Die Forderung ist schnell ausgesprochen: Wir wollen den Videobeweis! Doch wie soll das genau gehen?
Die erste Frage lautet: Wer bekommt die Bilder zu sehen und wer entscheidet dann? Denkbar ist ein Oberschiedsrichter, der Zugriff auf alle verfügbaren Bilder hat und eine Fehlentscheidung des Unparteiischen überstimmt. Möglich aber auch, dass sich dieser selbst, entweder nach einem Hinweis von außen oder weil er selbst nicht ganz sicher ist, am Spielfeldrand noch einmal Fernsehaufzeichnungen betrachten kann. Dritte Möglichkeit: Eine Anleihe beim American Football. Dort hat jeder Trainer die Möglichkeit, zwei Mal pro Halbzeit einen Videobeweis zu beantragen. Bestätigt dieser seine Meinung nicht, wird ihm die Möglichkeit einer Auszeit genommen - davon hat er drei pro Halbzeit.
Lauterns Trainer Kurt Jara argumentiert: "Überstimmt ein Oberschiedsrichter den Unparteiischen auf dem Platz vier oder fünf Mal, verliert der zwangsläufig an Autorität." Sein Nürnberger Kollege Wolfgang Wolf sagt: "Der Videobweis würde den Charakter des Spiels gefährlich verändern. Die Hinweise auf American Football kann ich nicht mehr hören, dieses Spiel ist doch ganz anders als Fußball."
Nächste elementare Frage: Wann könnte ein Videobeweis überhaupt greifen. Nach momentaner Rechtslage kann ein Spieler auf Grund von TV-Bildern gesperrt werden, wenn er sich "krass sportwidrig" verhalten hat. Was wäre die Voraussetzung, eine Fehlentscheidung als krass zu bezeichnen?
- nur eine direkte Torerzielung?
- der unmittelbare Pass, der zu einem Tor führt oder auch der dritte, vierte oder noch fünfte davor? Bei Argentinien gegen Deutschland führte Cambiasso den Freistoß nach Freiers Foul an Sorin rund fünf Meter entfernt vom Tatort aus, Crespo verwertete den Pass direkt zum 2:2.
- eine Elfmeterentscheidung? Bei der Sequenz in Bremen, die mit Strassers Attacke an Klose änderte, war nach vier unklaren Szene in Folge das Spiel kein einziges Mal unterbrochen. Das Studium aller Zeitlupen hätte mehrere Minuten erfordert. "Nach Betrachten aller Zeitlupen-Einstellungen bin ich immer noch nicht sicher. Wie sollte da ein Oberschiedsrichter entscheiden", sagte Beobachter Manfred Amerell nach der Szene mit Pieckenhagen und Szabics in Hamburg.
- ein Platzverweis, wie in Schalke, als Sarpei statt des bereits verwarnten Quiroga Gelb sah?
- das Strafmaß, wie in Bremen mehrfach geschehen, als Werder-Verantwortliche bei den Attacken von Fukal an Ernst oder Moore an Jensen lieber Rot als Gelb gesehen hätten? Hier, so ein Ergebnis des kicker-Feldversuchs, würde das so genannte "Fingerspitzengefühl" eines Schiedsrichters ausgeschaltet, die Unterbrechungen wären zahlreich und langwierig.
- ein Abseitspfiff, der einem Angreifer eine klare Torchance raubt? Was, wenn der Schiri kein Abseits erkannt hat? Diese Situation gab es bei dem intensiven Spiel Bremen gegen Gladbach mehrfach.
Festzuhalten bleibt: Der Fußball kann sich modernen Entwicklungen nicht verschließen. "Wir sind für alles, was uns hilft, Fehlentscheidungen zu verhindern", sagt Herbert Fandel, Aktivensprecher der deutschen Schiedsrichter, allgemein. Doch wo anfangen, wo aufhören? Jürgen Aust fasst seine Erfahrung aus dem Feldversuch so zusammen: "Die technischen Möglichkeiten sind noch nicht ausgereift. Zwei bis drei Sekunden müssten genügen, um eine Entscheidung zu bestätigen oder zu korrigieren. Sonst müsste man unter Umständen den Spielfluss unterbrechen oder gar einen Angriff unterbinden."
