Das ist - in Anbetracht der gestrigen Hoffnung - doppelt bitter. Vorfreude ist sicher das Wort, dass man im Zusammenhang mit der neuen Saison vorerst (und auch bei mir) nur mit Negierungen lesen wird.
Ich werde Anfang jetzt - bar jeder Euphorie - an- bzw. hinnehmen. Er hat die Möglichkeit verdient, sich durch Arbeit ein Standing zu erarbeiten und uns alle zu widerlegen.
In diesem Zuge möchte ich auch auf eine Frage von
@jimjones gestern antworten:
Würdet ihr jedem zujubeln? Gibt es gar keine moralischen Grenzen?
Ich bin Staatsanwalt und habe daher auf strafrechtliche und moralische Verfehlungen einen besonderen beruflichen Blickwinkel.
Es ist nicht zu bestreiten, dass Markus Anfang eine moralische Verfehlung besonderer Güte hingelegt hat. Corona war für uns alle schwierig. Die Entscheidung sich nicht zu impfen ist persönlich. Die Entscheidung der Fälschung des Nachweises ist strafrechtlich relevant (und war es ja auch hier). Es ist - und das ist nicht zu bestreiten - ein Blick in den Charakter einer Person. Und dieser Blick ist für mich durchaus mit dem Eindruck behaftet, dass "moralische Flexibilität" vorlag (!, nicht zwingend noch vorliegt) und man sein eigenes Vergnügen über die geltende Rechtslage gestellt hat (damals). Dafür wurde Markus Anfang bestraft - mit niedrieger Geldstrafe (30 Tagessätze) und 1 Jahr Berufsverbot. Damit ist seine Schuld gegenüber der Gesellschaft getilgt.
Bleibt die Frage: Wie sieht es mit seinem Charakter aus? Da sehe ich durchaus derart offene Fragen, dass ICH als Entscheidungsträger ihn DERZEIT nicht als Übungsleiter eingestellt hätte. ABER: Ich habe auch nicht persönlich mit ihm gesprochen und mir angehört, wie er heute tickt.
Habe ich keine moralischen Grenzen? Doch! Aber: die sind für mich vorliegend nicht erfüllt. Unwiderrufliches No-Go wären etwa Misshandlungen oder sexuelle Übergriffigkeit im Jugendbereich (als auch gerade als Übungsleiter). Auch Schwerstkriminalität wäre sicher etwas, was man nicht vergessen kann. Das vorliegende Delikt ist aber aus meiner Sicht und in Anbetracht der Strafe nicht schwerwiegend genug, dass ich Anfang schlechterdings unerträglich empfinde.
Bleibt als Fazit: Ich bin nicht vollends von seiner charakterlichen Eignung überzeugt. Ich gebe ihm aber ein Chance sich zu beweisen. Euphorisiert bin ich gleichwohl keinesfalls. Ich beobachte die Entwicklung mit Skepsis und kritischer Distanz - aber ich gebe Anfang die faire Möglichkeit, mich fachlich und auch moralisch zu überzeugen.