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Sport im Spiegel
Als der Betzenberg französisch war
SPORTGESCHICHTE: Wie Franzosen und Amerikaner dem Sport in der Pfalz begegneten
Von Wolfgang Kauer
Anders als später die Amerikaner standen die Franzosen dem Sport in Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sehr distanziert gegenüber. Wegen seiner Verstrickung in Nationalismus und Militarismus des Dritten Reiches schien er den Besatzern des späteren Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg problematisch. „Den Franzosen schienen intensive Eingriffe vonnöten“ hieß es in dem Vortrag des Historikers und Archivars Hans Ammerich, Honorarprofessor an der Universität Koblenz-Landau, beim Sporthistorischen Symposium des Sportbundes Pfalz in Kaiserslautern.
Die Besatzungsmacht aus dem Nachbarland war im Zwiespalt. Zum Einen brauchte sie den Sport zur Sicherung ihrer Autorität bei der Bevölkerung, zum Anderen sah sie in der Zulassung des Sports eine politische Gefahr. Ammerich: „Um den Sport für ihre langfristigen Ziele in der Politik nutzen zu können, mussten die Franzosen ihr Misstrauen überwinden und Reformen vornehmen. Die wurden allerdings von einschränkenden Maßnahmen begleitet.“
Infolgedessen bewegten sich die Franzosen mit ihrer Sportpolitik auch in der Pfalz auf einem schmalen Grat zwischen Kooperation und Demonstration der Autorität. Die Wiederzulassung verschiedener Sportarten – Kampfsport erst im November 1948 – geschah unter Vorbehalten oder mit Ausnahmeregelungen.
Das galt auch für die Sportart Nummer eins: Die Franzosen bestimmten, ob und wo Fußball gespielt werden konnte. Ammerich: „Sie gaben Spielflächen nur frei, wenn sie es als Besatzungsmacht wollten. Dies zeigte sich in der Behandlung des 1. FC Kaiserslautern.“ Das Stadion auf dem Betzenberg war beschlagnahmt und nach General Goislard des Montsabert, dem Befehlshaber der Besatzungsstreitkräfte, „Stade de Montsabert“ benannt worden. Die FCK-Fußballer durften darin nicht trainieren und spielen. Sie wichen daher auf den Erbsenberg aus, wo der Ortsrivale VfR seinen Spielplatz hatte. Erst im Winter 1945/46 erhielt der FCK das Betzenberg-Stadion zurück.
Kurz zuvor hatte der Fußball wieder zu rollen begonnen. Vereine aus dem Südwesten, darunter der FCK und der 1. FC Saarbrücken, vereinbarten ab Januar 1946 Punktspiele nach dem Beispiel der Oberliga Süd, die schon am 4. November 1945 ihren Betrieb aufgenommen hatte. Meister dieser ersten Spielrunde nach Kriegsende im Südwesten wurde der FC Saarbrücken, der FCK war Vizemeister. In den Begegnungen um den Titel eines Gesamtmeisters der französischen Besatzungszone setzen sich die Saarbrücker gegen den FC Rastatt durch.
Vergleiche mit Mannschaften aus anderen von den Alliierten besetzten Gebieten waren freilich nicht möglich: Die Franzosen ließen keinen Spielbetrieb zu, der über ihre Besatzungszone hinaus ging. Und sie mischten sich auch in geplante Vereinswechsel von Spielern ein.
Dagegen verfuhren die US-Amerikaner in den 1950er-Jahren so, wie es General Miles Reber, Kommandeur der Western Area Command, formulierte: „Wir sind uns der großen Bedeutung bewusst, die Sport als völkerverbindende Idee und Tatsache darstellt. Deshalb unterstützen wir alle Möglichkeiten, die dem Sport dienlich und förderlich sind. Im Übrigen denken wir, dass dies mehr eine menschliche, persönliche Beziehung ist als eine rein militärische Angelegenheit.“ Sportbund-Öffentlichkeitsreferent Asmus Kaufmann verwies auf mehrere Beispiele, wie die Amerikaner pfälzische Sportvereine unterstützten. Indem sie mit Gerätschaften den Neu- und Ausbau von Sportanlagen ermöglichten.