Thomas Roth
www.kicker.de
Die erste Frage lautet: Wer bekommt die Bilder zu sehen und wer entscheidet dann? Denkbar ist ein Oberschiedsrichter, der Zugriff auf alle verfügbaren Bilder hat und eine Fehlentscheidung des Unparteiischen überstimmt. Möglich aber auch, dass sich dieser selbst, entweder nach einem Hinweis von außen oder weil er selbst nicht ganz sicher ist, am Spielfeldrand noch einmal Fernsehaufzeichnungen betrachten kann. Dritte Möglichkeit: Eine Anleihe beim American Football. Dort hat jeder Trainer die Möglichkeit, zwei Mal pro Halbzeit einen Videobeweis zu beantragen. Bestätigt dieser seine Meinung nicht, wird ihm die Möglichkeit einer Auszeit genommen - davon hat er drei pro Halbzeit.
Lauterns Trainer Kurt Jara argumentiert: "Überstimmt ein Oberschiedsrichter den Unparteiischen auf dem Platz vier oder fünf Mal, verliert der zwangsläufig an Autorität." Sein Nürnberger Kollege Wolfgang Wolf sagt: "Der Videobweis würde den Charakter des Spiels gefährlich verändern. Die Hinweise auf American Football kann ich nicht mehr hören, dieses Spiel ist doch ganz anders als Fußball."
Nächste elementare Frage: Wann könnte ein Videobeweis überhaupt greifen. Nach momentaner Rechtslage kann ein Spieler auf Grund von TV-Bildern gesperrt werden, wenn er sich "krass sportwidrig" verhalten hat. Was wäre die Voraussetzung, eine Fehlentscheidung als krass zu bezeichnen?
- nur eine direkte Torerzielung?
- der unmittelbare Pass, der zu einem Tor führt oder auch der dritte, vierte oder noch fünfte davor? Bei Argentinien gegen Deutschland führte Cambiasso den Freistoß nach Freiers Foul an Sorin rund fünf Meter entfernt vom Tatort aus, Crespo verwertete den Pass direkt zum 2:2.
- eine Elfmeterentscheidung? Bei der Sequenz in Bremen, die mit Strassers Attacke an Klose änderte, war nach vier unklaren Szene in Folge das Spiel kein einziges Mal unterbrochen. Das Studium aller Zeitlupen hätte mehrere Minuten erfordert. "Nach Betrachten aller Zeitlupen-Einstellungen bin ich immer noch nicht sicher. Wie sollte da ein Oberschiedsrichter entscheiden", sagte Beobachter Manfred Amerell nach der Szene mit Pieckenhagen und Szabics in Hamburg.
- ein Platzverweis, wie in Schalke, als Sarpei statt des bereits verwarnten Quiroga Gelb sah?
- das Strafmaß, wie in Bremen mehrfach geschehen, als Werder-Verantwortliche bei den Attacken von Fukal an Ernst oder Moore an Jensen lieber Rot als Gelb gesehen hätten? Hier, so ein Ergebnis des kicker-Feldversuchs, würde das so genannte "Fingerspitzengefühl" eines Schiedsrichters ausgeschaltet, die Unterbrechungen wären zahlreich und langwierig.
- ein Abseitspfiff, der einem Angreifer eine klare Torchance raubt? Was, wenn der Schiri kein Abseits erkannt hat? Diese Situation gab es bei dem intensiven Spiel Bremen gegen Gladbach mehrfach.
Festzuhalten bleibt: Der Fußball kann sich modernen Entwicklungen nicht verschließen. "Wir sind für alles, was uns hilft, Fehlentscheidungen zu verhindern", sagt Herbert Fandel, Aktivensprecher der deutschen Schiedsrichter, allgemein. Doch wo anfangen, wo aufhören? Jürgen Aust fasst seine Erfahrung aus dem Feldversuch so zusammen: "Die technischen Möglichkeiten sind noch nicht ausgereift. Zwei bis drei Sekunden müssten genügen, um eine Entscheidung zu bestätigen oder zu korrigieren. Sonst müsste man unter Umständen den Spielfluss unterbrechen oder gar einen Angriff unterbinden."
Thomas Roth
www.kicker.de