Im freien Fall in Liga Zwei
Neue Engine, neues Spielgefühl, neuer Konkurrenzkampf? So ähnlich haben es sich wohl die Verantwortlichen im Hause Konami vorgestellt. „Pro Evolution Soccer 2014“ soll die Fußballserie voranbringen und den Widersacher „Fifa 14“ ausstechen. Das Ergebnis allerdings ist fast ernüchternd: Das Spiel ist unausgereift und hat einige Fehler. Nichts, was in die Ladenregale gehört.
Die Messlatte liegt hoch – und wurde teilweise selbst nach oben gewuchtet. Denn seit Jahren duellieren sich „Pro Evolution Soccer“ und „Fifa“ auf Augenhöhe, wenn es darum geht, das beste Fußballspiel zu sein. Nur selten war das Ergebnis eindeutig, nur selten hat eine der beiden Serien qualitativ danebengegriffen.
So einen Griff gibt es dieses Jahr wieder. Und dieser ist deutlich, überdeutlich. Und dabei sollte dieses Jahr doch alles anders werden für Konami. Mit neuer Engine wollten die Verantwortlichen „Pro Evolution Soccer“ (PES) einen riesigen Schritt nach vorne bringen. Den Schritt, der fehlte, die Konkurrenz zu überholen. Der, der es ausmacht, dass die Wahl eindeutig ist. Immerhin das hat Konami erreicht: denn das bessere Spiel ist definitiv „Fifa 14“.
Was ist am neuen „PES“ so schlecht? Die neue Engine, nicht gänzlich, aber in einigen wesentlichen Punkten. Das Spiel ruckelt. Richtig. Ruckeln – die Krankheit aus den 90ern. Und das nicht etwa im Online-Mehrspieler-Modus, sondern beim gewöhnlichen Kick gegen den Computergegner. Und es ist kein Ruckeln in einer harmlosen Spielunterbrechung, sondern ein Ruckeln während des Spielzugs, während der Stürmer aufs Tor rennt, während die Schusstaste vorsichtig gedrückt wird, um mit Gefühl den Ball ins Tor zu kicken. Wenn es rund um den Strafraum hektisch und turbulent wird, setzt das Spiel aus. Und wenn es nicht ruckelt? Dann flimmert es. An der grafischen Leistung der Engine gibt es nicht viel schönzureden. Die wenigen ansehnlichen Präsentationen außerhalb der Spielzeiten oder das verschönerte Publikum sind sehr schnell vergessen. Dafür sorgt alleine schon der unwirkliche Rasen. Und das – im Vergleich zum neuen „Fifa“ – fast schon steinzeitliche Menü wirkt im Jahr 2013 wie ein Fremdkörper.
Was kann die neue Engine spielerisch? Ein paar richtige Schritte sind zu erkennen. Konami hat bewusst bei den Schwächen der Vorgänger angesetzt und die Stärken ausgebaut. Die Raffinessen sind beispielsweise noch raffinierter geworden. Heißt: Die vielen Ballfeinheiten bei den Schüssen und Dribblings wurden nochmal verbessert – es ist recht knifflig, macht aber echt Spaß, wenn man es kann. Die Überlegenheit der Offensive wurde eingedämmt. „Pro Evolution Soccer“ macht hier einen Schritt in Richtung Realismus. Statt Tore am Fließband hat das Spiel inzwischen eine gute Offensiv-Devensiv-Balance. Der Schlüssel zum Erfolg ist ein guter Spielaufbau, der durch das verbesserte Zweikampfsystem zusätzlich seinen Reiz bekommt. Das wirkt alles frischer als früher, hinkt aber etwas der Feinarbeit bei „Fifa“ hinterher. Immerhin sind es Ansätze, die dem Spieler dann doch noch Spielfreude abgewinnen können.
Bis die nächsten Fehler auftauchen. Neben Ruckeln und Flimmern hat die Physik so ihre Probleme. Die Kollisionsabfragen versagen teilweise, Spieler rennen ineinander, bleiben aneinander hängen oder behakeln sich zu sehr. Wären dies echte Fußballer, sie wären nach der ersten Halbzeit mit Blutergüssen übersät. In diesem Zusammenhang reiht sich zusätzlich Clipping ein. Und wem das nicht reicht: Torhüterfehlgriffe sorgen für den Rest. „Pro Evolution Soccer 2014“ ist einfach nicht fertig entwickelt.
Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt spielerisch eine sanfte Verbesserung der Vorversionen und nicht den erhofften Sprung. Und zusätzlich fehlen wie immer die Lizenzen. Es gibt keine Bundesliga, viele Top-Ligen sind verfremdet. Immerhin eine Champions-League-Lizenz gibt es, allerdings nicht mit allen Mannschaften. Bayern München ist spielbar, Borussia Dortmund jedoch nicht.
Dieses Jahr ist für Konami zum Vergessen. „Fifa 14“ hat den Vergleich deutlich gewonnen. Nächstes Jahr werden die Karten neu gemischt: Wenn beide Titel die neuen Konsolen PS 4 und Xbox One bedienen. (jff)
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pfälzische Volkszeitung
Ausgabe: Nr.255
Datum: Montag, den 04. November 2013