„Kaiserslautern ist Hauptstadt des Weltfußballs“
In 70 Jahren pfälzischer Sportgeschichte ist so einiges passiert. Das Wunder von Bern wäre etwa ohne pfälzische Beteiligung niemals möglich gewesen. Beim Sporthistorischen Symposium des Sportbundes Pfalz forderte Präsidentin Elke Rottmüller: „Wir brauchen mehr Geld vom Land!“
Von Wolfgang Kauer
Sport habe für die Menschen in Rheinland-Pfalz, aber auch für die Landesregierung, eine sehr große Bedeutung, schreibt das Ministerium des Inneren und für Sport in einer Verlautbarung. „Dies machen die Haushaltsansätze für die Sportförderung deutlich, die seit Jahren konstant auf einem hohen Niveau bleiben“, heißt es dort – ohne bei diesem Verweis auf individuelle Zuschüsse und Fördergelder eine Gesamtsumme zu nennen. Elke Rottmüller, seit Mai 2018 Präsidentin des Sportbundes Pfalz – nach Christian Löffler, Eugen Müller, Otto Johann, Peter Büchner und Dieter Noppenberger die erste Frau in diesem Amt –, dürfte zumindest mit dem ersten Teil dieser Feststellung einverstanden sein. Mit dem zweiten Teil ist sie es nicht ganz.
„Um regionale Aufgaben effektiver bewältigen zu können, brauchen wir mehr Geld vom Land“ sagte sie am Rande des nach 2013 zweiten, von Sportbund-Öffentlichkeitsreferent Asmus Kaufmann inhaltlich vorbereiteten und von Vizepräsident Ullrich Becker moderierten sporthistorischen Symposiums ihres Verbandes in der Kaiserslauterer Sportbund-Zentrale.
Dort befassten sich Referenten in acht Vorträgen vorwiegend mit der Entwicklung des Sports in der Pfalz nach dem Zweiten Weltkrieg. Themen: Der Wiederaufbau und die Neuorganisation der Turn- und Sportbewegung unter der französischen Besatzungsmacht, die Gründung des Sportbundes Pfalz vor 70 Jahren (am 23. Juli 1949 im Hambacher Gasthaus „Zum Engel“) und die Bedeutung der Amerikaner für den Sport. Sie nahmen ab 1950 Einfluss auf dessen Entwicklung, indem sie mit dem Einsatz von Baugeräten die Neuanlage und den Ausbau von Sportstätten verschiedener Vereine ermöglichten, unter anderem in Hinzweiler/Kreis Kusel, Otterberg, Mutterstadt, Steinbach am Donnersberg und Kirchheimbolanden.
Erst einige Zeit nach Kriegsende 1945 nahm das Sportgeschehen in dem von der französischen Besatzungsmacht zuerst „rhein-pfälzisches Land“, dann „Land Rheinpfalz“ und ab dem 18. Mai 1947 Rheinland-Pfalz bezeichneten Gebiet Form an. Sportbund-Marketingreferent Asmus Kaufmann verwies darauf, dass „die Entwicklung in den drei Landesteilen Rheinland, Pfalz und Rheinhessen sich relativ unabhängig voneinander vollzog“. Die Gründe dafür: die dezentrale Verwaltungspolitik der Franzosen und die individuelle Geschichte der drei Landesteile.
Gestalt nahm der Sportbund Pfalz (vormals Landessportverband) am erwähnten Juli-Tag 1949 in Hambach an. Zum „Landessporttag“ waren Vertreter aller 13 Fachschaften eingeladen. Doch nur zehn schickten Delegierte: Handball, Hockey, Tischtennis, Leichtathletik, Schwimmen, Turnen, Fußball und – eigens – Fußball-Jugend, Boxen, Schwerathletik. Nicht vertreten waren Rudern, Radfahren und Wintersport.
