Wirklich schade, daß die Ära Ehrmann wohl nun so bitter zu Ende geht.
Als Spieler ein Teil goldener FCK-Zeiten. Dreimal Deutscher Meister und viermal Pokalsieger (aktiv 1x bzw 2x). Und dann als Trainer hervorragende Arbeit in seinem Bereich, jahrzehntelange Vereinstreue und eine teils erfrischende "Kantigkeit" in einer ansonsten zunehmend stromlinienförmigen, glattgebügelten und, ja, langweiligen Medienwelt.
Fußball-Deutschland hatte ja noch nie ein Torwart-Problem. Trotzdem dürften sich die meisten Vereine freuen, wenn sie einmal pro Jahrzehnt einen Stammspieler auf dieser Position aus der eigenen Jugend hervorbringen, ganz zu schweigen von Jugend- oder A-Nationalspielern. Ehrmann hat das als FCK-Torwarttrainer praktisch durchgehend geschafft.
Nationaltorwarte aus Gerrys Flugschule:
- Weidenfeller: (ablösefrei zum BVB; insgesamt 355 BL-Spiele; U21-NM und als BVB-Spieler auch noch A-NM)
- Wiese (ablösefrei zu Werder Bremen; insgesamt 269 BL-Spiele; U21-NM und als Werder-Spieler auch noch A-NM)
- Fromlowitz (ablösefrei zu H96; insgesamt 70 BL-Spiele; U16- bis U21-NM)
- Sippel (ablösefrei zu Gladbach; bisher 43 BL-Spiele; U19- und U21-NM)
- Robles (ablösefrei zum KSC; 49 2.BL-Spiele und bisher 238 MLS-Spiele; 3 Spiele US-NM)
- Trapp (für 1,5 Mio zu Frankfurt; 63 Ligue1-Spiele und bisher 158 BL-Spiele; U18- bis U21-NM und als PSG/Frankfurt-Spieler auch noch A-NM)
- Marius Müller (für 1,7 Mio zu den Dosen; 72 2.BL-Spiele und bisher 23 SL-Spiele in der Schweiz; U20-NM)
- Pollersbeck (für 3,5 Mio zum HSV; 10 BL-Spiele; U21-NM)
- Grill (noch Vertrag bis 2021; angeblich ist Leverkusen interessiert; U16- bis U21-NM)
Kann mich nicht erinnern, ob wir bei einigen davon am Weiterverkauf beteiligt waren (Trapp?), aber der Transfererlös summiert sich ja so schon auf ca 7 Mio. Abgesehen davon hätte man vermutlich noch viel mehr rausholen können, wenn sich das Management cleverer angestellt hätte! Ohne diese Spieler wäre der FCK sportlich womöglich noch schneller und heftiger abgestürzt - und ohne die Transfers der Spieler mit Ablösesumme wäre der FCK vielleicht schon längst wirtschaftlich insolvent gewesen.
Sowohl sportlich als auch finanziell ist der Verein Ehrmann also zu großem Dank verpflichtet!
Ehrmann im Interview auf die Frage, ob es Anfragen anderer Vereine gab (2017): "Die gab es, aber ich bin 58 und schon so lange beim FCK, da müsste viel passieren, dass ich den Verein verlassen würde. Ich bin immerhin schon 34 Jahre dabei und ich identifiziere mich absolut mit der Region und dem Klub. Das gebe ich auch meinen Torhütern als Grundeinstellung mit. Herz und Leidenschaft zählen und der Wunsch, dem Verein etwas zurückzugeben anhand von Einstellung und Identifikation."
Man kann davon ausgehen, daß er das sinkende Schiff FCK schon vor vielen Jahren hätte verlassen können, um sonstwo einen wahrscheinlich viel besser bezahlten Job mit sicherlich erheblich besserer Perspektive anzunehmen. Hat er aber nicht getan. Das ist die Treue und "Heimatverbundenheit", die im heutigen Fußball-Söldner-Geschäft ja eigentlich komplett ausgestorben ist.
