirtschaft, insbesondere des Finanzsektors, Privatisierung von staatlichem Eigentum (in der Regel an ausländische Investoren), Öffnung der Märkte, Steuersenkungen (vor allem für Reiche und Unternehme) und Austeritätspolitik (Kürzung aller Sozialleistungen). Diese Bedingungen führen in der Regel zu einem sprunghaften Anstieg der sozialen Lage, da sie Vermögende begünstigen und Arme benachteiligen. Die größten Profiteure sind allerdings ausländische (früher gleichbedeutend mit "westlich", heute spielen auch chinesische und arabische Staatsunternehmen eine Rolle) Investoren und Konzerne, die im Handstreich neue Märkte erschließen können. Die Verhältnisse sind in etwa WalMart vs. Tante Emma, McDonalds vs. Hinterhofgrill, etc.



Auch hier bestimmen wir die Regeln. Wir profitieren nicht nur durch Nahrungsmittelspekulationen oder Landgrabbing, sondern vor allem durch die Strukturen des Welthandels und Weltfinanzsystems, die wir bestimmen. Das alles geschieht in unserem Namen und es ist an uns, dagegen anzugehen.



Die EU-Agrarsubventionen schaden direkt den Bauern in sogenannten Entwicklungsländern. Die Folge sind steigende Importabhängigkeiten von Nahrungsmittel, da weniger Bauern = weniger Produktion.

Der industrielle Fischfang (v.a. USA, Kanada, EU, Japan und China), schadet direkt den lokalen Fischern, hinterlässt überfischte Küstengewässer und arbeitslose Fischer und trägt ebenfalls zu rückläufigen Nahrungsmittelproduktion bei (und führt überdies auch zu Piraterie).

Die Gier nach Rohstoffen führt zu sogenannten Sachzwängen, die besagen, dass sich die "zivilisierten" Länder mit Diktaturen gutstellen müssen, da sie sonst um "ihr Eigentum" auf fremden Boden fürchten müssten (siehe die überaus geringe Begeisterung für die Demokratibewegungen in Nordafrika).



Sorry, ist etwas lang geworden, aber dein Beitrag war mir Anlass, meinen sehr emotionalen Eingangspost auch entsprechend zu begründen.



Übrigens gibt es noch das Rohstoff- und das Kreditprivileg als Errungenschaften der WTO. Das Rohstoffprivileg besagt, dass etwa von Diktator A, am ersten Tag seiner Machtergreifung veräußerte Bodenschätze immer dem Käufer gehören, auch wenn eine noch so demokratische Regierung dies widerrufen möchte. Das Kreditprivileg besagt, dass Schulden bestehen bleiben. Üblicherweise nehmen Diktatoren hohe Kredite auf, um ihre Leibgarde zu finanzieren. Diese Schulden bleiben in jedem Fall rechtsgültig und müssen in jedem Fall auch von einer nachfolgenden demokratischen Regierung beglichen werden, die für die Machtergreifung durch diese Mittel wörtlich hat bluten müssen.
 
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