Unter der Überschrift „Pfalz-Sport gliedert sich ein“ schrieb das Sportblatt der RHEINPFALZ am 25. Juli 1949: „Zug um Zug vollzieht sich gegenwärtig die Umorganisation des deutschen Sports. Nachdem innerhalb der Westzonen über 80 Prozent einheitlich ausgerichtet sind, wurde nun auch für den pfälzischen Sport die Dachorganisation geschaffen, welche berufen ist, alle sich aus dem Sportgeschehen ergebenden überfachlichen Fragen mit den staatlichen, städtischen und sonstigen Stellen zu regeln. Präsident Löffler, der bisher dem Landessportverband vorstand, wurde einmütig berufen, die Geschäfte auch weiterhin wahrzunehmen und gleichzeitig die Liquidation der alten Organisationen durchzuführen.“
Bemerkenswert war die Vita des zum ersten Vorsitzenden gewählten Polizeibeamten Christian Löffler (1886–1976). Ihn hatten die Franzosen 1945 mit der Neuorganisation des Sports in der Pfalz beauftragt. 1946 war der in Kaiserslautern wohnende gebürtige Franke erster Vorsitzender des Bezirks Hinterpfalz der Sportbehörde Hessen-Pfalz, dann führte er den Landessportausschuss, dann den Landessportverband Pfalz. Löffler rief die Fußball-Oberliga der französischen Zone ins Leben, war ab Mitte Mai 1949 Vorsitzender des Zonensportrats und auch Kreis- und Bezirksvorsitzender des Südwestdeutschen Fußball-Verbandes. 1965 ernannte ihn der Sportbund Pfalz zu seinem Ehrenpräsidenten.
Am Aufbau des Sports im Südwesten, vorwiegend des Fußballs war auch Karl Fahrbach (1901–1957) beteiligt, der gute Verbindungen zu den Franzosen hatte. Der Ludwigshafener Kleiderfabrikant und -kaufmann führte den SV Phönix seiner Heimatstadt. Er wurde am selben Tag wie Christian Löffler beim Sportbund, am 23. Juli 1949, im Neustadter Saalbau zum ersten Vorsitzenden des Fußballverbandes Pfalz-Rheinhessen gewählt, dem späteren Südwestdeutschen Fußball-Verband. Fahrbach war einer der Initiatoren bei der Gründung von Sport-Toto Rheinland-Pfalz am 7. November 1948 und deren Aufsichtsratsvorsitzender.
Fahrbach initiierte auch den Bau des Ludwigshafener Südwest-Stadions, über das beim Symposium Klaus Becker vom Stadtarchiv Ludwigshafen referierte . Er beschrieb die während des Wiederaufbaus stetig anwachsenden Zuschauerränge des Stadion, „weil keiner in Ludwigshafen wusste, wohin der ganze Kriegsschutt gebracht werden konnte. Nach der Fertigstellung des Stadions stelle man überrascht fest, dass nun über 100.000 Menschen ins Stadion passten.“ Als zweite Vorzeigesportstätte in der größten pfälzischen Stadt stellte Becker die Mitte der 1950er in Ludwigshafen angelegte Radrennbahn in Friesenheim vor: „1956 waren 16.000 Zuschauer begeistert von den deutschen Meisterschaften, die zur Einweihung dieser Anlage ausgetragen wurden.“
„Fünf Spieler des FCK 1954 beim Wunder von Bern: Legenden, Hintergründe, Folgen“ hatte Hans Petillon seinen Symposium-Vortrag überschrieben. Der emeritierte Professor der Universität Koblenz-Landau referierte über die außergewöhnliche Geschichte, die zum Welttitel der deutsche Nationalmannschaft führte, über die Legenden und relativ unbekannte Hintergründe, die sich um dieses Spiel rankten. Und er sprach von der Bedeutung, die die fünf Spieler aus Kaiserslautern für die Pfälzer hatten. Die Euphorie, die aus dem WM-Triumph entstand, wirkte sich auch auf den Fußball in den unteren Klassen aus. Resümierend merkte Petillon an: „Eine Zeitungsüberschrift lautete damals ,Kaiserslautern ist Hauptstadt des Weltfußballs’. Leider sind wir heute weit davon entfernt.“
