Sakrileg - The Da Vinci Code

Teil 3:



„Es ist wie bei einer Familie“



Ausgenützt fühlen sich die Frauen des Opus Dei keineswegs. „Es ist wie bei einer Familie“, erklären die Müncher Numerarierinnen munter. „Wir übernehmen ein bisschen die Mutterrolle. Damit können wir die apostolische Arbeit der Männer am besten unterstützen.“



Apostel Dohrenbusch würde nur allzu gern viele Menschen für den Glauben und das Werk gewinnen. Er schwärmt von einer „Generalmobilmachung der Laien“. Kein Freund, kein Kollege und kein Patient ist vor seinen Bekehrungsversuchen sicher. Doch das „Missions-Land“ Deutschland ist ein steiniger Acker. In den vergangenen Jahren hat das Werk hierzulande etwa ebenso viele Mitglieder verloren wie gewonnen. Nur zaghaft wagen sich Escrivás Urchristen vor. So auch Journalist Bernd Kreuels, ein Mitbewohner von Josef Dohrenbusch. Er betreut die Verlagsbeilagen einer Münchner Tageszeitung. Meist behandeln sie Themen wie Messen, Ausbildung oder den Flughafen. Da fällt das Apostolische schwer. Fünfmal im Jahr aber erscheinen die Seiten „Vorsorgen und die letzten Dinge regeln“. Hier könne er endlich „Werte rüberbringen“, Texten einen „religiösen Touch“ geben, erzählt der Redakteur. Einige Male schon habe er in seine Trauerartikel ein Zitat Escrivás eingeflochten. Doch zuletzt sagte der Anzeigenvertreter: „Du Bernd, kannst du das nicht weglassen?“ Da anonymisierte Kreuels den Gründer. Eine Schaltstelle der Macht hat der Journalist sicherlich nicht besetzt.



Opus Dei hat viel Macht in Spanien



Die deutschen Angehörigen können nur träumen von der Macht ihrer Organisation in Spanien, wo Escrivá 1928 das Werk „auf Grund göttlicher Eingebung“ ins Leben rief. Das Opus Dei zählt hier 33 000 Mitglieder, betreut die Universität von Pamplona nebst Business-School-Ableger in Barcelona und weiß Minister, Chefredakteure und Bankiers in seinen Reihen.



Oder von der Situation in Italien, wo 4000 Opus-Dei-Mitglieder leben. Hier bekennt sich der ehemalige Ministerpräsident Giulio Andreotti offen als ein Freund des Werks. Fußball-Trainer Giovanni Trapattoni verteilt gern die gelben Escrivá-Gebetszettelchen. Der Sprecher des Papstes, der Spanier Joaquín Navarro-Valls, ist Numerarier.



In der Zentrale des Opus Dei an der Viale Bruno Buozzi im Norden der Villa Borghese regiert das 16-köpfige Leitungsgremium, residiert der Prälat, wohnen und arbeiten die Werks-Bürokraten. Sie treiben Seligsprechungsverfahren voran, verwalten den Bücherindex, wissen Geld einzutreiben, wenn der Heilige Vater in Finanznöten steckt. Vor allem aber planen und organisieren sie die Ausweitung des Werks wie zuletzt in Finnland, Lettland und Kasachstan. Zum Aufbau eines neuen Zentrums schicken die Missionierungsstrategen meist einen Priester und zwei Numerarier in die Fremde, die sich dort als Erstes einen Job suchen.



„Radikal wie die Zisterzienser“



Eine „Task Force des Papstes“ wollen sie sein, die Mitglieder des Opus Dei, „radikal wie die Zisterzienser des 12. Jahrhunderts“. Und werden nicht müde zu betonen, wie tolerant sie gegenüber anderen Konfessionen und Religionen sind, wie sie sich vor Überheblichkeit hüten und versuchen, „einfach gut“ zu sein.



Viel Ängstlichkeit



Doch obwohl selbst Aussteiger berichten, das Werk sei eine „großartige Sache“ und in den letzten Jahren liberaler geworden, obwohl die bevorstehende Heiligsprechung Escrivás die Kritiker innerhalb der Kirche verstummen lässt, begegnen wir viel Ängstlichkeit. Verlegenem Gedruckse, als wir in Rom durch Zufall in das Haus einer werksnahen Stiftung geraten. Einem Referendar, der vor seinen Schülern und Kollegen seine Mitgliedschaft im Werk verschweigt. Einer schönen Supernumerarierin, die um ihren Job an der Uni fürchtet, weil sie im Arbeitsvertrag bei der Frage „Sind Sie Mitglied einer religiösen Vereinigung?“ das Nein-Kästchen angekreuzt hat. Der Innenausstatterin des Werks in Köln, die Marienbildchen aus Kalendern ausschneidet und rahmt, und schreiend wegläuft, als wir sie fragen, ob wir ein Foto machen dürfen.



„Flattere nicht wie eine Henne“



Als stünden die Mitglieder des Opus Dei mit dem Rücken zur Wand, als müssten sie sich für ihren Glauben rechtfertigen, als seien sie selbst in die Falle ihrer Geheimniskrämerei getappt. „Flattere nicht wie eine Henne, wenn du wie ein Adler aufsteigen kannst“, schrieb Josemaría Escrivá. Seinen zu Demut und Buße erzogenen Jüngern fällt das schwer.



Spät, nach einem „Einkehrabend“ im Haus Weidenau voll Gebeten und Betrachtungen und stiller Lektüre geistlicher Bücher, geht Josef Dohrenbusch zu Bett. Er wird alle in sein Gebet einschließen, die Zauderer in den eigenen Reihen, die verkrampften Kritiker und auch die Journalisten, denen sich die „vollendete Schönheit des Werks“ vielleicht doch noch nicht ganz offenbart hat.



Quelle: www.nachrichten.de
 
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