[8. Spieltag 22/23] 1. FC Kaiserslautern - SV Darmstadt 98 3:3 (0:1)

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2.Halbzeit

Die zweiten 45 Minuten begann aus Sicht der Lautrer mit einem Doppelwechsel. Für die in Spielhälfte eins blass gebliebenen Erik Durm und Daniel Hanslik, kamen Hendrick Zuck und Kenny-Prince Redondo in die Partie. Offensichtlich war Schuster mit dem linken Flügel der roten Teufel unzufrieden.

Bevor sich allerdings die Betzebuwe im neuen taktischen Korsett überhaupt finden durften, klingelte es kurz nach Wiederanpfiff bereits zum zweiten Mal im Tor der Hausherren. Einer der stärksten Akteure auf Seiten der Gäste, Braydon Manu erlief sich einen weit geschlagenen Ball den Marlon Ritter falsch einschätze und nicht mehr entscheidend mit dem Kopf klären konnte, zentral in der Spielhälfte des 1. FCK. Der 25-jährige Angreifer zog im Dribbling zwei FCK-Verteidiger auf sich und steckte den Ball auf Sturmpartner Phillip Tietz durch. Nach einer schnellen Ballannahme bei der sich Tietz um die eigene Achse drehte und sich das Spielgerät noch einen halben Meter vorlegen konnte, ohne dass sich auch nur ein FCK-Spieler in der Nähe dieser Aktion befand, zog der Stürmer mit einem trockenen und ansatzlosen Schuss aus 20-25m Torentfernung einfach mal ab. Der perfekt getroffene Ball schlug in der linken Torecke nahezu unhaltbar für Andreas Luthe ein und die Lautrer mussten von nun an einem zwei-Tore-Rückstand hinterherlaufen.

In den nächsten zehn Minuten versuchte die FCK-Elf wieder selbst mutiger nach vorne zu spielen und den Druck auf das Tor der Darmstädter zu erhöhen. Vereinzelte Angriffsversuche wurden allerdings nicht genutzt oder von der stabilen Dreierkette der Lilien weiterhin verhindert.

Knapp eine halbe Stunde vor Spielende kamen dann Mike Wunderlich (für Jean Zimmer) und Robin Bormuth (für Julian Niehues) in die Partie. Ebenfalls änderte FCK-Coach Dirk Schuster die taktische Ausrichtung in der Abwehr wie sein Gegenüber auf eine Dreierkette, um so nochmals den Versuch zu starten die lahmende Offensive anzukurbeln. Das sollte auch genau die richtige Marschroute für die letzten 30 Spielminuten darstellen, waren die Lautrer jetzt nach der Umstellung v.a. in den Offensiv-Zweikämpfen deutlich griffiger und verschoben selbst ihr Angriffsspiel um 2-3 zusätzliche Positionen etwas weiter nach vorne in die Hälfte der Darmstädter.

Der Auftakt für den Sturmlauf des 1. FCK bildete ein vermeintlicher Treffer durch Terrence Boyd nach 66 Spielminuten, nachdem der Ball nach einer abgewehrten Ecke noch einmal von Marlon Ritter an den zweiten Pfosten geschaufelt wurde, wo der freigelassene Boyd die Pille mit einem Volley unter die Latte des Darmstädter Tores jagte. Leider befand sich der Angreifer aber aus Sicht des Schiedsrichtergespanns in einer leichten Abseitsposition und der Anschlusstreffer wurde zurückgepfiffen. Fünf Minuten später war es wieder Boyd – eine Halbfeldflanke landete auf dem Kopf des allein gelassenen Stürmers. Leider bekam er aber keinen wirklichen Druck hinter den Ball und die Torchance verpuffte. Generell suchten seine Mitspieler in dieser Phase des Spiels immer wieder ihren Stoßstürmer im Zentrum - leider aber noch ohne den gewünschten Torerfolg.

Besser machte es sein eingewechselter Mannschaftskollege Redondo in der 74 Spielminute. Der mitaufgerückte Boris Tomiak schlug eine Halbfeldflanke aus rechter Position hoch in den Strafraum, wo sich dem Anschein nach kein Abwehrspieler der Lilien im Deckungsspiel für Redondo zuständig fühlte. Mit einem Kopfball aus dem Lehrbuch drückte der „nur“ 1,80m groß gewachsene Angreifer den Ball aus ca. 11-13 Metern unhaltbar für Schuhen in die rechte Torwartecke – Ein grandioser Treffer und zeitgleich auch ein Hallo-Wach-Signal an den Rest seiner Mannschaft vom 28-jährigen, eingewechselten Angreifer.

Der Berg kochte jetzt mit jeder einzelnen Minute immer mehr und die Lilien waren bis tief in die eigene Spielhälfte zurückgedrängt. Das sind wohl die berühmten Momente vor denen die meisten Mannschaften ligaunabhängig eine berechtigte Ehrfurcht zeigen wenn sie in Kaiserslautern und im Fritz-Walter-Stadion zu Gast sind. Die berühmte Betze-Mentalität „kickte“ nun immer stärker und die Mannschaft von Dirk Schuster befand sich absolut in ihrem Element, unterstützt vom Support der tausenden FCK-Fans auf den Rängen, die ihre Mannschaft weiter nach vorne peitschten.