So harmonisch das Zusammenwirken der in 56 Fachverbände gefassten über 2100 Vereine mit ihren pfälzischen Sachwaltern auch sein mag – ideal ist das Verhältnis der Sportbünde Pfalz, Rheinhessen und Rheinland mit dem Landessportbund Rheinland-Pfalz nicht. Der Sportökonom und -soziologe Eike Emrich, Professor an der Universität des Saarlandes, machte ein „Machtvakuum“ zwischen diesen vier Einrichtungen aus, entstanden „in der Folge von Uneinigkeit und den daraus resultierenden Konflikten“. Er erläuterte „Organisationsformen, die die dauernden Spannungen zwischen den Sportbünden und dem Landessportbund deutlich reduzieren können“. Was dank „verbesserter Kooperationsmechanismen wieder zur Stärkung der politischen Situation des organisierten Sports“ führen würde. Aufschlussreich auch Emrichs Hinweis, dass „in den letzten drei Jahren etwa 26 Prozent der Vereine neue Sportangebote eingeführt haben, darunter vermehrt Vereine, die einen kommerziellen Sportanbieter in ihrem Umfeld haben“.
Teil des Symposiums waren zwei Auszeichnungen des 2009 gegründeten, von Sportbund-Geschäftsführer Martin Schwarzweller geführten Vereins Pfälzische Sportgeschichte. Mit der nach Christian Löffler benannten Medaille ehrte Schwarzweller den Vereinsarchivar der TSG Kaiserslautern, Hartwig Busch, und Jürgen Fouquet, den Gründer des ersten deutschen Ringermuseums in Schifferstadt.
Die Rheinpfalz Pfälzische Volkszeitung - Nr. 264 Donnerstag, den 14. November 2019
Als der Betzenberg französisch war
SPORTGESCHICHTE: Wie Franzosen und Amerikaner dem Sport in der Pfalz begegneten
Von Wolfgang Kauer
Anders als später die Amerikaner standen die Franzosen dem Sport in Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sehr distanziert gegenüber. Wegen seiner Verstrickung in Nationalismus und Militarismus des Dritten Reiches schien er den Besatzern des späteren Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg problematisch. „Den Franzosen schienen intensive Eingriffe vonnöten“ hieß es in dem Vortrag des Historikers und Archivars Hans Ammerich, Honorarprofessor an der Universität Koblenz-Landau, beim Sporthistorischen Symposium des Sportbundes Pfalz in Kaiserslautern.
Die Besatzungsmacht aus dem Nachbarland war im Zwiespalt. Zum Einen brauchte sie den Sport zur Sicherung ihrer Autorität bei der Bevölkerung, zum Anderen sah sie in der Zulassung des Sports eine politische Gefahr. Ammerich: „Um den Sport für ihre langfristigen Ziele in der Politik nutzen zu können, mussten die Franzosen ihr Misstrauen überwinden und Reformen vornehmen. Die wurden allerdings von einschränkenden Maßnahmen begleitet.“
Infolgedessen bewegten sich die Franzosen mit ihrer Sportpolitik auch in der Pfalz auf einem schmalen Grat zwischen Kooperation und Demonstration der Autorität. Die Wiederzulassung verschiedener Sportarten – Kampfsport erst im November 1948 – geschah unter Vorbehalten oder mit Ausnahmeregelungen.
