Wer am Tag des Anschlags meint, es sei jetzt die Gelegenheit gekommen, sich selbstzufrieden damit zu brüsten, ja schon lange vor gewaltbereiten Islamisten gewarnt zu haben, wie es die Pegida-Organisatoren auf ihrer Facebook-Seite tun, wer jetzt versucht, aus dem schrecklichen Anschlag politisches Kapital für seine rückwärtsgewandte Partei zu schlagen, wie es der AfD-Funktionär Alexander Gauland tut, hat zwar die Freiheit dazu, doch er betreibt ein verabscheuungswürdiges Geschäft mit der Spaltung der Gesellschaft.
Nein, jetzt ist die Zeit, die Mörder zu finden und zu bestrafen, sie und all jene, die mit ihnen gemeinsame Sache machen. Jetzt ist die Zeit, um die zwölf ermordeten Menschen zu trauern. Gemeinsam mit ihren Familien und Freunden. Gemeinsam mit den Franzosen, die mitten in ihrer Hauptstadt am helllichten Tag den Terror erleben mussten. Gemeinsam auch mit allen friedliebenden Muslimen, Christen, Juden, Gläubigen jeder Religion, Agnostikern und Atheisten, die wohl zurecht befürchten müssen, dass der Anschlag von Paris das Zusammenleben noch schwerer macht, dass Hass mit noch mehr Hass und Gewalt mit noch mehr Gewalt beantwortet werden wird.
Später können wir uns wieder darüber streiten, mit Worten und mit Bildern, welche Religion die beste ist - oder gar keine. Später können wir uns wieder streiten, ob eine Zeichnung lustig ist oder beleidigend oder einfach nur doof. Später können wir wieder demonstrieren für das eine Weltbild oder sein Gegenteil. Aber jetzt müssen alle, die keinen Hass wollen, alle, die Gewalt verabscheuen, zusammenstehen - egal, was sie sonst trennen mag.