Keine drei Minuten später schickte der eingewechselte Bormuth seinen Mitspieler Hendrick Zuck steil in den Strafraum der Gäste. Die Darmstädter bekamen die Situation mehrfach nicht geklärt und am Ende war es Mittelfeldspieler Matthias Bader der nach einer Kerze den Ball klären wollte, aber statt des Spielgeräts nur Hendrick Zuck am Bein erwischte. Erneut Strafstoß aber diesmal für den 1. FCK. Mike Wunderlich, der nach seiner Einwechslung eine tolle Leistung ablieferte und alleine durch seine Körpersprache die gesamte Mannschaft immer wieder mitriss, ließ es sich nicht nehmen und verwandelte den fälligen Elfmeter sicher zum 2:2 bevor er zusammen mit seinen Mitspielern, den Ersatzspielern, die sich vor der Westkurve warmliefen und den ausrastenden Fans auf den Rängen den Treffer zum 2:2-Ausgleich für die roten Teufel bejubeln durfte.

Aber wer das Fritz-Walter-Stadion und dessen Gesetzmäßigkeiten bei solchen Spielverläufen bereits kennt, wird schon ahnen, dass dieser Treffer noch lange nicht das Ende der berühmten Fahnenstange gewesen sein sollte. Die Betzebuwe hatten noch immer nicht genug und es war ja auch noch mehr als eine Viertelstunde zu spielen. Das Momentum lag jetzt ganz auf Seiten der Lautrer und die Mannschaft aus der Pfalz hatte in ihrem Wohnzimmer jetzt Oberwasser, wenn auch die Lilien gefährlich blieben und einem offenen Schlagabtausch nicht aus dem Weg gehen wollten.

Es lief bereits die 87 Spielminute, in der sich ein Darmstädter Angriffsversuch in Luft bzw. in den Beinen der FCK-Verteidigung auflöste. Kevin Kraus schaltete am schnellsten und spielte einen Pass auf Redondo, der tief bis in die eigene Hälfte zurückgelaufen war, um seinen Abwehrmann eine Passoption bieten zu können. Nahezu die gesamte Mannschaft aus Darmstadt war aufgerückt und die Lautrer konterten im eigenen Stadion über Boyd, der den Ball am unteren Spielfeldrand nach Pass von Redondo per Direktspiel in den Lauf von Ritter durchlegte. Einen kurzen Vollsprint und einen dosierten Pass auf halbhoher Höhe in den Gästestrafraum später, wo gleich zwei Lautrer aber kein Darmstädter mitgelaufen waren, war es wieder Redondo der völlig freigelassen die Kugel per Flugkopfball aus zentraler Position in bester Horst Hrubesch-Manier unhaltbar am Torwart der Lilien zur 3:2-Führung für den 1. FCK im Tor unterbringen konnte. Spätestens jetzt explodierte das Stadion vollends und die FCK-Fans skandierten „Oh, wie ist das schön“ aus tausenden Kehlen von den Rängen, den sicher geglaubten Heimsieg bereits in ausgelassener Erwartung.

Der „Partycrasher“ auf Seiten der Darmstädter wurde dann unmittelbar nach dem Führungstreffer des FCK eingewechselt. Der fast zwei-Meter großgewachsene Angreifer Aaron Seydel kam auf Seiten der Gäste in die Partie. Ebenso ersetzte Lars Bünning auf Seiten der Hausherren Spielmacher Phillip Klement. Beide Akteure sollten beim darauffolgenden 3:3 auch gleich inmitten des Geschehens sein. Holland schlug einen letzten Ball tief aus der eigenen Hälfte auf den eingewechselten Angreifer der Lilien zentral an die Strafraumkante des 1. FCK. Seydel verschaffte sich gegen Bünning im Zweikampf mit einem leichten Rempler in den Rücken des Abwehrspielers den entscheidenden Meter Platz, pflückte den hohen Ball mit der Brust herunter und vollendete danach mit links aus der Drehnung mindestens genauso trocken und humorlos in die rechte Torecke vorbei an Torhüter Luthe zum 3:3-Endstand. Der Schlusspunkte einer spektakulären und nervenaufreibenden Partie.

Fazit:

Am Ende durfte sich der 1. FCK aufgrund des Spielverlaufs durchaus die Frage stellen, ob das berühmte Glas nun halbvoll oder halbleer ist - einen zwei-Tore Rückstand egalisiert, sogar zwischenzeitlich in Führung gegangen – am Ende aber wieder um den verdienten Lohn bzw. zwei wichtige Punkte im Abstiegskampf gebracht worden. Aber wie es der FCK-Trainer eingangs schon richtigerweise erwähnte, wird jeder Fehler in der 2. Liga bitter bestraft, gerade von einer spielstarken Mannschaft mit jeder Menge Qualität wie es die Darmstädter nun einmal seit Jahren in dieser Liga sind. Oder wie es FCK-Schlussmann Andy Luthe nach Abpfiff passenderweise ausdrückte: „Als Aufsteiger, der wir noch immer sind, ist der Punkt ein Gewinn - Das dürfen wir nicht vergessen.“ In diesem Sinne: Mund abputzen und immer weiter!
 
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