Das galt auch für die Sportart Nummer eins: Die Franzosen bestimmten, ob und wo Fußball gespielt werden konnte. Ammerich: „Sie gaben Spielflächen nur frei, wenn sie es als Besatzungsmacht wollten. Dies zeigte sich in der Behandlung des 1. FC Kaiserslautern.“ Das Stadion auf dem Betzenberg war beschlagnahmt und nach General Goislard des Montsabert, dem Befehlshaber der Besatzungsstreitkräfte, „Stade de Montsabert“ benannt worden. Die FCK-Fußballer durften darin nicht trainieren und spielen. Sie wichen daher auf den Erbsenberg aus, wo der Ortsrivale VfR seinen Spielplatz hatte. Erst im Winter 1945/46 erhielt der FCK das Betzenberg-Stadion zurück.
Kurz zuvor hatte der Fußball wieder zu rollen begonnen. Vereine aus dem Südwesten, darunter der FCK und der 1. FC Saarbrücken, vereinbarten ab Januar 1946 Punktspiele nach dem Beispiel der Oberliga Süd, die schon am 4. November 1945 ihren Betrieb aufgenommen hatte. Meister dieser ersten Spielrunde nach Kriegsende im Südwesten wurde der FC Saarbrücken, der FCK war Vizemeister. In den Begegnungen um den Titel eines Gesamtmeisters der französischen Besatzungszone setzen sich die Saarbrücker gegen den FC Rastatt durch.
Vergleiche mit Mannschaften aus anderen von den Alliierten besetzten Gebieten waren freilich nicht möglich: Die Franzosen ließen keinen Spielbetrieb zu, der über ihre Besatzungszone hinaus ging. Und sie mischten sich auch in geplante Vereinswechsel von Spielern ein.
Dagegen verfuhren die US-Amerikaner in den 1950er-Jahren so, wie es General Miles Reber, Kommandeur der Western Area Command, formulierte: „Wir sind uns der großen Bedeutung bewusst, die Sport als völkerverbindende Idee und Tatsache darstellt. Deshalb unterstützen wir alle Möglichkeiten, die dem Sport dienlich und förderlich sind. Im Übrigen denken wir, dass dies mehr eine menschliche, persönliche Beziehung ist als eine rein militärische Angelegenheit.“ Sportbund-Öffentlichkeitsreferent Asmus Kaufmann verwies auf mehrere Beispiele, wie die Amerikaner pfälzische Sportvereine unterstützten. Indem sie mit Gerätschaften den Neu- und Ausbau von Sportanlagen ermöglichten.
„Kaiserslautern ist Hauptstadt des Weltfußballs“
In 70 Jahren pfälzischer Sportgeschichte ist so einiges passiert. Das Wunder von Bern wäre etwa ohne pfälzische Beteiligung niemals möglich gewesen. Beim Sporthistorischen Symposium des Sportbundes Pfalz forderte Präsidentin Elke Rottmüller: „Wir brauchen mehr Geld vom Land!“
Von Wolfgang Kauer
Sport habe für die Menschen in Rheinland-Pfalz, aber auch für die Landesregierung, eine sehr große Bedeutung, schreibt das Ministerium des Inneren und für Sport in einer Verlautbarung. „Dies machen die Haushaltsansätze für die Sportförderung deutlich, die seit Jahren konstant auf einem hohen Niveau bleiben“, heißt es dort – ohne bei diesem Verweis auf individuelle Zuschüsse und Fördergelder eine Gesamtsumme zu nennen. Elke Rottmüller, seit Mai 2018 Präsidentin des Sportbundes Pfalz – nach Christian Löffler, Eugen Müller, Otto Johann, Peter Büchner und Dieter Noppenberger die erste Frau in diesem Amt –, dürfte zumindest mit dem ersten Teil dieser Feststellung einverstanden sein. Mit dem zweiten Teil ist sie es nicht ganz.
„Um regionale Aufgaben effektiver bewältigen zu können, brauchen wir mehr Geld vom Land“ sagte sie am Rande des nach 2013 zweiten, von Sportbund-Öffentlichkeitsreferent Asmus Kaufmann inhaltlich vorbereiteten und von Vizepräsident Ullrich Becker moderierten sporthistorischen Symposiums ihres Verbandes in der Kaiserslauterer Sportbund-Zentrale.
