Um richtig tief in diese Diskussion einzusteigen habe ich eigentlich gar keine Zeit. Ich finde es nur ziemlich schade dass eben dieses Projekt nur noch von Demonstrationen, Gewalt usw. bestimmt wird.
Es wurden (vor allem anfangs) hier schon Fragen gestellt, was konkret an S21 bemängelt wird. Diese wurden auch beantwortet.
Dabei wurde unter anderem dieser Link gepostet:
http://www.stern.de/wirtschaft/immobilien/geheime-akten-stuttgart-21-nichts-als-chaos-1608267.htmlhttp://www.stern.de/wirtschaft/immobilien/geheime-akten-stuttgart-21-nichts-als-chaos-1608267.html
Und für mich als Politikwissenschaftler ist nunmal das Geschehen rund um das Thema interessanter als das Thema "S21 - ja oder nein?" selber, gleichwohl mich dies nicht daran hindert, dazu eine Meinung zu haben.
Auch hier im Forum wird doch nur darüber diskutiert. Wie schlimm wieder die Politik ist, die sowieso immer böse Polizei, die Medien, alles kurz vorm Untergang. Immer gemäß dem Motto "grundsätzlich dagegen". Wenn es dann noch von der schwarzen Macht kommt umso schlimmer. Wobei es anders herum auch nicht anders wäre.
Das finde ich jetzt etwas zu oberflächlich betrachtet. Ich bin in der Tat der Meinung, dass in der Welt und in Deutschland vieles schief läuft und versuche dies auch mal mit zynischen Kommentaren zu kanalisieren. Ich weiß nicht, ob ich ein glücklicherer Mensch wäre, wenn ich ein theologisches Grundvertrauen in Staaten, Wirtschaft und Unternehmen hätte - ich hatte es die meisten Jahre meines Lebens und hatte immer dieses dumpfe Gefühl, dass da etwas nicht stimmen kann.
Es gibt nach dem was ich bisher gelesen habe auch kein Killer-Argument Pro S21. Genauso wenig wie eben für Contra (hähä). Und sicher ist vieles schief gelaufen, wie immer in unserer Gesellschaft wurde vieles unter der Hand gemauschelt, viele haben jetzt schon sehr viel Geld daran verdient usw.
Du sagst es doch selber: Wenn es kein "Killer-Argument" dafür gibt, dann muss man doch auch keines dagegen haben, um gegen den geplanten Ausbau zu sein. Ich habe ja bereits dargelegt, dass die geplante Beschleunigungsmaximierung erstens sehr wacklig und fragwürdig ist und zweitens selbst bei optimalem Gelingen für mich
diesen Mitteleinsatz nicht rechtfertigt - schon gar nicht in Anbetracht der derzeitigen Lage.
Und ja, ich denke, dass vor allem Kommunalpolitiker ein vorrangiges Interesse an dem Baugrund haben und mit den potentiellen Wohn- oder Gewerbeflächen nicht nur das Stadtsäckel füllen wollen.
Aber es gibt genug Faktoren die man nicht genau messen kann. Die keinen direkten Ertrag bringen. Sicher sind 4 Mrd. (+ Überteuerung) Kosten sehr viel für ein Prestigeprojekt. Aber wenn ich es mit Berlin vergleiche. Klar schlechter Vergleich, da in Berlin durch die Vereinigung gebaut werden musste. Aber die Veränderung von Berlin ist doch phänomenal, die Kosten waren es allerdings auch. Dagegen sind selbst die 4 Mrd. Pipiklacks. Etwas kleiner betrachtet kann was in Stuttgart entstehen. Dazu mehrere Tausend Arbeitsplätze, neuer toller Wohnraum, Aufwertung von Stuttgart allgemein und eben halt ein moderner Bahnhof...
Hierzu als Kritik:
1. Die 4 Mrd. Euro sind (wie schon angemerkt wurde) der Betrag der ersten Planung, wobei inzwischen belegt ist, wie krampfhaft versucht werden musste, den Betrag unter die K.O.-Grenze von 4,5 Mrd. Euro zu drücken (u.a. mit schmaleren Tunneln und weniger Sicherheitskosten). Der aktuell höchste Betrag, der herumschwirrt, sind 12 Mrd. Euro vom Bundesumweltamt - berichtigt mich, wenn ich mich irre, hab die Zahlen vor ein paar Wochen zuletzt gesehen.
2. Es wurde versprochen (nachweisbar) bei einem signifikanten Kostenzuwachs eine Entscheidung durch eine Bürgerbefragung zu legitimieren. Die Kosten dürften sich locker verdoppeln - eine Einbindung der Bürger wird weiterhin abgelehnt.
3. Ob und wieviele Arbeitsplätze entstehen, kann man derzeit wahrlich nicht sagen. Profitieren werden von diesen "neuen" Arbeitsplätzen die wenigsten (häufig ist es doch so, dass wenn sich neue Dienstleistungs- und Handelszentren bilden die Betriebe umziehen und Mitarbeiter mitnehmen, oder dort neue Arbeitskräfte einstellen, während die Anzahl der Arbeitskräfte am alten Standort komplett oder größtenteils entlassen werden, während in der Peripherie viele Gewerberäume verwaist sind).
4. Den "neuen tollen Wohnraum" können sich garantiert auch die wenigsten Stuttgarter leisten - ganz sicher nicht diejenigen, die durch die Kosten betroffen sind (indem sie beispielsweise die maroden Bahnstrecken in der Umgebung befahren müssen, oder die am meisten durch Einsparungen der öffentlichen Ausgaben als Folge der Kostenexplosion betroffen sind).
5. Ein "neuer Bahnhof" kann auch mit sehr viel geringeren Kosten entstehen. Das Konzept "K21" macht auf mich sowohl wirtschaftlich als auch verkehrspolitisch (wenngleich ich hiervon wenig Ahnung habe) sehr viel mehr Sinn.
Noch mal kurz uu den Kosten, darüber habe ich sehr viel gelesen. Die Zahl 4 Mrd. ist wie gesagt hoch, aber bei einem Investitionsvolumen der Bahn von über 50 Mrd. doch nur ein kleiner Teil.
Wie gesagt, die Kosten werden derzeit auf 8-12 Milliarden EUR geschätzt - die 4 Mrd. EUR sind die kalkulierten Kosten bei Planungsstart vor rund 15 Jahren.
Soweit ich weiß müssen die Mehrkosten nicht von der Bahn, sondern vor allem vom Land BW und der Stadt S übernommen werden. Aber letztlich ist es egal, welche Steuergelder verbrannt werden - im Gegensatz zur letzten und allen künftigen Bankenrettungen dürften das wahrlich Peanuts sein. Nur wenn wir alle Ausgaben am Investitionsvolumen öffentlicher Einrichtungen oder fragwürdiger Wirtschaftshilfen messen, dann ist uns wohl auch nicht wirklich geholfen.
@ Chemsi
Hab an der Umfrage teilgenommen und mich für die Folgeumfragen eingetragen. Sehr benutzerfreundliche und gut gemachte Umfrage übrigens!