Und dann ist da halt noch seine Art in der Kommunikation. Er trägt das Herz auf der Zunge und hält sich nicht an "political correctness". Das hat ihm neben den sportlichen Leistungen ebenfalls bei vielen Fans einen hohen Status eingebracht. Aber es bringt ihn eben jetzt auch zu Fall. Der Umgangston mag für Ehrmann in der Hitze des Gefechts (und mglw auch sonst...) normal sein und neben einem kräftigen Körperbau braucht gerade ein Torwart natürlich eine robuste Psyche und muß abgebrüht/abgehärtet sein, aber die Zeiten ändern sich eben auch im Kommunikationsbereich. Ich will jetzt nicht behaupten, daß man im Fußball plötzlich feingeistige Gespräche führen sollte (obwohl ja allenthalben von "Philosophie" gesprochen wird, worüber ich immernoch nur den Kopf schütteln kann) oder daß für einen Job in der Branche mittlerweile ein verbaler Benimm-Kurs nötig ist, aber schon an dem Auszug aus Kloses Biographie sieht man ja, daß das schon vor Jahren ganz sicher nicht bei allen gut ankam. Jetzt kann man sagen: "Als Profi musst Du das abkönnen. Lehrjahre sind keine Herrenjahre! Bei Auswärtsspielen ist da von gegnerischen Fans noch ganz anderes gefällig. Leg Dir halt ein dickes Fell zu!" Stimmt schon, aber nicht alle Spieler (und sonstige Arbeitskollegen) sind so wie Ehrmann gepolt. Da sind halt auch dünnhäutigere Menschen dabei, denen ein "Leg Dir ein dickes Fell zu" in der Situation nichts bringt. Beleidigende Ausdrücke und abfälliges Verhalten von Mannschaftskollegen und eigenen Trainern treffen doch viel mehr als wenn das vom Gegner kommt. Zudem ist es meiner Erfahrung nach für die Motivation extrem kontraproduktiv.
Während das gegenüber Spielern noch so gerade durchgehen mag (wobei ich meine, daß nicht nur die Torwarte "seine" Jungs sein sollten, sondern auch die Feldspieler), ist es im Umgang mit den Trainerkollegen im allgemeinen und speziell in Bezug auf den Chefcoach nicht tragbar! Man kann auch Kritik äußern, ohne dabei Porzellan zu zerschlagen. Er untergräbt ja nachhaltig die Autorität des Cheftrainers, wenn er sich so verhält. Das geht einfach nicht! Egal, was Ehrmann von Schommers hält - er kann ihn nicht vor versammelter Mannschaft oder im VIP-Bereich runtermachen oder beleidigen (falls das stimmen sollte). Überlegt mal: ihr spielt in einem Verein und der Torwarttrainer, Assi oder Zeugwart sagt zum Chef "Idiot, Du lässt totale Scheiße spielen!". Was denkt ihr vom Chef, wenn er sich das gefallen lässt (wahrscheinlich mehrmals!)?
Man wird noch abwarten müssen, welche Fakten auf den Tisch kommen (falls das überhaupt passiert), aber Merk&Co werden Ehrmann ganz sicher nicht ohne Grund feuern (soweit ich es verstehe, ist das ja nicht mal 100% sicher?). Es ist sicherlich Schwerwiegendes vorgefallen, und zwar mehr als einmal! Der Ton macht die Musik und Ehrmann hat nun wohl einmal zu oft die falsche Note getroffen.
Ich hoffe, daß der Verein auf seinen Kommunikationskanälen und auf dem Platz zeitnah(!) noch eine richtige, ehrenvolle Verabschiedung hinbekommt, in der seine Verdienste um den FCK in den Mittelpunkt gestellt werden! Darüberhinaus hoffe ich, daß die Fans Schommers jetzt nicht total fertigmachen (allein, mir fehlt der Glaube). Das hilft niemandem, auch Ehrmann nicht.