Dort befassten sich Referenten in acht Vorträgen vorwiegend mit der Entwicklung des Sports in der Pfalz nach dem Zweiten Weltkrieg. Themen: Der Wiederaufbau und die Neuorganisation der Turn- und Sportbewegung unter der französischen Besatzungsmacht, die Gründung des Sportbundes Pfalz vor 70 Jahren (am 23. Juli 1949 im Hambacher Gasthaus „Zum Engel“) und die Bedeutung der Amerikaner für den Sport. Sie nahmen ab 1950 Einfluss auf dessen Entwicklung, indem sie mit dem Einsatz von Baugeräten die Neuanlage und den Ausbau von Sportstätten verschiedener Vereine ermöglichten, unter anderem in Hinzweiler/Kreis Kusel, Otterberg, Mutterstadt, Steinbach am Donnersberg und Kirchheimbolanden.
Erst einige Zeit nach Kriegsende 1945 nahm das Sportgeschehen in dem von der französischen Besatzungsmacht zuerst „rhein-pfälzisches Land“, dann „Land Rheinpfalz“ und ab dem 18. Mai 1947 Rheinland-Pfalz bezeichneten Gebiet Form an. Sportbund-Marketingreferent Asmus Kaufmann verwies darauf, dass „die Entwicklung in den drei Landesteilen Rheinland, Pfalz und Rheinhessen sich relativ unabhängig voneinander vollzog“. Die Gründe dafür: die dezentrale Verwaltungspolitik der Franzosen und die individuelle Geschichte der drei Landesteile.
Gestalt nahm der Sportbund Pfalz (vormals Landessportverband) am erwähnten Juli-Tag 1949 in Hambach an. Zum „Landessporttag“ waren Vertreter aller 13 Fachschaften eingeladen. Doch nur zehn schickten Delegierte: Handball, Hockey, Tischtennis, Leichtathletik, Schwimmen, Turnen, Fußball und – eigens – Fußball-Jugend, Boxen, Schwerathletik. Nicht vertreten waren Rudern, Radfahren und Wintersport.
Unter der Überschrift „Pfalz-Sport gliedert sich ein“ schrieb das Sportblatt der RHEINPFALZ am 25. Juli 1949: „Zug um Zug vollzieht sich gegenwärtig die Umorganisation des deutschen Sports. Nachdem innerhalb der Westzonen über 80 Prozent einheitlich ausgerichtet sind, wurde nun auch für den pfälzischen Sport die Dachorganisation geschaffen, welche berufen ist, alle sich aus dem Sportgeschehen ergebenden überfachlichen Fragen mit den staatlichen, städtischen und sonstigen Stellen zu regeln. Präsident Löffler, der bisher dem Landessportverband vorstand, wurde einmütig berufen, die Geschäfte auch weiterhin wahrzunehmen und gleichzeitig die Liquidation der alten Organisationen durchzuführen.“
Bemerkenswert war die Vita des zum ersten Vorsitzenden gewählten Polizeibeamten Christian Löffler (1886–1976). Ihn hatten die Franzosen 1945 mit der Neuorganisation des Sports in der Pfalz beauftragt. 1946 war der in Kaiserslautern wohnende gebürtige Franke erster Vorsitzender des Bezirks Hinterpfalz der Sportbehörde Hessen-Pfalz, dann führte er den Landessportausschuss, dann den Landessportverband Pfalz. Löffler rief die Fußball-Oberliga der französischen Zone ins Leben, war ab Mitte Mai 1949 Vorsitzender des Zonensportrats und auch Kreis- und Bezirksvorsitzender des Südwestdeutschen Fußball-Verbandes. 1965 ernannte ihn der Sportbund Pfalz zu seinem Ehrenpräsidenten.
Am Aufbau des Sports im Südwesten, vorwiegend des Fußballs war auch Karl Fahrbach (1901–1957) beteiligt, der gute Verbindungen zu den Franzosen hatte. Der Ludwigshafener Kleiderfabrikant und -kaufmann führte den SV Phönix seiner Heimatstadt. Er wurde am selben Tag wie Christian Löffler beim Sportbund, am 23. Juli 1949, im Neustadter Saalbau zum ersten Vorsitzenden des Fußballverbandes Pfalz-Rheinhessen gewählt, dem späteren Südwestdeutschen Fußball-Verband. Fahrbach war einer der Initiatoren bei der Gründung von Sport-Toto Rheinland-Pfalz am 7. November 1948 und deren Aufsichtsratsvorsitzender.
Fahrbach initiierte auch den Bau des Ludwigshafener Südwest-Stadions, über das beim Symposium Klaus Becker vom Stadtarchiv Ludwigshafen referierte . Er beschrieb die während des Wiederaufbaus stetig anwachsenden Zuschauerränge des Stadion, „weil keiner in Ludwigshafen wusste, wohin der ganze Kriegsschutt gebracht werden konnte. Nach der Fertigstellung des Stadions stelle man überrascht fest, dass nun über 100.000 Menschen ins Stadion passten.“ Als zweite Vorzeigesportstätte in der größten pfälzischen Stadt stellte Becker die Mitte der 1950er in Ludwigshafen angelegte Radrennbahn in Friesenheim vor: „1956 waren 16.000 Zuschauer begeistert von den deutschen Meisterschaften, die zur Einweihung dieser Anlage ausgetragen wurden.“
„Fünf Spieler des FCK 1954 beim Wunder von Bern: Legenden, Hintergründe, Folgen“ hatte Hans Petillon seinen Symposium-Vortrag überschrieben. Der emeritierte Professor der Universität Koblenz-Landau referierte über die außergewöhnliche Geschichte, die zum Welttitel der deutsche Nationalmannschaft führte, über die Legenden und relativ unbekannte Hintergründe, die sich um dieses Spiel rankten. Und er sprach von der Bedeutung, die die fünf Spieler aus Kaiserslautern für die Pfälzer hatten. Die Euphorie, die aus dem WM-Triumph entstand, wirkte sich auch auf den Fußball in den unteren Klassen aus. Resümierend merkte Petillon an: „Eine Zeitungsüberschrift lautete damals ,Kaiserslautern ist Hauptstadt des Weltfußballs’. Leider sind wir heute weit davon entfernt.“
So harmonisch das Zusammenwirken der in 56 Fachverbände gefassten über 2100 Vereine mit ihren pfälzischen Sachwaltern auch sein mag – ideal ist das Verhältnis der Sportbünde Pfalz, Rheinhessen und Rheinland mit dem Landessportbund Rheinland-Pfalz nicht. Der Sportökonom und -soziologe Eike Emrich, Professor an der Universität des Saarlandes, machte ein „Machtvakuum“ zwischen diesen vier Einrichtungen aus, entstanden „in der Folge von Uneinigkeit und den daraus resultierenden Konflikten“. Er erläuterte „Organisationsformen, die die dauernden Spannungen zwischen den Sportbünden und dem Landessportbund deutlich reduzieren können“. Was dank „verbesserter Kooperationsmechanismen wieder zur Stärkung der politischen Situation des organisierten Sports“ führen würde. Aufschlussreich auch Emrichs Hinweis, dass „in den letzten drei Jahren etwa 26 Prozent der Vereine neue Sportangebote eingeführt haben, darunter vermehrt Vereine, die einen kommerziellen Sportanbieter in ihrem Umfeld haben“.
Teil des Symposiums waren zwei Auszeichnungen des 2009 gegründeten, von Sportbund-Geschäftsführer Martin Schwarzweller geführten Vereins Pfälzische Sportgeschichte. Mit der nach Christian Löffler benannten Medaille ehrte Schwarzweller den Vereinsarchivar der TSG Kaiserslautern, Hartwig Busch, und Jürgen Fouquet, den Gründer des ersten deutschen Ringermuseums in Schifferstadt.
Die Rheinpfalz Pfälzische Volkszeitung - Nr. 264 Donnerstag, den 14. November 2019